Der Dunkle Code
hatte und der von einem dunkelhaarigen Bodyguard begleitet worden war. Der Mann hatte mit starkem Akzent Italienisch gesprochen und daraus hatte der Pater geschlossen, dass es sich um einen tedesco, einen Deutschen, handelte. Er wurde Heinz genannt.
Diesem Mann hatte Lagos einen genauen Grundriss der Vatikanischen Museen besorgt sowie schematische Darstellungen der Alarmanlagen. Später hatte Lagos diesen Heinz am Bahnhof La Storta im Norden Roms getroffen und als Honorar ein Paket mit einem äußerst wertvollen Rohstoff für die Parfümindustrie erhalten, den er so schnell wie möglich durch die Kontakte eben dieses Heinz zu Geld gemacht hatte. Sonst wusste er nichts über Heinz.
Leutnant Bari hatte nicht die Angewohnheit zu fluchen, schon gar nicht im Dienst. Aber jetzt sagte er knapp zu dem Carabinieri-Offizier, der die Autotür aufmachte: »Porca madonna! Der Pfaffe weiß nichts. Wir müssen diesen ›Heinz‹ finden!«
Das Erdgeschoss im Gasthaus Grosch sah nicht nur aus wie eine Kneipe, es war auch eine. Die überwiegend aus Männern bestehende Kundschaft leerte ihre eimergroßen Biergläser und diskutierte, nach den Gesichtern zu schließen, über ein sehr ernstes Thema – wahrscheinlich über Fußball.
Die Beleuchtung war spärlich, die Wände waren dunkel getäfelt und mit den Köpfen erlegter Rehe, mit Kuhglocken aus Kupfer und vergilbten Fotos aus alten Salzbergwerken geschmückt. Hinter dem Tresen hantierte der Wirt, ein kräftiger Mann mit rotem Gesicht und Lederweste.
In der Ecke stand ein Computer, der seine besten Tage lange hinter sich hatte. Aber er funktionierte und Aaro war im Internet gewesen. Er löschte den Verlauf und nahm die ausgedruckten Seiten an sich. Der Gasthof gestattete die kostenlose Benutzung des Internets, knöpfte einem aber zehn Cent für jede ausgedruckte Seite ab. Für Aaro ging es allerdings um derart wichtige Dinge, dass er bereit war, ein paar Euro für das Drucken zu opfern.
Er hatte bereits einen Blick ins örtliche Telefonbuch geworfen und dort den Eintrag »Gruber, Dietrich« gefunden. Die Adresse stimmte mit derjenigen der Alpenvilla überein. War der grauhaarige Mann demnach der Sohn von Heinrich Gruber?
Aaro ging mit den ausgedruckten Seiten an den Tresen, um zu bezahlen. Der Wirt schaute unwillig auf die Blätter. Druckertinte war teuer, aber die Bezahlung würde die Kosten schon decken, dachte Aaro und gab sich Mühe, den Rücken betont gerade zu halten. Er wollte nicht aussehen wie ein hilfloser Nerd.
Es war ihm unangenehm, sich zwischen den Tischen hindurch zum Ausgang zu schlängeln, weil er spürte, wie sich die Aufmerksamkeit des interessierten Publikums auf ihn richtete. Im Raum hing ein widerlich süßer Bierdunst. Jemand lachte lauthals auf eine Bemerkung hin und Aaro war sicher, dass der Scherz auf seine Kosten ging. Er sah zu, dass er hinauskam.
Im Zimmer war Niko mit den Seiten beschäftigt, die Aaro vorher schon ausgedruckt hatte. Jetzt hatte er nach Bezügen zwischen dem gestohlenen Caravaggio und Nazi-Deutschland gesucht.
»Du errätst nie, womit ich diesen Heinrich Gruber in Verbindung bringen konnte«, rief Aaro aus und schwenkte die Blätter in seiner Hand.
»Wahrscheinlich mit den Nazis …«
»Du hast es doch erraten.«
Aaro setzte sich an den Tisch, um sich die Informationen genauer anzusehen. Er hatte bei Wikipedia tatsächlich einige Sätze über Heinrich Gruber entdeckt. Der Mann hatte in Nazi-Deutschland bei der Reichsbank als Hauptkassierer gearbeitet und war unter anderem für einen riesigen Goldbestand verantwortlich gewesen. Zu dem Gold hatte es einen eigenen Link gegeben, den Aaro ausgedruckt hatte.
Er verschlang den Text geradezu. Während der gesamten Kriegszeit hatte die Naziregierung Goldvorräte in Schweizer Banken gelagert. Aber der größte Teil des Goldes, hundert Tonnen, war, als sich die Niederlage abzeichnete, mit dreizehn Eisenbahnwaggons und Lastwagen ins Bergwerk Merkers in Thüringen gebracht worden. Als die Bomber der Alliierten in den folgenden Wochen ihre Last über Berlin abwarfen, befand sich das Gold bereits in mehr als einem halben Kilometer Tiefe in Sicherheit: in den Stollen des Bergwerks.
Bald aber überquerten die amerikanischen Truppen den Rhein und Panzergeneral Patton drang mit seinen Einheiten bis nach Thüringen vor. Die Naziführung begriff, dass ihr Gold in Gefahr war, und leitete eine eilige Operation ein, um es zurück nach Berlin zu transportieren. An Ostern war jedoch der
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