Der Dunkle Code
hämmerte. Er betete innerlich, das Programm möge irgendein vernünftiges Ergebnis bringen.
Dann blinkte der Bildschirm und es erstarrte folgender Text: ADWRPTASTBB.
Totales Kauderwelsch. Eine Flut der Enttäuschung fuhr über Aaro hinweg. »Macht nichts«, sagte er schnell. »So ist das am Anfang immer … Wenn es schneller ginge, wäre es ja gar kein richtiger Code. Da braucht man schon ein bisschen Geduld.«
Mit klopfendem Herzen konzentrierte er sich und wischte sich die Handflächen an den Hosenbeinen trocken. Er merkte, wie der Deutsche ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. Der Typ mit der Knarre hatte Niko inzwischen aufgefordert, sich auf das moosgrüne Rokokosofa zu setzen, und beschäftigte sich nun damit, die Nägel seiner linken Hand zu untersuchen und daran zu kauen. Bei einem Seitenblick war Aaro aufgefallen, dass die Pistole eine Sig Sauer war; in Brüssel hatte Jaakko so eine als Airsoft-Modell. Die Pistole des Gorillas war aber nicht aus Plastik, sondern aus echtem Metall mit besten Tötungseigenschaften. Man sah, was für ein Gewicht sie hatte.
Aaro notierte sich die erste Interpretation, die der Rechner geliefert hatte, denn die brauchte man vielleicht noch einmal. Dann machte er weiter, indem er mit dem Cursor auf die Menüleiste ging.
»Warte«, sagte der Mann. »Geh vom Computer weg, ich hole meine Unterlagen hierher.«
Aaro folgte dem Mann ins Nebenzimmer, wo Gruber diverses Material zusammensuchte: einen Stapel Bücher, Karten, Fotokopien. Damit kehrten sie an den Computer zurück.
Aaro setzte die Arbeit fort. Als er merkte, dass sich der Deutsche in die Lektüre seiner Unterlagen vertiefte, drehte Aaro die Tischlampe etwas, als wäre so das Licht besser, und gleich darauf verstellte er auch den Bildschirm. Er war nun etwas von dem Deutschen abgewandt.
Dann öffnete er die Google-Gmail-Seite und ging zu seinem E-Mail-Briefkasten. Ohne langsamer zu tippen als zuvor, schrieb er eiskalt eine Mail an sich selbst, in der er mit wenigen Sätzen berichtete, was passiert war und wo er sich befand.
Danach schrieb er eine zweite Mail an seinen Vater: » Ich rufe spätestens morgen früh um 9 Uhr an. Wenn nicht, guck in meinen Gmail-Briefkästen! Benutzer: aaro.nortamo, Passwort: der Name von Eeros Hund. Wenn ich merke, dass du an meine E-Mails gehst, obwohl es nicht nötig ist, fahre ich in den nächsten Sommerferien mit Niko im Auto nach Gibraltar …«
Aaro achtete bewusst auf einen lässigen Ton. Außer dass die Drohung mit einer langen Tour in Nikos Auto kein Witz war, denn Aaros Eltern hatten Niko schon mehrmals zu heftig aufs Gaspedal treten sehen.
Aaro merkte, dass Gruber ein dickes, in Leder gebundenes Buch zur Seite legte, weshalb er sich schnell wieder auf die Code-Seite klickte.
»Kommst du voran?«, fragte Gruber ungeduldig.
»Die ganze Zeit«, erwiderte Aaro ruhig und konzentriert. »Schritt für Schritt«, fügte er aber sicherheitshalber hinzu.
Die Wahrheit war magerer: Der Code wollte sich einfach nicht knacken lassen. Aaro versuchte es hartnäckig immer wieder. Er hatte ja auch gar keine andere Möglichkeit. Er las sogar den Text mit der Anleitung durch, wozu er sich normalerweise in Computerangelegenheiten nicht die Mühe machte. Sobald der Deutsche die Aufmerksamkeit wieder auf sein Buch richtete, klickte Aaro die Gmail-Seite an und schickte seine Mails ab. Sein Vater las um diese Zeit keine Mails mehr, er würde die Nachricht erst am nächsten Morgen empfangen.
Etwas erleichtert schloss Aaro das Mailprogramm. Es war jetzt ein bisschen wahrscheinlicher, dass der Deutsche erwischt wurde, aber die Situation von Aaro und Niko war dadurch kein bisschen besser geworden.
»Ich dachte mir schon, dass das nichts bringt«, sagte Gruber plötzlich und schlug eines der in Leder gebundenen Bücher so heftig zu, dass Aaro für einen Moment glaubte, jemand habe geschossen. Die Staubwolke, die das Buch ausgespuckt hatte, schwebte über der Computertastatur.
»Was bringt nichts?«, fragte Aaro schnell. Der Knall hatte sein Herz rasen lassen und der Tonfall des Deutschen war auch nicht gerade dazu geeignet, ihn zu beruhigen.
»Die Computerspielerei!«, rief der Mann. »Das wird nichts, diese Apparate sind zu nichts zu gebrauchen!« Seine Stimme klang verzweifelt hoch, fast bemitleidenswert. Er stand auf und sein stämmiger Befehlsempfänger am anderen Ende des Raums tat es ihm sofort gleich.
Aaro streckte den Rücken gerade und warf einen panischen Blick auf Niko, der
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