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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Vielleicht versteckt er sich in demselben Loch.«
    Er schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Schaff ihn hier raus.«
    »Ich bezahle für die Information.«
    »Schön. Sie kostet dreihunderttausend Dollar. Haben Sie so viel bei sich? Dachte ich mir. Hauen Sie ab.« Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Die jungen Männer hinter der Theke standen auf.
    Draußen brannte die Sonne vom Himmel, und es roch nach Teer. Der Schwarze stützte immer noch die Wand. Der andere schob mich zu meinem Wagen und blieb zwei Schritte hinter mir. »Schön weitergehen«, sagte er. Als wir dicht vor dem Wagen waren, zischte er leise: »Fünfhundert Kröten.«
    Ich drehte mich um und lehnte mich an das heiße Blech. Er zog die Brauen zusammen, wandte kaum merklich den Kopf und warf einen Blick zu dem Mann an der Wand hinüber. »Ja oder nein?«
    »Fünfhundert wofür?«
    Er stellte sich zwischen mich und den anderen Aufpasser und verdeckte mich. »Ihr Junge, dieser Danny, war mit dreißig Riesen im Rückstand. Wir haben ihn fast eine Woche gesucht. Als wir ihn gefunden hatten, haben wir ihm die Scheiße aus dem Leib geprügelt. Nicht wegen der Schulden, sondern weil wir verdammt angestrengt suchten mussten, um ihn zu finden. Wir waren sauer.« Wieder legte er den Kopf schräg. »Sie drücken mir fünfhundert Dollar in die Hand, und ich sage Ihnen, wo wir ihn gefunden haben. Vielleicht ist es das Loch, das Sie suchen.«
    »Sagen Sie es mir zuerst.«
    »Gleich kostet es tausend. Und noch ein Wort aus Ihrem Mund, dann kostet es fünfzehnhundert.« Ich zog die Brieftasche. »Schnell«, sagte er. Ich zählte fünf Scheine ab, faltete sie zusammen und gab sie ihm. Er zog die Schultern hoch und steckte das Geld in die Tasche seiner Jeans. Er nannte mir eine Adresse. »Das ist ein dreckiges Scheißhaus am Arsch der Welt. Die Adresse stimmt, aber es ist schwer zu finden.«
    Er wollte sich abwenden. »Woher hatte er die dreißigtausend Dollar, die er Ihnen gezahlt hat?«, fragte ich. »Was interessiert Sie das?«, fragte er verächtlich.
    Ich hielt Ihm noch einen Schein entgegen. »Hundert extra«, sagte ich.
    Er schnappte sich den Hunderter und beugte sich vor. »Wir haben ihn aufgestöbert. Ihn fertiggemacht. Eine Woche später kreuzt er auf und hat dreißigtausend in bar. Druckfrische Scheine, noch in der Banderole. Er sagt, das war's, er ist fertig mit dem Wetten. Wir haben nie wieder was von ihm gehört. Keinen Piep, nichts. Alles sauber und aufgeräumt.«
    Die Rückfahrt von Charlotte war ein sonnendurchglühter Albtraum. Ich hatte die Fenster weit heruntergedreht, weil ich den Wind im Gesicht spüren wollte, die harte Luft von North Carolina bei achtzig Meilen pro Stunde. Das hielt mich bei Verstand, während die Hitze über dem Horizont dämonisch flimmerte und die Lügen meines Bruders sich kalt und schwer durch meine Eingeweide drehten. Er war ein Zocker, ein Trinker und ein skrupelloser Lügner. Dreihunderttausend Dollar waren ein Vermögen, und es gab nur eine Möglichkeit, wie er so viel Geld in die Hände bekommen konnte: Mein Vater musste verkaufen. Jamies Anteil würde zehn Prozent betragen, also ungefähr anderthalb Millionen.
    Mehr als genug.
    Und er musste verzweifelt sein. Nicht nur, weil er sich Prügel ersparen wollte, wie Danny sie bezogen hatte, sondern auch, weil mein Vater, der ihm schon einmal aus der Patsche geholfen hatte, die Wahrheit nicht erfahren durfte. Aber wie verzweifelt war er?
    Wie schwarz war seine Seele?
    Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben, doch eine Tatsache war nicht zu umgehen: Jemand hatte Grace überfallen und halb totgeschlagen, um seine Botschaft klar zu machen. Sag dem Alten, er soll verkaufen. Das hatte auf dem Zettel gestanden. Jamie oder Zebulon Faith — einer von beiden hatte das getan. Musste es getan haben. Bitte, betete ich, lass es nicht Jamie gewesen sein.
    Das würden wir nicht überleben.

SIEBENUNDZWANZIG
    D ie Adresse, an der ich Zebulon Faiths »dreckiges Scheißhaus« finden sollte, lag im übernächsten County, in einer Gegend, die zwanzig Jahre nach dem Niedergang ihrer Industrie unheilbar krank war. Vor hundert Jahren hatte man hier eine der fruchtbarsten Landwirtschaften im ganzen Staat betrieben. Heute war alles verwildert und zugewachsen, übersät von stillgelegten Fabriken, halb verfallenen Mühlen und kleinen Wohnanhängern auf Feldwegen. Die Felder lagen brach, und in den Wäldern wucherte das Unterholz. Schlote ragten aus Trümmern. Kudzu-Ranken schlangen ihre langen Arme

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