Der dunkle Fluss
füllte sich dann mit der Schwärze reiner, wohltuender Wut. Gleich darauf blieb mein Fuß irgendwo hängen, und ich flog in einem Wirbel von Gliedmaßen und nachrutschender Erde zu Boden. Ich schlug mit dem Kopf an eine Wurzel und riss mir die Hände auf. Als ich mich auf den Knien aufgerichtet hatte, musste ich mich übergeben, aber nicht wegen der Schmerzen. Die Wahrheit war wieder da, die hässliche, bittere Schwellung in der Mitte meiner Seele. Ich hatte mich die ganze Zeit geirrt. Es war nicht Zebulon Faith. Es war Jamie. Mein Bruder. Mein eigener gottverdammter Bruder.
Und das würde ich in Ordnung bringen.
Egal, wie.
Ich würgte meine Übelkeit hinunter und rappelte mich auf. Es dauerte eine Sekunde, bis ich hochkam, aber die Schwerkraft war auf meiner Seite, und ich erreichte den Fuß des Abhangs in rasendem Galopp. Ich sprang über einen Bewässerungsgraben und stürmte krachend in die Reben hinein. Die Hitze brannte auf meinen Rücken. Ich duckte mich unter Ranken hindurch und bog in eine lange Reihe ein, wo das Licht mit albtraumhafter Präzision zuckte und flackerte. Der Rauch versengte mir die Kehle, aber ich atmete keuchend und konnte nicht aufhören. Jamie huschte fünf Meter vor mir durch eine Lücke und schlug die Ranken in seinem Weg beiseite. Er strauchelte und stürzte beinahe. Dann war er hinter der grünen Wand verschwunden, und ich rannte noch schneller. Hinter mir tosten die alles verzehrenden Flammen.
Ich warf einen Blick nach links, entdeckte eine Lücke in den Reihen und schlüpfte hindurch. Als ich herauskam, sah ich Jamie drei Meter vor mir. Seine Füße stampften auf die Erde, und seine starken Arme kreisten. Ich muss geschrien haben, denn er riss den Kopf herum, als ich die Lücke schloss und ihn zu Boden warf. Er war groß und hart wie eine Eiche. Ich rammte ihm die rechte Schulter ins Kreuz und spürte, wie sein Körper wie eine Peitsche zurück und dann nach vorn flog, als seine Knie sich in die Erde bohrten. Der Schwung trieb uns weiter, und als ich auf seinem Rücken landete, stieß ich meinen Unterarm gegen seinen Hinterkopf und drückte sein Gesicht in den Lehm.
Die meisten Männer wären jetzt betäubt gewesen, aber er blieb unbeeindruckt. Er rollte zur Seite und über mich hinweg, und als er auf die Beine kam, hatte er einen Stein in der Hand. Mit erregt verzerrtem Gesicht hob er ihn hoch, doch dann erkannte er mich, und wir standen einander vor der Feuerwand gegenüber. Er ließ den Stein fallen.
»Verdammt, was soll das, Adam?«
Ich hatte keine Lust zum Plaudern. »Drecksack«, sagte ich und schlug mit der Faust gegen den harten Knochen über seinem Auge.
Sein Kopf flog in den Nacken.
»Verflucht, Adam!«
»Was zum Teufel ist los mit dir, Jamie?«
Etwas regte sich in seinem Blick. Er wollte sich aufrichten, und da sah ich rot. Er merkte es. »Moment —«, sagte er, aber ich hatte mich schon auf ihn gestürzt und schlug auf ihn ein. Schnelle, kurze Gerade und schmetternde Schläge, denen er nicht ausweichen konnte. Er war ein Riese, doch ich war ein Fighter.
Und das wusste er.
Er wich zurück, aber der dritte Haken ließ seine Augenbraue platzen. Das Blut blendete ihn, und ich hämmerte auf seine Rippen ein. Es war wie die Arbeit am großen Sandsack.
Nur, dass ich hier härter zuschlug.
Er taumelte rückwärts und sagte irgendwas, doch darüber war ich längst hinaus. Ich sah die zerschlagene Grace, und ich spürte die Hitze des Feuers, das vier Jahre vom Leben meines Vaters verzehrte. Und wofür? Weil Jamie ein Zocker und ein Feigling war. Ein mieser Waschlappen, der zuerst an sich selbst dachte. Ich schiss drauf.
Meine Schläge prasselten auf ihn ein. Jeder andere wäre längst erledigt gewesen. Jamie nicht. Er drückte das Kinn herunter, griff an, und diesmal war ich nicht schnell genug. Er umschlang mich mit seinen massigen Armen und riss mich zu Boden. Unsere Gesichter waren nur einen Fingerbreit voneinander entfernt. Er quetschte mir die Rippen zusammen. Und er schrie. Meinen Namen. Er schrie meinen Namen. Und dann noch etwas anderes.
»Zebulon Faith!«, schrie er. »Verdammt, Adam, es war Zebulon Faith! Fast hätte ich ihn gehabt!« Mir war, als käme ich aus einem Tunnel. »Was hast du gesagt?«
»Schlägst du mich noch weiter?«
»Nein. Wir sind fertig.«
Er rollte sich von mir herunter, stand auf und wischte sich das Blut aus dem Auge. »Faith ist zum Fluss runter gelaufen.« Er schaute in die Dunkelheit. »Jetzt ist er weg. Den finden wir nicht
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