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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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mehr.«
    »Versuch nicht, mich abzulenken, Jamie. Ich weiß von deiner Zockerei.«
    »Du hast keine Ahnung, wovon du redest.«
    »Du bist mit dreihunderttausend Dollar in den Miesen.«
    Er klappte den Mund auf und wollte widersprechen, doch dann senkte er den Kopf. Die Wahrheit sprach gegen ihn. »Dachtest du, wenn du die Reben verbrennst, muss Dad verkaufen? War das der Plan?«
    Er riss den Kopf hoch. »Natürlich nicht. Das würde ich niemals tun. Die Reben waren meine Idee.« Er deutete auf die Flammen. »Das sind meine Babys, die da brennen.«
    »Verarsch mich nicht, Bruder. Du hast mich über deine Wetten belogen. Du hast mich auf eine Phantomjagd geschickt, damit ich es nicht herausfinde, aber ich habe es doch herausgefunden: Dreihunderttausend Dollar — und Danny wurde von denselben Leute halb totgeschlagen, weil er ihnen ein Zehntel dessen schuldete. Wer weiß, was dir sonst noch im Nacken sitzt. Du säufst Tag und Nacht, du schmollst und hilfst nicht, und du bist nur allzu erpicht darauf, dass Dolf den Kopf hinhält. Was weiß denn ich — vielleicht steht dein Name sogar auf dieser verdammten Petition.«
    »Das reicht jetzt, Adam. Ich hab dir schon mal gesagt, dass ich dir keine Rechenschaft schuldig bin.« Ich trat an ihn heran und musste den Kopf heben, um ihm in die Augen zu schauen. »Hast du Grace überfallen?«
    »Das reicht«, wiederholte er wütend, aber verdattert.
    »Wir werden sehen«, sagte ich. »Wir finden Zebulon Faith, und dann werden wir sehen.« Jamie warf die Hände hoch. »Finden?« Sein Blick ging in die Dunkelheit. »Den finden wir nie.«
    »Doch, den finden wir.« Ich trat näher an ihn heran. »Du und ich.«
    »Wie denn?«
    Ich stieß ihn gegen die Brust. Seine Augen weiteten sich und spiegelten helles, gelbes Licht. »Ich hoffe, du sagst die Wahrheit«, knurrte ich.
    Eine fahle Morgendämmerung zog bedrohlich über der Talsenke auf, als wir unter dem zerschossenen Tortenblech parkten. Vier Stunden waren vergangen, seit ich aufgewacht war und den Rauch gerochen hatte. Dann die Feuerwehr, die hilflose Wut meines Vaters, die Schlacht um das, was von den Reben noch zu retten war. Sie hatten den Yadkin River angezapft und sein schlammiges Wasser heraufgepumpt, um den Brand zu löschen. Das war das einzige Gute an dieser Katastrophe: die unmittelbare Nähe eines unbegrenzten Wasservorrats. Sonst wäre alles abgebrannt. Restlos.
    Wir verschwanden, bevor die Polizei kam; ich nahm Jamie beim Arm und zog ihn in die Dunkelheit. Niemand sah uns abfahren. Jamie war finster und mürrisch, und sein Gesicht war aschgrau. Verkrustetes Blut bildete einen scharfen Grat über seinem linken Auge, und sein Gesicht war mit fingerbreiten roten Streifen beschmiert. Wir hatten kaum miteinander gesprochen, aber die entscheidenden Worte hingen immer noch zwischen uns, und das würde so bleiben, bis alles vorbei wäre.
    Bis wir Zebulon Faith gefunden und die Sache ein für alle Mal erledigt hätten.
    Ich zeigte auf den Wagen. Jamie stieg ein, und sein Mund klappte auf, als ich bei Dolfs Haus anhielt und mit der 12er Schrotflinte und einer Schachtel Patronen herauskam. Wir waren zehn Minuten unterwegs, als er sagte: »Du täuschst dich in mir.«
    Ich warf einen Blick nach rechts, und meine Stimme klang brutal. »Das werden wir sehen.«
    Als wir jetzt im kniehohen, gebogenen Gras am Ende der zivilisierten Welt standen, sah Jamie aus, als habe er Angst. Er legte die gespreizten Hände auf das Dach meines Wagens und sah zu, wie ich den Doppellauf herunterklappte und zwei dicke rote Patronen hineinschob. »Was ist das hier?«, fragte er. Ich wusste, was er sah. Das graue Licht war unerbittlich, und die Straße war wie eine harte, schnelle Rutschbahn zur untersten Ebene der menschlichen Erfahrung.
    »Eine Gegend halt«, sagte ich.
    Er sah sich um. »Am Arsch der Welt.«
    Ich atmete den Geruch des stehenden Wassers ein. »Nicht jeder kann ein Glückskind sein.«
    »Willst du mir jetzt eine Predigt halten?«
    »Faith hat einen Trailer gleich hinter der Wegbiegung. Wenn ich mich in dir getäuscht habe, werde ich mich entschuldigen, und ich werde es ernst meinen. Aber vorher lass es uns einfach erledigen.«
    Er kam um den Wagen herum. »Wie ist der Plan?« Ich klappte die Flinte mit metallischem Klicken zu. »Gibt keinen Plan«, sagte ich und ging los.
    Steifbeinig und schwerfällig folgte er mir. Wir kamen zu der Biegung; der Granitvorsprung fühlte sich kalt und feucht an, als ich ihn berührte. Irgendwo fern hinter

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