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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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angemerkt. Grantham wollte es sehen.«
    »Und du hast mitgespielt.«
    Sie machte ein klägliches Gesicht. »Es ist keine ungewöhnliche Taktik, Informationen zurückzuhalten. Ich hatte keine Wahl.«
    »Schwachsinn.«
    »Das sagst du, weil du aufgebracht bist.«
    »Warum hast du dich jetzt entschlossen, es mir doch zu sagen?«
    Sie sah sich beinahe hilfesuchend um. Ihre aufwärts gewandten Handflächen fingen die Strahlen der aufgehenden Sonne ein. »Weil bei Tageslicht alles anders aussieht. Weil ich einen Fehler gemacht habe.«
    »Zebulon Faith ist impotent«, sagte ich. »Vielleicht ist sie deshalb nicht vergewaltigt worden.«
    »Ich will nicht über den Fall reden«, sagte sie. »Ich will über uns reden. Du musst verstehen, warum ich getan habe, was ich getan habe.«
    »Ich verstehe das vollkommen.«
    »Das glaube ich nicht.«
    Ich wandte mich ab, und meine Hand griff nach der Kante der offenen Tür. Sie wusste, dass ich sie zwischen uns schließen wollte. Vielleicht sagte sie es deshalb. »Es gibt etwas, das du wahrscheinlich erfahren solltest.«
    »Nämlich?«
    Robin schaute herauf. »Grace war noch nie sexuell aktiv.«
    »Aber sie hat mir erzählt —«
    »Der Arzt hat es bestätigt, Adam. Trotz allem, was sie dir erzählt hat, ist es ziemlich klar, dass sie keine zahlreichen Männerbekanntschaften hat.«
    »Warum sollte sie es mir dann erzählen?«
    »Ich glaube, es ist so, wie du gesagt hast, Adam.«
    »Was habe ich gesagt?«
    »Ich glaube, sie wollte dir wehtun.«
    Die Straße zum Haus meines Vaters war von der Sonne hart gebrannt und trocken, und roter Staub bedeckte meine Schuhe, als ich darauf entlangging. Sie bog nach Norden und schwenkte dann nach Osten, bevor sie die kleine Anhöhe erreichte, hinter der sie sich dann zum Fluss hinab senkte. Ich schaute auf das Haus hinunter, auf die Autos, die davor parkten. Es waren einige, und eins davon erkannte ich. Nicht den Wagen selbst, aber das Kennzeichen, J-1 9C, ein J-Kennzeichen, wie sie Einzelrichtern zugeteilt wurden.
    Ich ging hinunter und blieb bei dem Wagen stehen. Die Verpackung eines kleinen Biskuitkuchens lag auf dem Beifahrersitz.
    Ich kannte den Dreckskerl.
    Gilbert T. Rathburn.
    Richter G.
    Gilley die Ratte.
    Ich trat von dem Wagen zurück, als die Haustür sich öffnete. Der Richter kam rückwärts heraus, als ob ein Hund ihn vor sich hertreibe. Mit der einen Hand umklammerte er ein Bündel Papier, mit der anderen seinen Gürtel. Er war groß und fett und trug ein feines, gewebtes Toupet. Eine kleine Brille blitzte golden in seinem roten, runden Gesicht. Sein Anzug war teuer genug, um einen großen Teil seines Körperumfangs zu tarnen, aber seine Krawatte sah trotzdem schmal aus. Mein Vater folgte ihm nach draußen.
    »Ich glaube, Sie sollten es sich noch einmal überlegen, Jacob«, sagte der Richter. »Es ist ja alles völlig einleuchtend. Wenn Sie mich nur noch mal erklären lassen —«
    »Gibt es irgendein Problem mit meiner Aussprache?« Der Richter sackte enttäuscht in sich zusammen. Mein Vater spürte es, wandte den Blick von ihm ab und sah mich in der Zufahrt stehen. Überraschung spiegelte sich in seinem Gesicht, und er senkte die Stimme und deutete mit dem Finger auf mich. »Ich erwarte dich in meinem Arbeitszimmer«, sagte er und wandte sich wieder dem Richter zu. »Und gehen Sie damit ja nicht zu Dolf. Was ich sage, gilt auch für ihn.« Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand er im Haus.
    Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Der Richter schüttelte den Kopf, drehte sich um und sah mich im Schatten eines Pecanbaums stehen. Er musterte mich über den Rand seiner Brillengläser hinweg von oben bis unten. Sein Hals quoll über den Kragen. Wir kannten einander seit Jahren. Ich war ein- oder zweimal in seinem Gerichtssaal erschienen, als ich noch jung und er als Richter im untergeordneten Gericht tätig war. Um ernsthafte Vergehen war es nie gegangen, sondern überwiegend um alkoholisierte Prügeleien. Bis vor fünf Jahren hatten wir nie ein ernstes Problem miteinander gehabt, aber dann hatte er den Haftbefehl wegen des Mordes an Gray Wilson unterschrieben. Er konnte die Verachtung in seinem Blick nicht verbergen. »Eine unglückselige Entscheidung«, stellte er fest, »dass Sie Ihr Gesicht noch einmal in Rowan County zeigen.«
    »Was ist denn aus dem Grundsatz >unschuldig bis zum Beweis des Gegenteils< geworden, Sie Fettsacks?«
    Er kam auf mich zu und überragte mich um eine gute Handbreit. Schweißperlen bedeckten sein Gesicht und

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