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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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bringt.«
    Ich dachte darüber nach. Danny war nicht mehr da, und vermutlich gab es immer noch ein paar Dinge zu sagen. Dolf verstand das und wandte sich wortlos ab. »Komm zum Haus«, rief mein Vater ihm nach. »Ich glaube, wir können alle einen Drink gebrauchen.« Dolfs Pick-up hustete einmal, bevor der Motor richtig ansprang.
    »Höflich«, sagte ich. »Nichts ist geklärt.«
    »Okay«, sagte mein Vater, und dann: »Du glaubst wirklich, es ist Danny?«
    »Bin ziemlich sicher.« Wir starrten lange in das schwarze, schwarze Loch. Es ging nicht um Dannys Tod oder um die Fragen, die der aufwarf. Der Riss zwischen uns war mindestens so schmerzhaft wie zuvor, und es widerstrebte uns beiden, ihn zu betrachten. Leichter war es, den dunklen Spalt im Boden anzuschauen, den plötzlich aufkommenden Wind, der das dünne Gras niederdrückte. Als sich mein Vater schließlich doch äußerte, sprach er vom Selbstmord meiner Mutter und von dem, was ich gesagt hatte.
    »Sie wusste nicht, was sie tat, Adam. Es kam nicht darauf an, ob du es warst oder ich. Sie hatte den Augenblick aus Gründen gewählt, die wir niemals verstehen können. Sie wollte niemanden bestrafen. Das muss ich einfach glauben.«
    Ich spürte, wie das Blut aus meinem Gesicht wich. »Jetzt ist nicht der richtige Moment, um darüber zu reden«, sagte ich.
    »Adam —«
    »Warum hat sie es getan?« Die Frage riss sich aus eigener Kraft los. »Depressionen treiben seltsame Spiele mit der Seele.« Er sah mich an. »Sie war verloren.«
    »Du hättest ihr Hilfe besorgen müssen.«
    »Aber das habe ich getan.« Ich stutzte. »Sie war seit fast einem Jahr bei einem Therapeuten, und es hat nichts genutzt. Er sagte mir, sie sei auf dem Wege der Besserung. Das hat er gesagt, und eine Woche später hat sie abgedrückt.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Du solltest es auch nicht wissen. Kein Kind sollte so etwas über seine Mutter wissen. Wissen, dass es ihre ganze Kraft erforderte, auch nur ein Lächeln zustande zu bringen.« Er winkte angewidert ab. »Darum habe ich dich nie zu einem Psychologen geschickt.« Er seufzte. »Du warst zäh. Ich dachte, mit dir ist irgendwann alles wieder okay.«
    »Okay? Ist das dein Ernst? Sie hat es vor meinen Augen getan. Du hast mich dort allein gelassen, im Haus.«
    »Jemand musste mit dem Leichenwagen fahren.«
    »Ich habe ihr Gehirn mit einer Bürste von der Wand geschrubbt.« Er war entsetzt. »Das warst du?«
    »Ich war acht Jahre alt.« Es war, als treibe er davon. »Es war eine schwere Zeit«, sagte er.
    »Warum hatte sie Depressionen? Sie war mein Leben lang glücklich. Ich weiß es noch. Sie war voller Freude, und dann starb sie innerlich. Ich möchte wissen, warum.«
    Mein Vater schaute in den Schacht, und noch nie hatte ich solche Qualen in seinem Gesicht gesehen. »Lass es gut sein, Sohn. Dabei kann nichts Gutes mehr herauskommen.«
    »Dad —«
    »Lass sie ruhen, Adam. Jetzt geht es um dich und mich.«
    Ich schloss die Augen, und als ich sie öffnete, stand mein Vater vor mir. Er legte mir die Hände wieder auf die Schultern, wie er es in seinem Arbeitszimmer getan hatte.
    »Ich habe dich Adam genannt, weil ich nicht glaubte, dass ich irgendetwas mehr lieben könnte als dich. Weil ich am Tag deiner Geburt so stolz war, wie Gott der Herr es gewesen sein muss, als er auf Adam hinunterschaute. Du bist alles, was mir von deiner Mutter geblieben ist, und du bist mein Sohn. Du wirst immer mein Sohn sein.«
    Ich sah dem alten Mann in die Augen und spürte in meinem Herzen etwas Hartes, das mich zu zerbrechen drohte.
    »Gott hat Adam verstoßen«, sagte ich. »Er ist nie wieder ins Paradies zurückgekehrt.«
    Ich drehte mich um und stieg in den Truck. Durch das offene Fenster sah ich ihn an. »Wie wär's jetzt mit diesem Drink?«, fragte ich.
     

DREIZEHN
    W ir tranken Bourbon im Arbeitszimmer. Dolf und mein Vater tranken ihn mit Wasser und Zucker. Ich trank ihn pur. Trotz allem, was passiert war, wusste niemand etwas zu sagen. Es war zu viel. Grace, Danny, die Turbulenzen meiner Heimkehr. Es war, als lauere Unheil hinter jeder Ecke, und wir redeten kaum, als wüssten wir alle, dass es immer noch schlimmer werden konnte. Es war wie ein Gifthauch in der Luft, und sogar Jamie, der zehn Minuten später zu uns kam, als der Bourbon schon in den Gläsern war, schnupperte, als könne er es riechen.
    Nach gründlichem Nachdenken erzählte ich ihnen, was Robin über Grace gesagt hatte. Ich musste es wiederholen. »Sie wurde nicht vergewaltigt«,

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