Der dunkle Geist des Palio (German Edition)
stolperte ich über ein Stück Treibholz. Er streckte mir helfend eine Hand entgegen, doch ich sprang schnell beiseite.
»Ich tu dir doch nichts!«
»Hab ich auch gar nicht erwartet.«
»Dann hör endlich auf, überzureagieren.« Als würde er einem Kind gut zureden, nahm seine Stimme einen sanften Tonfall an.
»Scher dich zum Teufel!«
Wir funkelten einander an, bis der Wind an meiner Bluse zerrte. Ich widerstand dem Reflex, die Blutergüsse wieder unter dem Stoff zu verbergen.
»Wer hat dir das angetan?« Er deutete mit einem Kopfnicken auf meinen Hals.
Nach jahrelangem Zusammenleben mit Dean war ich inzwischen eine Meisterin darin, irgendeine Ausrede parat zu haben, weil mir die Wahrheit sowieso keiner abnahm. Die meisten fragten allerdings erst gar nicht und wenn doch, gaben sie sich mit der erstbesten Erklärung zufrieden, um nur ja nicht in irgendetwas hineingezogen zu werden.
»Ich bin in eine Tür gelaufen.« Nicht gerade die beste Lüge, aber was machte das schon?
»Wann bist du in diese … Tür gelaufen?«
Ich seufzte. »Vor drei Tagen. Bist du immer so neugierig?«
Eine Brise zerzauste sein Haar und in seinen Augen erschien ein abwägendes Glitzern.
Ich fragte mich, ob er ahnte, wozu ich imstande war. Wer ich war. Ein Freak. Eigentlich unwahrscheinlich, ich beschleunigte trotzdem meinen Schritt. Keine Ahnung, was geschehen würde, wenn die Wahrheit über mich ans Licht kam, aber ich rechnete mit dem Schlimmsten.
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