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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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eine dunkle Seitengasse huschte. Mit einer Gelassenheit, die ich innerlich ganz und gar nicht empfand, schlenderte ich auf den von Palmen flankierten Eingang des Hotels Europa zu.
    Ich hatte mich zu völliger Unverfrorenheit entschlossen. Wenn ich erwischt werden sollte, so würde ich damit immer noch am besten wegkommen. Ich stieg also leger die Treppe hinauf, zwischen den Lippen eine Zigarette. Oben angelangt, blieb ich einen Moment stehen, zündete die Zigarette an und schielte nach dem Nachtportier. Das Foyer war hell erleuchtet, aber der Portier war nicht zu sehen, und ich ging durch die Drehtüre ins Hotel. Ich war mitten im Foyer, als ich in einem Spiegel an der Wand eine Gestalt in goldbetreßter Uniform aus einer Nische rechts von der Drehtüre treten sah, die man von der Treppe draußen nicht sehen konnte. Ich zögerte keine Sekunde, sondern ging schnellen Schrittes mit wehendem Mantel und an meiner Zigarette paffend auf die Treppe zu. Für den Augenblick war ich gerettet und nahm drei Stufen aufs Mal und rannte die Treppen hoch bis in den zweiten Stock. Dort blieb ich einen Moment stehen und warf einen Blick die Spirale hinunter. Drei Treppen tiefer sah ich den Portier, der stehengeblieben war und erschreckt hinauf- und hinunterschaute. Er machte den Eindruck, als suche er Hilfe, und ich rannte weiter. Ich erreichte Carruthers Zimmer, ohne jemandem zu begegnen, und schloß es auf. Carruthers hatte mir verboten, Licht zu machen, und als erstes fiel ich längelang über einen umgestürzten Stuhl, der mitten im Zimmer lag. Ich fluchte, zündete mir ein Streichholz an, schirmte es mit der Hand ab und schaute mich um.
    Im Zimmer herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Das Bettzeug lag am Boden, die Matratzen waren aufgeschlitzt, die Kissen ebenfalls und alles war mit Federn bedeckt. Schubladen waren herausgerissen, und als ich einen Schritt machte, trat ich in einen Rahmen, aus dem das Bild herausgeschnitten war. Ich ging ins Badezimmer und trat auf Glas. Ein frisches Zündholz zeigte mir Carruthers Koffer. Das Schloß war aufgebrochen, der Inhalt über den Boden verstreut. Das Geld war natürlich weg. Ein Geräusch aus dem Schlafzimmer ließ mich aufhorchen. Ich blies das Zündholz aus und blieb zwei Minuten stehen, ohne mich zu rühren. Dann sagte ich mir, daß mich meine Phantasie wohl irregeführt hatte. Ich bekam es aber doch mit der Angst zu tun und tastete mich der Wand entlang zum Schlafzimmerfenster. Leise machte ich es auf und schaute hinunter. Drunten stand Carruthers, schaute herauf und winkte mit der Hand. Ich griff in die Tasche, zog ein Blatt Papier und einen Bleistift heraus und kritzelte drauf: »Zimmer durchsucht, Geld weg«, und ließ die Botschaft am Seil hinunter. Dann zerrte ich, was vom Bett übrig geblieben war, ans Fenster und machte das andere Ende des Seils am Gestell fest. Eben war ich damit fertig, als ich einen heftigen Ruck am Seil spürte. Ich schaute aus dem Fenster. Carruthers bedeutete mir, das Seil wieder hinaufzuziehen. Ich tat es. Meine Botschaft hing dran. Carruthers hatte ein paar Worte hinzugefügt. Ich las: »Alles stehen lassen und raus.«
    Ich ließ das Seil wieder hinunter und knöpfte meinen Mantel zu, damit ich mich besser abseilen konnte, als es von der Tür her leise klick machte. Ich schwang ein Bein über das Fensterbrett. Weiter kam ich nicht. Die Tür flog auf, und ein Lichtstrahl vom Korridor her erhellte das Zimmer.
    »Keine Bewegung, oder ich schieße«, sagte eine Stimme, die mir bekannt vorkam.
    Ich rührte mich nicht und konnte halbblind vom Licht nur zwei Silhouetten ausmachen, die unter der Tür standen. Dann wurde die Tür zugemacht, und das Licht im Zimmer ging an. Es waren Groom und Nikolai, und der letztere hielt in der Hand eine schwere automatische Pistole mit einem Maxim-Schalldämpfer.
    Groom schaute mich einen Moment lang durchdringend an. Dann befahl er: »Kommen Sie ins Zimmer zurück!«
    Ich tat es.
    »Legen Sie Ihre Hände hinter den Kopf!«
    Ich gehorchte. Nikolai stand neben ihm und blickte mich finster an. Er war ein Grieche mit einem gemeinen Gesicht, feuchten dicken Lippen und einer Nase, die fast bis ans Kinn hinunterreichte. Den linken Arm trug er in einer Schlinge. Die Finger der unverletzten rechten Hand streichelten sehnsüchtig den Abzug seiner Waffe. Groom sprach zu ihm, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Ist das einer der Männer?«
    »Ja, Monsieur.«
    »Wo ist Professor Barstow?« fragte er mich.
    »Ich weiß es

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