Der dunkle Herzog
wie viel Zeit das Wasser brauchte, um sie zu füllen.
Ein Frühlingsregen setzte ein und strömte stetig vom Himmel, während das Kanalboot ans Ufer gezogen wurde. Die Roma hatten die letzte Schleuse unterhalb von Hungerford passiert und den Teil des Kanals erreicht, der die Grenze zu Camerons Anwesen bildete.
Hart schaute über das grüne Feld, das sich vom Kanal zum Haus auf dem Hügel hinauf erstreckte und sah, dass es voller Menschen war. Menschen mit Regenschirmen, die meisten von ihnen MacKenzies.
Aber nicht alle. Ein großer Schotte, der kein MacKenzie war, stand sehr nah bei Eleanor und hielt einen Schirm über sie. Hart erkannte ihn – es war Sinclair McBride, einer von Ainsleys zahlreichen Brüdern, ein Anwalt. Hart fühlte, wie sein Zorn hochzukochen begann, als Sinclair sich zu Eleanor hinunterbeugte, um sie mit seinem Schirm vor dem Regen zu schützen, und Eleanor heiter zu ihm hoch lächelte.
Eleanor sah Hart auf dem Bootsdeck stehen wie einen König, der eine Rede an seine Untertanen halten wollte.
Verdammter Mann.
Sie war zutiefst erschrocken gewesen, als seine Leute ohne ihn mitten in der Nacht zurückgekommen waren und berichtet hatten, dass sie ihn im Wald am Kanal aus den Augen verloren hatten. Erst früh am Morgen, als Angelo heraufgeritten gekommen war, um sie zu informieren, dass Ian und Hart bei seiner Familie waren, hatte sich die Panik gelegt. Jetzt war Eleanor einfach nur noch wütend.
Sie machte einige Schritte nach vorn, aber Ainsleys Bruder Sinclair tippte ihr auf die Schulter. »Seien Sie vorsichtig. Es ist rutschig, und Sie könnten fallen.«
Er war süß, wirklich. Sinclair McBride, ein Witwer, war heute Morgen mit seinen beiden Kindern angekommen, die das Kinderzimmer noch mehr füllten. Ainsley hatte ihn und ihre anderen Brüder eingeladen, das Frühjahr in Waterbury zu verbringen, aber bis jetzt hatte nur Sinclair der Einladung folgen können.
Ian verließ das Boot. Trotz des aufgeweichten Bodens rannte Beth zu ihm, und Ian fing sie in einer innigen Umarmung auf. Alle scharten sich um die beiden und begannen gleichzeitig zu reden. Wollten wissen, wo Ian gewesen war. Warum hatte er allen solche Sorgen bereitet? Gott sei Dank hatte Hart ihn gefunden.
Die Roma hatten allesamt das Boot verlassen: Kinder, Ziegen, Hunde, Männer und Frauen stapften in die Mitte des regennassen Feldes, um dort mit dem Aufbau ihrer Zelte zu beginnen. Cameron schien das auf keine Weise ungewöhnlich zu finden. Er begann, sich mit dem Mann mit der Pfeife zu unterhalten, und Daniel und Angelo gesellten sich zu ihnen, zusammen mit Eleanors Vater. Daniel begann, den Männern der Roma dabei zu helfen, die Planen über die Zeltstangen zu ziehen, und die Kinder waren im Nu im Zelt. Sinclair reichte Eleanor den Schirm und ging, um ebenfalls mit anzupacken.
Als Letzte verließ jetzt eine in Schwarz gekleidete alte Lady das Boot. Hart führte sie ans Ufer, begleitete sie aber nicht weiter.
Was hatte er vor? Hart blieb an Bord zurück wie der König, mit dem Eleanor ihn verglichen hatte, oder besser noch wie ein General, der jeden beobachtete und darauf wartete, seine Anweisungen zu geben, wenn es nötig war. Er betrachtete seine Brüder, alle von beeindruckend großer Gestalt, und deren Frauen, die immer in ihrer Nähe waren. Sie alle sahen glücklich aus – Beth, Isabella und Ainsley, die über ihre Männer lachten, aber sie mit großer Liebe ansahen.
»Er braucht dich.«
Eleanor zuckte zusammen, als Ian ihr die Worte ins Ohr sagte. Er stand neben ihr, seinen wachen Blick auf sie gerichtet, während Beth sich nicht weit entfernt von ihnen mit der alten Dame unterhielt.
»Wer braucht mich?«, fragte Eleanor. »Hart?« Sie spähte durch den Regen auf den sturen Duke, der sich an die Reling des vertäuten Bootes lehnte. »Hart MacKenzie braucht niemanden.«
Im Schatten, den der Regenschirm warf, schimmerten Ians whiskyfarbene Augen dunkel. »Du irrst dich«, sagte er, wandte sich ab und stapfte durch den Regen zurück zu Beth.
Er braucht dich.
Hart sah so verlassen aus. Er beobachtete die Familie, für deren Sicherheit er alles auf der Welt tun würde, aber er stand abseits. War kein Teil davon.
Eleanor raffte ihre ohnehin schlammbefleckten Röcke und suchte sich ihren Weg den Hügel hinunter zum Ufer, wobei sie an Sinclairs mahnende Worte über das Ausrutschen dachte. Hart beobachtete sie, während sie näher kam – den ganzen Weg das Feld hinunter fühlte sie seinen Blick auf sich –, aber er
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