Der dunkle Highlander
mehr als alle Kunstgegenstände dieser Welt. Ich liebe dich so sehr, dass sich meine Zehen krümmen, wenn ich nur an dich denke.«
Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und setzte ihre feierlichste Miene auf. »Ich liebe dich.«
»Du kannst den vermaledeiten Schild ruhig haben, wenn du ihn so sehr liebst.«
Chloe spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. Sie schluckte. Sie schluckte mehrmals. O Gott, kann man sich noch dämlicher vorkommen als ich in diesem Augenblick ?
Sie trat auf dem Stuhl von einem Fuß auf den anderen, räusperte sich, starrte auf den Boden und überlegte fieberhaft, welche Ausrede sie für ihr albernes Verhalten vorbringen konnte. Sie blieb mit dem Rücken zu Dageus stehen und plapperte drauflos. »Es ist... äh, nicht der Schild. Ich konnte nur keinen Spiegel finden, und manchmal brauche ich positive Verstärkung, auch wenn sie von mir selbst kommt. Ich habe in einem Buch gelesen, dass diese Übungen das Selbstbewusstsein stärken und ... äh, das eigene Wohlbefinden steigern. Es wirkt tatsächlich, du solltest das auch mal versuchen«, erklärte sie munter.
Sie merkte, dass sie dabei ein bisschen zu wild gestikuliert hatte, also verschränkte sie die Hände auf dem Rücken.
Dageus schwieg, was sie noch mehr durcheinander brachte. Also plapperte sie weiter. »Ich möchte damit sagen, dass mir nicht viel an dem Schild liegt. Ich meine ... na ja, du hast mir schon genug geschenkt. Es wäre undankbar, dich um noch mehr zu bitten. Und wenn du mich jetzt bitte einfach allein lassen würdest? Dann kann ich mit meinen Übungen fortfahren. Es ist wichtig, dass einem niemand dabei zuschaut.«
Schweigen.
Was ging ihm bloß durch den Kopf? War er kurz davor, in schallendes Gelächter auszubrechen? Lächelte er? Sie schielte nach dem Schild, aber er hing zu hoch; sie konnte nicht sehen, was Dageus hinter ihrem Rücken tat.
»Dageus?«, fragte sie vorsichtig, zog es aber weiterhin vor, sich nicht zu ihm umzudrehen. Wenn sie ihn jetzt ansah, würde sie womöglich in Tränen ausbrechen. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass der entscheidende Augenblick romantisch und voller Zärtlichkeit sein würde. Aber, verdammt, wenn sie ihm jetzt noch bei Kerzenschein im Schlafzimmer ihre Liebe gestand, wusste er sofort, dass sie die Szene einstudiert hatte. Er würde sie für einen Volltrottel halten.
»Ja, Mädchen?«, fragte er bedächtig.
»Warum gehst du nicht weg?«, flüsterte sie verzweifelt.
Er ließ sich mit der Antwort Zeit. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern zusehen.«
Sie schloss die Augen. Machte er sich über sie lustig? »Auf gar keinen Fall.«
»Nach all den Dingen, die wir zusammen getan haben, gibt es noch etwas, das du mir nicht zeigen willst? Ich finde, es ist ein bisschen spät für solche Hemmungen.«
Chloe war nicht sicher, ob sie da einen belustigten Unterton heraushörte. »GEH WEG!«, stieß sie durch zusammengebissene Zähne hervor.
Er tat es nicht. Sie fühlte, dass er hinter ihr stand. Sein Blick bohrte sich regelrecht in ihren Hinterkopf.
»Chloe-Mädchen«, sagte er leise und zärtlich. »Dreh dich um, Süße.«
Er weiß es! Wer sollte auch auf ihre dämliche Ausrede hereinfallen. Er jedenfalls bestimmt nicht. Aber dies war nicht der Moment, den sie für ihr Geständnis erkoren hatte. Sie hatte alles geplant, und jetzt machte er es ihr kaputt.
»Chloe«, wiederholte er sanft.
»Verdammter Mist!« Plötzlich wirbelte sie herum, stemmte die Fäuste in die Hüften und schrie: »Ich liebe dich! Okay? Aber so wollte ich es dir nicht sagen. Ich wollte es richtig machen, und jetzt hast du alles ruiniert!«
Sie funkelte ihn böse an, sprang vom Stuhl und stürmte hinaus.
22
Dageus blieb reglos in der Halle stehen. Diesen Augenblick würde er bestimmt nie vergessen.
Wenn er eines Tages so alt wäre wie sein Vater jetzt - vorausgesetzt, es war ihm vergönnt, so lange zu leben -, würde er Chloe noch immer vor sich sehen, wie sie auf dem Stuhl vor dem Schild stand und ihre Liebeserklärung übte.
Als er in die Halle kam, um frische Kerzen für die geheime Kammer zu holen, war ihm zunächst schleierhaft, was sie da trieb. Er hatte ernsüich geglaubt, dass sie für den Schild schwärmte.
Er hatte sie necken wollen. Dann fiel ihm auf, wie angespannt und niedergeschlagen sie war. Sie fing an, wirres Zeug zu stammeln - ein todsicheres Zeichen dafür, wie durcheinander sie war. Als sie ihm dann den Unsinn mit der positiven Verstärkung auftischte, war ihm
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