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Der dunkle Highlander

Der dunkle Highlander

Titel: Der dunkle Highlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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erzählte, dass er seit seinem Fehltritt das Plaid der Keltar nicht mehr getragen hatte. Das Stück Stoff, das er in Manhattan unter seinem Kopfkissen aufbewahrte, erwähnte er allerdings nicht, und Chloe sprach auch nicht davon. Sie wusste, was es ihm bedeutete. Sie konnte sich gut vorstellen, wie er in seinem Bett in dem Museum lag, zu dem er das Penthouse gemacht hatte, in einer Welt, die ihm vollkommen fremd war, und den Stoff ansah. Dieses verschlissene Stück Stoff symbolisierte seine Hoffnung.
    Sie hatte ihn für einen Tagedieb und Weiberhelden gehalten und ihm damit Unrecht getan.
    Jetzt war ihr auch klar, warum sie manchmal etwas Finsteres in seiner Nähe gespürt hatte - und zwar immer, wenn Dageus kurz vorher Magie benutzt hatte. Mit ein wenig übernatürlicher Hilfe hatte er die Sicherheitssysteme überwunden, um an die alten Schriften heranzukommen. Jetzt wusste sie auch, warum sich seine Augen veränderten: Sie wurden in dem Maße dunkler, in dem er selbst dunkler wurde. Er besaß eine ungeheure Disziplin und Selbstbeherrschung. Dabei hatte sie vermutlich nur die Spitze des Eisbergs gesehen und konnte sich kaum vorstellen, welche Kämpfe er in jedem wachen Moment durchzustehen hatte.
    Dazu verdammt, das abgrundtief Böse in sich zu tragen, weil er selbst es aus der Verbannung befreit hatte, konnte Chloe ihn dennoch nicht verurteilen.
    Dageus hatte den Eid aus Liebe gebrochen. Aber er durfte den Tod nicht auf diese Weise überlisten. Das verstieß gegen die Ordnung der Natur; wenn man aber die Macht hatte, so etwas zu tun, war diese Macht dann nicht auch Teil der natürlichen Ordnung? Eine komplizierte ethische Frage. Kompliziert wurde es nicht durch den Wortbruch an sich, sondern durch die Möglichkeit zum Machtmissbrauch.
    Aber seitdem hatte Dageus nie wieder gefehlt. Seit er den Eid verletzt hatte, trug er die absolute Macht in sich, und er hatte sie nicht ein einziges Mal missbraucht. Stattdessen suchte er verbissen nach einer Möglichkeit, diese Macht loszuwerden.
    Was also war sein Vergehen? Seine Bruderliebe war so groß, dass er alles riskiert hatte. Und Gott stehe ihr bei, aber Chloe liebte ihn dafür umso mehr.
    Bestimmt milderten seine guten Absichten das Verbrechen zu einem gewissen Grad. Auch die Gerichte der Menschen berücksichtigten beim Strafmaß die Absicht des Delinquenten.
    »Schließlich haben die Keltar ja nicht um diese Macht gebeten!«, sagte sie ärgerlich.
    Silvan und Dageus sahen von ihren Schriften auf. Es war zwei Tage her, dass Dageus ihr alles offenbart hatte. Seitdem verbrachten sie jede wache Minute in der geheimen Kammer, um nach Antworten zu suchen.
    »Nein, das habt ihr nicht!« Sie kochte innerlich vor Wut, und wie alle anderen Gefühle konnte sie auch dieses nicht verbergen.
    »Wahrlich, meine Liebe, die Menschen sollten überhaupt keine Macht über die Steine haben«, erwiderte Silvan. »Ich kann dir nicht sagen, wie oft ich die Steine schon umwerfen, die Tafeln zerstören und die geheimen Formeln vernichten wollte.«
    »Dann tu es«, beschwor ihn Dageus. »Zerstöre den Steinkreis, wenn wir wieder weg sind.«
    »Du weißt, dass ich damit den Tuatha De Danaan offenen Widerstand leisten würde«, erklärte Silvan. »Und was ist, wenn die Welt...«
    »Die Welt sollte das Recht haben, ganz allein zu gedeihen oder sich selbst zu zerstören«, sagte Dageus gelassen.
    »Ich stimme dir zu«, sagte Chloe und trank einen Schluck von ihrem kalt gewordenen Tee. »Die Menschen sollten keine Macht haben, die sie nicht verstehen und die sie selbst ergründen müssen, aber nicht anwenden dürfen. Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube, wenn wir jemals so weit sind, dass wir die Zeit manipulieren können, dann sind wir auch klug genug, es nicht zu tun. Und wer kann schon sagen, ob das Ergebnis wirklich besser war, wenn die Steine benutzt wurden, um den Lauf der Dinge zu verändern?«
    Dageus hatte ihr erklärt, unter welchen Bedingungen es ihnen erlaubt war, die Steine zu benutzen: wenn das Geschlecht der Keltar vom Aussterben bedroht oder die Erde ernsthaft in Gefahr war. Und er hatte ihr von den wenigen Gelegenheiten erzählt, zu denen ein Keltar das Tor zur Zeit geöffnet hatte: zum Beispiel, um die heiligen Reliquien der Templer an einen anderen Ort zu bringen und sie auf diese Weise dem Zugriff des machthungrigen Königs zu entziehen, der den Orden vernichten wollte. Aber wer konnte schon sagen, ob das Unheil nicht auch mit menschlichen Mitteln hätte abgewendet werden

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