Der dunkle Highlander
träumte von einer Zukunft mit ihm und einer eigenen Familie.
In den vergangenen zehn Tagen hatte sie ihn aufmerksam beobachtet. Er hegte definitiv Gefühle für sie. Er ging mit ihr um, wie Drustan bei ihrem Besuch in Maggies Schloss mit Gwen umgegangen war; er kannte ihre Wünsche, verließ die geheime Kammer, um ihr eine Tasse Tee oder einen Bissen zu essen zu holen, und oft brachte er ihr ein feuchtes Tuch mit, damit sie sich den Staub von den Wangen wischen konnte. Manchmal verschwand er und kam mit einem Arm voll frischer Blumen zurück, die er im Garten gepflückt hatte, führte Chloe zum Bett und bedeckte ihren nackten Körper mit den duftenden Blüten.
Wenn sie abends vor dem Torffeuer badete, wusch er ihr den Rücken und half ihr, das Haar zu einem Zopf zu flechten, wie Neil ihn trug. Sie fühlte sich beschützt, verwöhnt und, auch wenn er es nicht aussprach, geliebt.
Während sie ihn beobachtete und über das, was sie von ihm wusste, nachdachte, wurde ihr bewusst, dass Dageus MacKeltar ihr wahrscheinlich niemals seine Liebe erklären würde, es sei denn, sie selbst machte den Anfang. Gwen hatte vor ihrer Zeitreise so etwas angedeutet.
Dageus sucht nicht nach der Liebe dieser anderen Frauen, weil sie ihm nie einen Grund dafür gegeben haben.
Sie, Chloe Zanders, würde ihm diesen Grund geben. Und zwar heute Abend. Bei einem romantischen Abendessen im Schlafgemach, das sie bereits mit frisch geschnittenem Heidekraut geschmückt und vielen aus anderen Zimmern stibitzten Öllampen ausgestattet hatte.
Sie hatte die Kulisse geschaffen, Neil hatte das Menü arrangiert, und jetzt brauchte Chloe nur noch ihr Herz sprechen zu lassen.
Und wenn er deine Liebesworte nicht erwidert ? Der nagende Zweifel verunsicherte sie. Aber sie verdrängte ihn entschieden. Sie würde keine Zweifel und Ängste zulassen. Vor wenigen Tagen hatte sie ein ausführliches Gespräch mit Neil gehabt, als sie in der Küche zusammensaßen und Kakao tranken. Neil erzählte ihr ohne jede Scheu von ihren eigenen Erfahrungen mit Silvan und den vergeudeten zwölf Jahren. Chloe war es unbegreiflich, dass man seine Liebe so lange verschweigen konnte.
Zwölf Jahre! Du lieber Gott, und sie war nicht einmal imstande, noch zwölf Stunden zu warten.
Als Chloe ein Teenager war und nicht wusste, wie man küsste, hatte sie an einem Kissen geübt. Sie war sich dumm vorgekommen, aber wie sonst sollte ein Mädchen ein Gespür für solche Dinge bekommen? Sie hatte Bücher gelesen und in Filmen gesehen, wie die Lippen aufeinander trafen und wo die Nasen sein mussten, aber selbst die Lippen auf etwas zu drücken, war etwas ganz anderes. Sie war überzeugt, dass alle Menschen das Küssen an irgendeinem Gegenstand geprobt hatten. An einem Spiegel, an einem Kissen oder am eigenen Handrücken.
Ihr erster Kuss war einigermaßen erfolgreich gewesen, also wäre es nicht dumm, nun zu proben, wie man »ich liebe dich« sagte.
Da es im Schloss nur wenig Spiegel gab, nahm sie sich einen glänzend polierten Schild vor, den sie in der Großen Halle an der Wand entdeckt hatte. Sie zog einen Stuhl heran, stellte sich darauf und betrachtete im Schild ihr Spiegelbild.
Sie wollte am Abend alles hundertprozentig richtig machen und weder stottern noch dummes Zeug stammeln.
»Ich liebe dich«, sagte sie leise zu dem Schild.
Das war die falsche Betonung. Nur gut, dass sie sich entschieden hatte, erst zu üben.
Sie befeuchtete ihre Lippen und versuchte es noch einmal. »Ich liebe dich«, flötte sie zart. Dann entschiedener:
»Ich liebe dich.« Sie versuchte es mit einem erotischen Unterton. »Ich liebe dich.« Hm. Vielleicht war es besser, wenn sie es ganz normal sagte. Dieses Kehlige klang bei ihr nicht besonders gut.
Es fühlte sich wunderbar an, diese drei Worte auszusprechen. Sie hatte sie so fest in sich verschlossen, dass es ihr nun vorkam, als würde ein zischender Dampfkochtopf in ihr den Deckel wegsprengen. Es war ihr noch nie geglückt, ihre Gefühle für sich zu behalten. Das widersprach ihrem Wesen, und zwar noch mehr als unverbindlicher Sex.
Sie lächelte den Schild an und malte sich aus, es wäre Dageus. Die drei schlichten Worte schienen ihr viel zu wenig. Liebe war so viel größer als Worte.
»Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als Schokolade. Meine Liebe ist größer als die ganze Welt.« Sie machte eine Pause, dachte nach und suchte nach einer Formulierung, die ihre Empfindungen ausdrücken konnte. »Ich liebe dich
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