Der dunkle Highlander
anerkennende Blick machte einem kalten, berechnenden Ausdruck Platz. Und er hielt nun - ihr Gehirn schien sich allerdings zu weigern, diese Tatsache zur Kenntnis zu nehmen - ein Messer in der Hand.
Chloe schüttelte energisch den Kopf - es war ihr unmöglich, diese unvermittelte Wendung zu begreifen.
Der Eindringling kam mit einem bedrohlichen Grinsen auf sie zu. Noch immer hatte sie damit zu tun, die Situation zu erfassen.
»S-sie sind gar kein F-freund«, stammelte sie. O Mann, Zanders, verrät dir das etwa das Messer in seiner Hand?, fauchte sie sich im Stillen an. Nimm dich zusammen. Und schnapp dir selbst eine Waffe. Sie wich langsam zurück in die Küche und vermied jede abrupte Bewegung.
»Noch nicht«, war seine eigenartige Antwort. Dabei kam er ihr hinterher.
»Was wollen Sie? Wenn es Ihnen um Geld geht - er hat jede Menge. Ganze Berge. Und er wird Ihnen gern etwas abgeben. Und außerdem sind da noch Kunstschätze«, plapperte sie drauflos. Sie hatte ihr Ziel fast erreicht. Bestimmt lag in der Küche irgendwo ein Messer herum. »Sie sind ein Vermögen wert. Ich helfe Ihnen, sie zusammenzupacken. Es gibt massenhaft Dinge, die Sie mitnehmen können. Und ich stelle mich Ihnen nicht in den Weg. Ich verspreche, dass ich ...«
»Ich bin nicht auf Geld und Wertsachen aus.«
O Gott. Ein Dutzend Horrorszenarien - eins schlimmer als das andere - erstanden vor ihrem geistigen Auge. Er hatte sie übertölpelt, indem er vorgab, ein Freund zu sein - und sie hatte ihm verraten, dass sie Dageus erst in einer Stunde zurückerwartete! Wie einfältig sie war! Du kannst das Mädchen von Kansas fortbringen, aber du bekommst Kansas nie aus dem Mädchen heraus, dachte sie und hätte beinahe hysterisch gelacht.
»Oh, ich habe mich ja in der Uhrzeit geirrt! Dageus müsste jede Minute zurück sein ...«
Bellendes Gelächter. »Netter Versuch.«
Als er sich auf sie stürzte, stolperte sie rückwärts, und mit einem Mal war sie von Adrenalin durchflutet. Mit vor Angst starren Händen schnappte sie sich alles, was auf der Küchenanrichte lag und schleuderte es ihm entgegen. Die Thermoskanne prallte von seiner Schulter ab, Kaffee spritzte durch die Gegend; das Schneidebrett traf ihn an der Brust. Sie nahm nacheinander mehrere Baccarat-Kelche aus der Spüle und warf sie ihm an den Kopf. Er duckte sich und wich zur Seite aus, und die Gläser zerbarsten an der Wand in seinem Rücken. Scherben regneten zu Boden.
Er fauchte wütend und kam unaufhaltsam näher.
Keuchend tastete Chloe nach weiteren Wurfgeschossen. Ein Topf, ein Sieb, ein Schlüsselbund, Küchenuhr, Pfanne, Gläser mit Gewürzen ... Sie brauchte endlich eine richtige Waffe! In diesem verfluchten Museum musste ihr doch ein Messer oder etwas Ähnliches in die Hände fallen! Bei dem Versuch, nicht in die Scherben zu treten und gleichzeitig ihrem Angreifer auszuweichen, glitt sie, barfuß, wie sie war, in den Kaffeepfützen aus.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, griff sie hinter sich und tastete in einer Schublade: Küchentücher.
In der nächsten: Mülltüten und Folien. Sie bombardierte den Mann mit sämtlichen Paketen, die sie erwischen konnte.
Glas knirschte unter seinen Schuhen; er war ihr nun so nahe, dass er sie gegen die Arbeitsplatte drängte.
Weinflasche. Voll. Danke, lieber Gott! Sie hielt die Flasche hinterm Rücken und verharrte regungslos.
Er tat genau das, was sie gehofft hatte: Er rückte ihr zu Leibe. Sie schwang die Flasche und schlug sie ihm mit aller Kraft auf den Schädel. Wein und Glassplitter regneten auf sie nieder.
Er umklammerte ihre Taille, als er zu Boden ging, und riss sie mit. Sie war keine gleichwertige Gegnerin für diesen drahtigen, kräftigen Mann. Es gelang ihm, sie niederzuringen und unter sich zu bringen.
Etwas Silbernes blitzte gefährlich nahe an ihrem Gesicht auf. Für einen Moment gab sie ihren Widerstand auf - gerade lange genug, um ihn stutzig zu machen -, dann wand sie sich heftig, rammte ihm ihr Knie in den Schritt und stieß ihm ihre Daumen in die Augen. Im Stillen dankte sie Jon Stanton aus Kansas, der ihr die »zehn schmutzigen Tricks« beigebracht hatte, als sie in der Highschool miteinander gingen.
»Du Miststück!« Während er sich noch vor Schmerz krümmte, bearbeitete Chloe ihn mit den Fäusten und versuchte, sich von seinem Gewicht zu befreien und wegzurobben.
Er packte ihren Knöchel. Chloe schnappte sich, ohne auf ihre Schnittwunden zu achten, eine große Scherbe und drehte sich fauchend wie eine Katze zu
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