Der dunkle Kreuzzug
Dokument.
»Der Imperator scheint an mir persönlich interessiert zu sein. Irgendeine Ahnung, aus welchem Grund, Hüterin Wynn?«
»Ihre Verbindung zu Garrett«, spie sie regelrecht aus. »All seine ehemaligen Kollegen werden in Haft genommen.«
»Der Prophet also auch?«
»Nein, nicht der Prophet . Natürlich nicht. Es geht nur um Garretts unloyale Verbündete.«
»Und das tun Sie mit vorgehaltener Waffe?«, gab Rafe zurück. »Wie nett. Dachten Sie, ich würde Widerstand leisten?«
»Ich hatte darauf gehofft.«
»Tut mir leid, wenn ich Sie enttäuschen muss. Meinen Sie nicht, dass Owen etwas gegen dieses kleine Drama einzuwenden haben könnte?«
»Garrett hat die Bewegung verlassen, so wie er vor zwanzig Jahren die Hüter verließ. Er kann Sie nicht mehr schützen, Rodriguez«, sagte die Frau.
»Ich wusste gar nicht, dass er mich beschützt hat … aber vermutlich vor Idioten wie Ihnen.«
»Ich halte immer noch die Waffe auf Sie gerichtet, Rodriguez. Vielleicht sollten Sie sich besser überlegen, was Sie sagen.«
»Verschonen Sie mich mit Ihrem Gefasel, Wynn. Wenn Sie mich erschießen wollen, dann machen Sie es endlich. Aber ich glaube, das sollen Sie gar nicht, oder? Sonst würden wir uns jetzt längst nicht mehr unterhalten, wie?«
»Sie sind ziemlich frech, Rodriguez.«
»Sie reden mich gar nicht mehr mit ›Captain‹ an, wie mir auffällt. Also was jetzt? Stecken Sie mich in die Arrestzelle oder erschießen Sie mich? Wenn nicht, wartet nämlich noch genug Arbeit auf mich.«
Die Hüterin war sich nicht sicher, wie sie reagieren sollte. Rodriguez, der für seine Temperamentsausbrüche bekannt war, tat das Ganze wie einen gewöhnlichen bürokratischen Vorgang ab.
»Von jetzt bis zum Andocken wird ein Hüter vor Ihrem Quartier postiert«, sagte Wynn schließlich. »Sie sollten besser nicht versuchen, einen Ausflug zu machen.«
»Dann ist das also immer noch mein Quartier?«
»Für den Augenblick, ja.«
»Gut, dann sehen Sie zu, dass Sie hier rauskommen«, zischte er die Hüterin an und warf ihr einen Blick zu, der eine Warnung war, besser nichts zu erwidern.
Wynn steckte die Pistole weg, sah noch einmal wütend Rodriguez an und ging dann nach draußen. Hinter ihr glitt die Tür zu.
Rafe widmete sich nicht sofort wieder dem Frachtverzeichnis. Er musste davon ausgehen, dass er beobachtet wurde, und er weigerte sich, irgendwelche Gefühle erkennen zu lassen. Innerlich kochte er vor Wut, empfand aber auch gehörige Angst. Seit wann nahmen die Hüter im Namen des Imperators Verhaftungen vor? Wenn Owens alte Freunde festgenommen wurden, dann mussten Owen selbst und Djiwara doch ganz oben auf der Liste stehen. Wie praktisch, dass die beiden an Bord der Hellespont waren.
Was hatte das alles zu bedeuten? Und was hatte Owen getan, dass man so reagierte? Er wusste, Djiwara hatte ihm geraten, die Organisation zu verlassen, aber genügte das, um ihn als unloyal abzustempeln?
In einem Punkt hatte Wynn sogar recht: Rafes eigene Position in der Bewegung beruhte auf seiner langjährigen Verbindung zu Owen Garrett. Wenn sich der Prophet gegen Owen gestellt hatte, dann sah es für Rafe selbst nicht gut aus.
Der Computer lag nach wie vor auf seinem Tisch und projizierte den Haftbefehl. Rafe sah ihn sich genauer an: Das Dokument wies das Sicherheitssymbol des Sol-Imperators und das Emblem des Flammenden Sterns auf.
Und nun?, überlegte er. Was soll ich jetzt bloß machen?
An Bord der Epaminondas Auf dem Weg ins Upendra-System
Für den Sprung nach UPENDRA begab sich der Prophet an Bord der Epaminondas , die Owen zur Konferenz nach Nestor gebracht hatte.
Er war schon zuvor mit diesem Schiff unterwegs gewesen; es hatte ihn zu allen imperialen Zielen von ARIEL bis JANISSARY gebracht.
In der Flotte herrschte die Ansicht vor, er sei an Bord dieses Schiffes unterwegs, um seinen Freund und Lehrer Owen Garrett zu ehren, der seit einer Weile dem Machtzentrum ferngeblieben war. Für das Personal des Flammenden Sterns bedeutete es, dass es zu einer Umverteilung der Macht kommen würde. Seit gut einem Jahr wetteiferten diejenigen miteinander, die der Führungsspitze der Bewegung am nächsten standen, weil jeder von ihnen den Zielen und Wünschen des Propheten so nah wie möglich sein wollte und gleichzeitig versuchte, die Konkurrenz schlechtzureden. Garrett und dessen Anhänger waren bei dem Ganzen mehr oder weniger unbeteiligte Zuschauer, doch diese Geste schien zu bedeuten, dass sich das bald ändern
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