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Der dunkle Kreuzzug

Der dunkle Kreuzzug

Titel: Der dunkle Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Hunt
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das schon einige Male erlebt, doch er fragte sich, welchem Zweck es dienen sollte, wenn es keine Zuschauer gab.
    »Das bestreite ich auch gar nicht.«
    »Aber es ärgert Sie, nicht wahr? Dass ich geschafft habe, was Ihnen nie möglich war. Dass ich die Auslöschung des ärgsten Feindes der Menschheit geleitet habe, während Ihnen nur eine
unbedeutende Rolle zukam. Sie wollten da sein, wo ich war. Sie wollten sein, wer ich war. Ist es nicht so?«
    »Ich …«
    »Ist es nicht so?«, wiederholte der Prophet, der sich in Rage geredet hatte. »Sagen Sie es, Owen. Sagen Sie mir, dass Sie wünschten, Sie könnten meinen Platz einnehmen.«
    »Nein.«
    Der Prophet hatte sich offenbar schon eine Erwiderung zurechtgelegt, aber die passte nicht zu Owens Antwort. Er schwieg kurz, dann fragte er leiser: »Was haben Sie gesagt?«
    »Nein«, sagte Owen. »Nein, ich will nicht Ihren Platz einnehmen. Ich höre auf, John. Ich habe genug von der Bewegung. Ich will Sie nicht ersetzen, und ich will Ihnen nicht weiter dienen. Ich weiß nicht mal, ob ich Sie überhaupt noch verstehe.«
    »Sie wollen den Flammenden Stern verlassen?«
    »Ja, richtig.«
    »So wie Sie die Hüter verlassen haben.«
    »Ja, richtig«, bekräftigte Owen. »Sie wollen mich herabsetzen? Mich demütigen? Bitte, nur zu. Ich denke, es trifft den Kern, wenn ich sage, dass Sie mich nicht mehr brauchen, und ich bin bereit und willens, dem zuzustimmen.«
    »Ich werde es nicht gestatten.«
    »Gestatten? Ich stelle Sie gar nicht erst vor die Wahl.«
    »Nein«, widersprach der Prophet. »Ich stelle Sie nicht vor die Wahl.« Die Wut schien von ihm zu weichen. Er machte eine Geste hin zu einem der Raumschiffmodelle, das sich daraufhin auf eine verstörende, nicht-geometrische Weise von innen nach außen stülpte.
    Auf der anderen Seite des Raums, ein paar Meter hinter Owens Position, tauchten sechs Farbbänder auf, die so grell waren, dass man sie nicht direkt ansehen konnte. Sie warfen sechs eigenartige Schatten von Owens Körper an die gegenüberliegende Wand.
    Owen sprang auf, brachte aber keinen Ton heraus, während er die Zusammenhänge zu begreifen begann.

    »Sie haben das nie in Erwägung gezogen«, sagte der Prophet ruhig. Die Lichter strahlten sein Gesicht an. »Ihnen ist nie in den Sinn gekommen, wieso ich genau zum richtigen Zeitpunkt im Harrison-System war, als Sie sich auch dort aufhielten. Owen, es gibt keine Zufälle. Unsere Begegnung hatte zu keinem Zeitpunkt irgendetwas Zufälliges an sich.«
    Owen sah vom Propheten zu den Farben und wich einen Schritt vor seinem früheren Freund zurück.
    »Ich habe nur noch eines zu Ihnen zu sagen, Owen. Es tut mir leid, aber es kann nicht länger warten. Stirb!«, rief der Prophet und streckte seine Hände nach vorn.
    Owen spürte, wie eine Energiewelle auf seinen Verstand einstürmte. Es war wie bei den Angriffen auf KEYSTONE und alle anderen Ziele. Aus diesem geringen Abstand und ohne entsprechende Abwehr, die er in der Eile gar nicht erst zum Einsatz bringen konnte, traf ihn die Attacke mit ungeheurer Gewalt.
    »Warum?«, fragte Owen mit dem letzten Atem, den er noch aus seinem Körper pressen konnte. Doch die Antwort kannte er längst. Er wusste, warum man ihn jetzt beseitigte.
    Sie hatten vor Jahren entschieden, dass er verschont wurde; sie hatten seine Begegnung mit dem Propheten arrangiert; und nun hatten sie ihre Finger im Spiel, um ihn endgültig aus dem Weg zu räumen.
    Er kippte nach hinten, vor seinen Augen wurde es dunkler. Mit einer Hand fasste er sich an den Kopf, die andere war nach hinten ausgestreckt und berührte den Rand des roten Lichtbands. Wut erfüllte ihn in diesen letzten Sekunden – in denen er nur noch das heftige, stolze Lächeln des Propheten sah, der dreinblickte, als habe er irgendetwas Wunderbares vollbracht.
     
    Owen fühlte, wie er über die farbigen Lichtbänder gezogen wurde, nicht mehr lebendig, aber irgendwie auch nicht tot. Er verstand nicht, wie er das überhaupt wahrnehmen konnte, hatte doch die mentale Attacke des Propheten ihn getötet. Immerhin konnte er
noch schwach seinen Leichnam erkennen, der auf dem Deck der Epaminondas lag und neben dem der Prophet stand.
    Er hörte das Flüstern der Farben, als er auf dem Pfad entlanggezogen wurde, zu allen Seiten umgeben von anGa’e’ren . Er klammerte sich an dem Lichtband fest, ohne zu wissen, wohin es ihn führte.
    So wie immer, dachte er. So wie in deinem ganzen verdammten Leben – niemals eine Ahnung, wohin sie dich als Nächstes

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