Der dunkle Kreuzzug
Fettsack.«
Fettsack?, dachte er. Okay, das habe ich verdient. »Wir haben beide unsere Verantwortlichkeiten, aber vergessen Sie nicht, ich kenne Ihren Namen. Ich glaube kaum, dass er ihn kennt. Und er unterhält sich mit mir . Merken Sie sich das lieber gut.«
Seine Bemerkung schien sie ein wenig getroffen zu haben.
»Ich will Ihnen nicht im Weg stehen, Wynn, Ihrer Pflicht nachzukommen. Was hier passiert, ist wohl ein notwendiges Übel, aber ich muss es nicht billigen – und das tue ich auch nicht. Trotzdem steht Rodriguez so loyal zur Bewegung wie ich, und ich erwarte, dass man ihn am Leben lässt, damit er es beweisen kann. Ich zähle auf Sie, dass Sie dafür sorgen.« Djiwara lächelte sie an. »Keine Sorge, Hüterin. Wir werden uns wiedersehen.«
Dann wandte er sich um und ging fort.
Die Ebene des Schlafs
Owen hatte nie so recht an ein Leben nach dem Tod glauben können. Die Ereignisse zu Beginn des Kriegs gegen die Vuhl hatten ihn davon überzeugt, dass es kein Jenseits gab. Auch alles religiöse Gehabe der Zor konnte daran nichts ändern.
Das Letzte, woran er sich erinnerte, war der Moment, in dem er sich aus eigenem Antrieb von dem Regenbogenpfad löste und in die Dunkelheit trieb. Doch da sein Bewusstsein weiterhin existierte, erkannte er, dass irgendetwas ihn in diesem Zustand hielt. Aber da war kein Tunnel, kein helles Licht, nur Wind, der Staub mit sich trug.
Er öffnete die Augen und blickte über die Brustwehr des Sanktuariums, doch dahinter befanden sich nicht die Ebene von Kyu’se’an und in der Ferne der Grat von Shar’tu, sondern eine pechschwarze Finsternis, die schroffe Gipfel umgab.
»Nein«, sagte er vor sich hin. »Verdammt, nein! Keine Tricks mehr! Wenn ich tot bin, dann lasst mich tot sein.«
Die Worte hallten nach. Er schaute sich um und bemerkte erstmals vier große Zor-Statuen, die in regelmäßigen Abständen auf der Brustwehr standen. Wie es aussah, waren sie ebenfalls auf ihn aufmerksam geworden.
»Wer ist da?«, fragte einer von ihnen.
Owen konnte ihn als den Anführer der vier identifizieren. »Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?«
» Ich werde fragen«, gab die Statue zurück. » Sie werden antworten.« Das Ding benutzte die Hochsprache, mit der Owen nur in groben Zügen vertraut war, die er jetzt aber klar und deutlich verstand.
Ich bin tot, dachte er. Deshalb verstehe ich sie jetzt.
»Ich … ich bin eine wandernde Seele«, rief er zurück.
»Sie sind nicht vom Volk.«
»Da haben Sie verdammt recht«, sagte Owen und ballte die Fäuste. »Deshalb weiß ich auch nicht, warum ich hier bin. Wenn Sie
nichts dagegen haben, werde ich jetzt gehen.« Mit diesen Worten wandte er den Statuen den Rücken zu.
»Sie haben keine Erlaubnis erhalten zu gehen«, sagte die Statue. »Sie werden so lange bleiben, bis unsere Fragen beantwortet sind.«
»Und wenn ich trotzdem gehe? Was machen Sie dann? Mich töten? Sorry, Kumpel, aber da sind Sie zu spät dran. Da war jemand schneller als Sie.«
Wieder wandte er sich von den Statuen ab. So schnell, dass seine Augen es kaum erfassen konnten, standen plötzlich zwei von ihnen vor ihm und versperrten ihm den Weg. Ihre chya’i hatten sie gezogen, und auch wenn die aus Stein waren, wirkten sie genauso tödlich wie die echten Klingen. Unschlüssig, wie er sich verhalten sollte, hielt Owen inne.
»Ich war mir sowieso nicht darüber im Klaren, wohin ich gehen soll. Also schön, was wollen Sie wissen?«
»Warum sind Sie hergekommen?«
»Das sagte ich bereits: Ich habe keine Ahnung. Ich wurde … ich wurde verraten. Von einem Freund. Von jemandem, den ich für einen Freund hielt. Von jemandem, den ich unterrichtet hatte.« Owen blickte zwischen den beiden Statuen vor ihm hindurch, dorthin, wo die unförmigen Felsen aufragten.
Plötzlich sah er eine Bewegung zwischen diesen Felsen: drei Personen, die sich dem Gebiet näherten. Zwei davon waren eindeutig Zor, doch die dritte war ein Mensch.
Ein Mensch, den er kannte!
»Jackie!«, rief er. » se Gyaryu’har! Ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.«
Jackie Laperriere trat vor, das gyaryu vor sich ausgestreckt. Die beiden Statuen vor Owen drehten sich in ihre Richtung, ihre Flügel brachten sie mit einer fließenden Bewegung in die Haltung des Respekts vor dem Hohen Nest. Hinter ihr konnte er Byar HeShri und eine Zor erkennen, die sehr nach dem Hohen Lord aussah.
» hi Sa’a?«
»Es ist mir eine Ehre«, sagte der Hohe Lord und hob die Flügel in die Pose der Höflichen Annäherung. »
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