Der dunkle Kreuzzug
schickte. Er ist jetzt älter … acht bis zehn Jahre älter, würde ich sagen.«
»John Smith wäre jetzt fünfundzwanzig. Dieses Holo entstand, als er verpflichtet wurde.«
»Und jetzt spielt er ein Spiel mit der Imperialen Navy – und mit Owen Garrett. Und wir sind die Einzigen, die seine Identität kennen.«
»Das Hohe Nest vermutet irgendetwas, Maestro. Es war deren Anfrage, die diese Verbindung überhaupt erst ans Tageslicht brachte.«
St. Giles blinzelte, um den Text zu lesen, dann ließ er ihn mit einer knappen Geste vergrößern. »Was wissen wir denn sonst noch über ihn? Rekrutiert mit fünfzehn Jahren, diente achtzehn Monate bei der Marines. Sechs Monate lang war er ein Hüter, ausgebildet wurde er bei Rydell. Seine Resultate waren überdurchschnittlich, aber ansonsten gibt es nichts, was ihn von anderen Hütern unterscheidet. Was hat Owen in ihm gesehen?«
»Die Antwort auf Ihre Frage würde sicherlich dieses Rätsel lösen«, entgegnete Nic. »Aber ich vermute, keine von beiden Seiten wird bereit sein, darüber mit Ihnen zu reden.«
»Jedenfalls nicht Owen«, antwortete St. Giles. »Aber John Smith … wer weiß?«
»Maestro?«
»Ich überlege, ob es wohl möglich ist, mit ihm Kontakt aufzunehmen.
« Er zeigte auf Smiths Holo in der Personalakte. »Wenn wir ihn irgendwie von Commander Garrett trennen könnten …«
»Zu welchem Zweck?«
»Alles deutet darauf hin, dass Smiths Gruppe – Owens Gruppe – irgendeine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, mit der der Feind bekämpft werden kann. Wenn wir diese Kraft für den Orden bändigen könnten, wären wir in der Lage, direkte Kontrolle über die Kriegführung zu gewinnen. Wir würden zweifellos mehr Interesse daran zeigen, als es der Imperator in jüngster Zeit tut.«
Nic zog eine Augenbraue hoch. »Sie wollen die Autorität Ihres Fürsten unterhöhlen, Maestro. Wenn Ihnen gelingt, was Sie beabsichtigen, werden Sie ihm dienen, während Sie ihm gleichzeitig Hörner aufsetzen. Wenn nicht …«
»Dann kann ich mein Testament machen, ich weiß. Es ist riskant, aber …« Er ging zum nach Osten blickenden Fenster, von wo aus er Punchbowl und Diamond Head und die Arkologien sehen konnte, die von Hanauma Bay bis nach Waimea im Norden reichten. Dort regnete es, während hier auf dem Pali die Sonne schien.
»Es macht mich so wütend , Nic. Wir warten seit fünfundzwanzig Jahren auf eine Chance, um die Vuhl zu schlagen – und nun sieht es so aus, als ob sich unsere Waffe, mit der wir das erreichen könnten, in den Händen von Owen Garrett befindet. Verdammt noch mal, er weiß doch gar nicht, was er damit anfangen soll!«
»So ist es«, meinte Nic und sah von Owen Garretts Bild zu St. Giles, der als Silhouette vor dem Fenster stand. »Sie können mit Sicherheit davon ausgehen, dass Commander Garrett die Kontrolle über diese Waffe so schnell nicht abgeben wird. Womit bestätigt wird, was ich bereits gesagt hatte: Owen Garrett ist tatsächlich Ihr Feind, und als solcher muss er auch behandelt werden. Owen Garrett muss eliminiert werden, Maestro.«
»Warum müssen wir ihn gleich töten? Gibt es nichts anderes, was wir unternehmen können? Eine Inhaftierung beispielsweise?«
»Wir könnten vieles unternehmen«, antwortete Nic. »Aber ich
glaube, letzten Endes werden wir doch immer wieder bei dieser einen Lösung ankommen. Solange Sie ihn leben lassen, hat er auch Anhänger – und einen Plan, den er verfolgen kann. Indem Sie diesen Schritt unternehmen, lösen Sie das Problem ein für alle Mal.«
»Und was schlägst du vor, wie er eliminiert werden sollte?« St. Giles dachte selbst über diese Frage nach. Allein die Vorstellung, das zu tun – den Gründer und früheren Commander der Hüter aus dem Weg zu räumen, seinen früheren Freund zu töten …
»Ich empfehle den direktesten Weg«, erwiderte die KI. »Benutzen Sie die Waffe.«
»Ich soll John Smith benutzen?«
»Das erscheint mir als die logische Lösung.«
St. Giles blieb einen Moment lang mit dem Rücken zu seinem Büro stehen. Das Ganze erschien ihm so völlig absurd. Er sollte den Mann, der Admiral Erich Anderson verhöhnt hatte, benutzen, damit der … Owen Garrett tötete? Eine Leichtigkeit würde das ganz bestimmt nicht sein, denn Garrett war ein Kämpfertyp, und er würde sich nicht so schnell umbringen lassen.
Dass ein solcher Vorschlag von einer KI kam, war schon etwas ungewöhnlich. Er passte zwar zu Nics Persönlichkeit, aber die Art, wie er argumentierte, erschien ihm eine
Weitere Kostenlose Bücher