Der dunkle Kreuzzug
gewesen, Jackie. Für uns ist Oberon Kriegsgebiet. Und wie ich sagte, bist du meistens dorthin unterwegs, wo es Probleme gibt. Erzähl mir mehr.«
»Es gibt da jemanden, den ich sprechen muss.«
»Aha.« Er setzte sich an seinen Schreibtisch. »Irgendjemand, den ich kenne?«
»In gewisser Weise, ja.« Jackie verschränkte die Arme. »Ich muss herausfinden, ob ein alter Freund wieder sein Unwesen treibt.«
»Du meinst …«
»Ja. Ich glaube, er hat jemand anders in Position gebracht, und davon muss ich mich persönlich überzeugen.« Sie legte eine Hand auf das gyaryu .
»Und wir sollen dir helfen, dich an diese Person heranzuschleichen.«
»Ich schätze, so kann man es formulieren. Ich weiß nicht, wer sonst noch zuschaut, und es gibt auch keinen Grund, irgendeine Kom-Nachricht vorab hinzuschicken. Außerdem« – sie lächelte, während sie sich gegen den Schreibtisch lehnte – »kann ich so ein paar Standardtage mit Lauren und Hal und euch allen verbringen.«
»Wirst du für die Passage bezahlen, Jackie?«
»Natürlich. Das Hohe Nest bekommt alle möglichen Rechnungen präsentiert, bei denen niemand durchblickt.«
»Ich muss erst noch Ray fragen, aber der wird wohl sein Okay geben. Das wird dann wieder so wie früher sein … na ja, nicht ganz. Dan hat genug damit zu tun, Kinder in die Welt zu setzen. Sonja und Karla sind jetzt auf eigene Faust unterwegs … eigentlich ist gar nichts mehr so wie früher. Ganz zu schweigen von allen, die wir auf dem Weg hierher verloren haben.«
»Erinnere mich bloß nicht daran.« Jackie vermutete, dass er an Drew Sabah dachte, der während ihrer Zeit an Bord von Shrnu’u HeGa’u übernommen worden war. Sie selbst musste an Ch’k’te denken. »Wann wirst du es wissen?«
»Ob Ray einverstanden ist? Sobald ich es ihm sage, wird er einverstanden sein.« Pyotr grinste wild. »Bei deiner nächsten Wache hast du die Rechnung schon in der Tasche.«
Zwei Tage nach der Abreise von New Chicago bekam Jackie endlich eine Gelegenheit, sich mit ihrer Nichte und ihrem Neffen in der Messe zusammenzusetzen. Pyotr Ngo, Captain der Fair Damsel , kam zwischen zwei Schichten für eine schnelle Mahlzeit kurz zu ihnen. Die Zeit während des Sprungs wurde genutzt, um die Dinge zu erledigen, für die keine Zeit blieb, wenn man im Echtraum Flugmanöver erledigen musste: Bestandsaufnahmen, Reparaturen, Ausbildung und Training. Besonders für die jungen Mitglieder einer Handelscrew war das eine hektische Phase.
Hal war schon ein alter Hase, war er doch seit seinem fünfzehnten Lebensjahr auf der Damsel unterwegs. Für Lauren war es dagegen die erste längere Reise an Bord des Handelsschiffs.
Auf Jackie wirkten die beiden einander recht ebenbürtig.
»… dann war also der Dipper die ganze Zeit direkt über seinem Kopf?«, fragte Jackie.
»Ja, genau.« Lauren nahm sich noch eine Birne. »Und natürlich ließ der alles genau auf seinen …«
»Ich glaube, dieses Detail können wir auslassen«, unterbrach Hal seine Schwester.
»Aber das Beste kommt doch erst noch«, wandte Lauren ein und redete weiter. »Er hockte nämlich in giftigem Saraf, deshalb bekam er einen Ausschlag – überall an seinem …«
Hal räusperte sich laut genug, um Lauren zu übertönen, während Pyotr zu lachen begann, als er sich vorstellte, wo er den Ausschlag bekommen haben musste. Nach ein paar Sekunden konnte Hal nicht anders und stimmte in das Gelächter ein.
»So geht das schon den ganzen verdammten Flug über«, knurrte Pyotr, der noch nicht wieder ganz ernst geworden war.
»Warum kommst du nicht öfter mal zurück nach Dieron, Tante Jackie?«, wollte Lauren wissen.
Diesmal unterbrach Hal seine Schwester nicht, sondern sah sie nur an.
»Ich habe einen sehr vollen Terminplan«, sagte sie ausweichend. Natürlich war das nicht der wahre Grund. Nachdem sie Gyaryu’har geworden war, war sie auf ihre Heimatwelt zurückgekehrt, um ihren Vater zu besuchen und das Ganze zu begreifen. Während ihres Aufenthalts war sie von Shrnu’u HeGa’u in der Gestalt ihrer seit langem toten Mutter angegriffen worden. Jackies Cousine Kristen – die Mutter von Hal und Lauren – hatte ihr mit deutlichen Worten zu verstehen gegeben, dass es für sie auf dieser Welt und in dem Haus, in dem sie aufgewachsen war, keinen Platz mehr gab.
Pyotr war jetzt völlig ernst geworden.
Lauren erkannte, dass sie etwas Verkehrtes gesagt hatte, wusste aber nicht, weshalb. Sie begann, die Birne in Scheiben zu schneiden, ohne ihre
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