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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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dein Ziel nicht.«
    Amad zuckte mit den Schultern. »Ich sage, das Transportboot reicht.«
    » Du willst uns was erzählen?« Perem spuckte seinen Kautabak aus und verschränkte die Arme. »Kann mich nicht erinnern, dass du’n Fischer bist.«
    »Bin ich auch nicht. Genauso wenig wie ihr. Wir sind Jäger. Ich habe in meinem Leben schon mehr Raubtiere getötet, als ich zählen kann – so wie ihr auch. Und je schlauer die Beute, desto besser müssen wir sie kennen, um sie zu täuschen. Und alles, was wir dafür brauchen, habe ich hier.«
    Ich hatte erwartet, dass Amad es sich bei der Truppe spätestens jetzt verscherzt hatte, aber das letzte Gelächter verstummte, als Amad das Netzbündel von der Schulter wuchtete und auf dem Boden aufklappte. »Die beste Waffe – außer eurem Verstand und eurem Wissen natürlich.«
    Die trockene Haihaut wirkte in der Morgensonne steingrau und stumpf.
    Uma runzelte die Stirn. »Wo hast du die her? Gestohlen? Die Häute gehören der Stadt. Jeder Fischer muss sie abgeben, wenn er die Pauschale für seine erlegten Tiere bekommen will.«
    Amad hob die Haut auf. Metallschnallen klapperten. Jetzt sah man, dass das Fischleder zu einer Weste verarbeitet war. »Und warum müsst ihr sie abgeben? Weil die Stadt die Häute ans Militär verkauft. Weder Messer noch Geschosse können das Leder durchdringen. So eine Weste bringt einiges ein – weit mehr als das, was ihr pro Hai bekommt. Die Stadt macht damit einen guten Gewinn, aber den eigentlichen Preis zahlt ihr: Die Soldaten fremder Länder sind dank eurer Hilfe geschützt, während zwischen einem Haimaul und eurem Leben nur eure eigene Haut steht. Prämie und Stadtverordnung hin oder her, wäre es nicht besser, wenn ihr ein paar Häute selbst verwenden würdet? Was gegen Gewehrkugeln schützt, taugt auch als Schutz gegen Zähne.«
    Ein Zischen und Murmeln ging durch die Gruppe. Ich hielt die Luft an.
    Das war’s . Noch ein Wort und sie werfen ihn ins Meer. Niemand lässt sich gerne sagen, dass er sich ausbeuten lässt, selbst wenn es stimmt.
    Sogar Enou war nun gekränkt. »Wie wir fischen, ist immer noch unsere Sache«, knurrte er. »Wenn du meinst, ein paar Haihäute schützen euch so gut wie ein Dornenschiff: viel Spaß, Wüstenwurm!«
    »Wir müssen uns nicht gegen Bisse schützen. Weil sie uns nicht angreifen werden«, erwiderte Amad ruhig. »Hört zu!«
    Es war fast gespenstisch, wie leicht er sie gefangen nehmen konnte. Als wäre er plötzlich das Zentrum eines Kreises, wandten sich ihm nach und nach alle zu. Verschränkte Arme lösten sich, aufeinandergepresste Lippen verloren die Härte, Münder klappten verblüfft auf, protestierten aber nicht. Und sogar ich ertappte mich dabei, wie ich ihm fasziniert zuhörte, völlig gefangen von seiner Stimme und seinen Gesten, während mein Verstand mir sagte, dass diese verrückte Strategie unmöglich funktionieren konnte. Und doch – aus seinem Mund klang der Plan bestechend logisch. Als er geendet hatte, war die Stille zum Greifen dicht. Dann schüttelte Perem den Kopf. »Du bist verrückt.« Niemand wagte Perem zu widersprechen, aber Amads Worte hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Hände spielten nervös mit den Harpunen, schnelle Blicke wurden getauscht, und in den Augen hatte Amad Lichter entzündet – Sehnsucht, Abenteuerlust. Und die Frage: »Was wäre, wenn …?«
    Aber es war Juniper, die als Erste den Bann brach. Sie trat zu Amad und baute sich vor ihm auf. Vor ihm wirkte sie zierlich und zerbrechlich, aber ihre Augen funkelten wie poliertes Eisen. »Wie viel zahlst du für die Passage?«
    »Wie viel Geld bringt ein Eisenhai ein?«, erwiderte Amad. »So viel wie euer Verdienst von fünf Jahren? Oder zehn? Diese Beute ist so selten und Haut und Fleisch so kostbar, dass der Fänger den Preis festsetzen kann. Apotheker zahlen dafür ein Vermögen – und Stadtherren und Könige noch mehr.«
    Juniper lachte auf. »Jagst du Löwen auch mit Löwenhäuten?«
    Amad zuckte mit den Schultern. »Risiko«, antwortete er mit dieser hypnotischen Samtstimme, die alle in den Bann zog. »Du kannst alles verlieren – oder gewinnen. Deine Wahl.« Ich hatte eine Gänsehaut, aber plötzlich verspürte auch ich einen Anflug dieser flirrenden Sehnsucht nach Wagnis und neuen Horizonten. Menschenfänger , dachte ich halb fasziniert, halb beunruhigt.
    Perem zog seine Schwester am Arm zurück. »Bist du verrückt, darüber auch nur nachzudenken? Wir haben noch nie auf diese Weise gefischt. Warum sollten wir

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