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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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herankommen lässt, dass ihr euch in die Augen sehen könnt, dann nur, um dir das Genick zu brechen. Es sei denn, du lernst, schneller zu sein als sie.« Er senkte den Stock und stützte ihn neben sich auf. »Du hast dich wirklich dafür entschieden?«
    »Ja!«
    Er schien etwas sagen zu wollen, aber dann nickte er so resigniert, als würde er sich ergeben. »Also gut: Ich sorge dafür, dass wir über das Meer kommen, und du tust alles dafür, dich nicht umbringen zu lassen?«
    Ich schluckte. »Unter einer Bedingung. Keine Lügen mehr.«
    »Keine Lügen, kein Diebstahl.« Er streckte mir die Hand hin. »Gib mir den Ring zurück, Elster.«
    Ich biss mir ertappt auf die Unterlippe, aber dann holte ich den schwarzen Ring mit den silbernen Wellen hervor. Als ich ihn in seine Hand legte, berührten sich unsere Finger. Wir zögerten beide einen Augenblick zu lange und mein Herz schlug plötzlich bis zum Hals. »Wer ist sie?«, rutschte es mir heraus. »Das Mädchen, das du liebst, meine ich. Meine Schwester ist es ja nicht. Aber es gibt doch jemanden.« Ein Schatten fiel über sein Gesicht, er zog die Hand zurück und barg den Ring in seiner Faust. »Wie heißt sie?« Er schwieg und sah auf das Meer hinaus, als könnte er mir nicht länger in die Augen schauen.
    »Ydrinn«, sagte er schließlich mit belegter Stimme. Plötzlich war die Fremde nicht nur eine Ahnung, ein Verdacht, sie war fühlender, atmender Mensch. Eine Frau, die in Amads Armen lag, die er geküsst hatte. Ich wusste nicht, warum dieser Gedanke so schmerzte. Neidisch auf fremdes Glück, Canda?
    »Ist sie … eine Sklavin?«
    Sein Lächeln war traurig, wie erloschen. »Das ist sie. So sehr, dass sie sich selbst nicht mehr gehört.« Ich musste an das Mädchen unter Glas im Haus der Verwaisten denken. Ihr langes braunes Haar, das bis zum Boden fiel, der irrende, verzweifelte Blick.
    Ein Pfiff ließ uns beide zusammenzucken. Juniper war vom Boot gesprungen und kam auf uns zu.
    »Du bist in der Stadt? Na, die Überraschung hat sich deine Schwester ja lange aufgehoben!« Obwohl sie lachte, bemerkte ich sehr wohl den fragenden, leicht verärgerten Blick in meine Richtung.
    »Ich dachte, du wolltest Perlen in einer Fabrik zählen?«, wandte sie sich dann an Amad.
    »Dort wäre ich auch, wenn ich dir nicht immer noch einen Tanz schulden würde«, erwiderte Amad, aber diesmal bemerkte ich, dass sein Lächeln ihn Mühe kostete. Und vielleicht war es das, was mich endgültig für ihn einnahm: sein verwundetes Herz und die Angst um seine Geliebte, die ich so deutlich spürte wie meinen eigenen Schmerz.
    Juniper stutzte, dann lachte sie ihr raues Lachen und umarmte ihn. Und dann konnte ich wieder nur darüber staunen, wie leicht Amad Menschen für sich gewann. Innerhalb von Sekunden war er von den Fischern umringt, die ihn begrüßten wie einen lange vermissten Freund.
    »Deine Schwester hat schon erzählt, ihr sucht ein Schiff«, sagte Enou. »Muss ja ein wichtiger Freund sein.«
    Amad nickte. »Den Freund müssen wir finden, ein Schiff haben wir.«
    »Ach ja?« Uma riss die Augen auf. »Wer vermietet denn einer Landratte wie dir ein Schiff?«
    »Naja, Schiff ist übertrieben, aber immerhin ein großes Transportboot aus dem Perlhafen. Und es ist geliehen, nicht gemietet, es wird die nächsten zwei Wochen nicht gebraucht, und der Kerl, dem es gehört, pokert gerne. Er gibt es mir für eine Beteiligung an einem Gewinn, den ich noch verdienen muss.« Die Fischer starrten Amad an, als hätte er verkündet, dass er unter Wasser atmen konnte. Dann scheuchte brüllendes Gelächter die Möwen auf. »In einem Transporter wollt ihr auf die Straße aus Asche?«, spottete Perem.
    Amad ließ sich nicht beeindrucken. Er warf mir nur einen kurzen Blick zu und – zwinkerte mir zu.
    »Allerdings. Aber wir brauchen einen dritten Mann an Bord, der im Notfall einen Motor reparieren kann und schnell mit der Harpune ist. Ich bezahle gut dafür.«
    »Tote brauchen kein Geld«, sagte Uma spöttisch. »Abgesehen davon, dass ein Hungerleider wie du kein Geld hat: Die Strömung vor der nächsten Küste ist das Revier der Eisenhaie. Die Sorte kann man sich nur mit den großen Schiffen vom Leib halten und selbst das gelingt nicht immer. Sie sind Ungeheuer – und das Schlimmste ist: sie denken und sie zeigen dir nie eine verwundbare Stelle, der Himmel weiß, ob sie überhaupt eine haben. Und sie springen nur auf lebende Köder an, wenn du verstehst, was ich meine. Ohne Dornenschiff erreichst du

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