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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Röhren von Motoren vermischte sich mit den Möwenschreien.
    »Tut mir ja leid, dass dein Freund bei den Verbannten ist, aber wir können nichts für ihn tun«, sagte Perem. »Und wahrscheinlich hat er es sich ja auch selbst zuzuschreiben. Die Einzigen, die im Schädelhafen auf Schiffe gebracht werden, sind verurteilte Verbrecher und Spieler, die dumm genug waren, ihr Leben als Einsatz zu verpfänden.«
    »Er ist kein Verbrecher!«
    Juniper legte mir die Hand auf den Arm, aber Perem und die anderen schüttelten bereits die Köpfe.
    »Geh zurück zu deinem Bruder, sucht euch Arbeit im Hafen«, sagte nun auch Uma. »Was passiert ist, ist passiert. Die Trauer geht vorbei und das Leben geht weiter.« Sie schulterte ihre Harpune. Auf dieses Zeichen hin griffen die anderen ebenfalls zu ihrem Werkzeug und setzten sich in Bewegung. Ich konnte nichts mehr sagen, zu krampfhaft musste ich die Tränen der Enttäuschung unterdrücken.
    »Tut mir leid, kleine Schwester«, sagte Juniper bedauernd. »Ich würde dir so gerne helfen, das weißt du.«
    Ich schluckte schwer. »Ist schon gut. Lass deine Truppe nicht warten.«
    Als Perem Juniper ein ungeduldiges Zeichen zum Aufbruch gab, zuckte sie entschuldigend mit den Schultern und folgte den anderen. Die Truppe begann damit, Netze und Eimer mit blutigen Fischstücken im Fangboot zu verstauen. Als der Wind jäh drehte, roch es stechend nach Motoröl und Fisch.
    Ich suchte nach dem Rat von Bruder Wegesucher, aber meine Geschwister schwiegen, als hätte ich nur von ihnen geträumt. Das Meer schlug gegen Schiffsrümpfe und erinnerte mich daran, dass Tian und meine Schwester sich mit jeder Sekunde weiter von mir entfernten.
    »Kein Glück gehabt?«
    Ich fuhr herum. Jetzt war klar, warum meine Geschwister schwiegen. Amad stand zwischen den straff gespannten Metallseilen, an denen Haihäute trockneten. Ich hatte einen düsteren, zornigen Mann erwartet, der alles daransetzen würde, mich nach Ghan zurückzubringen. Aber er überraschte mich mit einem schiefen Lächeln. Und offenbar hatte auch er eine Entscheidung getroffen: Über der Schulter trug er ein prall gefülltes Netzbündel, in der Hand zwei Stöcke mit Metallspitzen.
    Nie hätte ich zugegeben, wie glücklich und erleichtert ich war, dass er hier war und dass er mich nicht hasste. Er ließ das Bündel zu Boden fallen und begrüßte die Graue. Auch heute berührte mich die Freundlichkeit in diesen Gesten.
    »Willst du mich im Netz in die Stadt zurückschleppen?«, fragte ich.
    Er grinste. »Würde ich, wenn es bei dir etwas bringen würde. Aber bevor du mir wieder wegläufst und dich umbringen lässt, begleite ich dich lieber. Du hast ja ohnehin den Schädel eines Steinbrechers und lässt dich nicht von deinem Weg abbringen. Aber wenn wir Tian einholen wollen, sollten wir uns beeilen.«
    »Das habe ich schon einmal gehört. Ist es auch diesmal ein Trick? Wie wir wissen, bist du ein besserer Lügner als ich.«
    Die Morgensonne ließ seine Augen leuchten. »Unterschätze nie den Wert eines Lügners, wenn du es mit Geistern zu tun hast. Sie sind Meister der Täuschung. Das weiß ja niemand besser als Canda Dreilicht.«
    Es war seltsam, dass sogar Gemeinheiten ein sicherer Halt sein konnten. »Lügen kann ich selbst. Und meine Lichter kennen den Weg. Also, warum sollte ich dich mitnehmen?«
    »Oh, die Prinzessin überlegt, ob sie mich mitnimmt? Gut, ich gebe dir ein paar Gründe: Erstens bist du zur Abwechslung mir etwas schuldig. Oder wie oft muss man einer Moreno das Leben retten, bevor sie Danke sagt? Zweitens habe ich immer noch ein Versprechen zu erfüllen. Ich muss dich lebendig zurückbringen, nicht das, was Haie von dir übrig lassen. Drittens habe ich ein Boot, im Gegensatz zu dir, im Grunde müsstest du mich also darum bitten, dass ich dich mitnehme …«
    »Du hast ein Boot? Woher?«
    »Aus dem Perlhafen. Und viertens … brauchst du mich.«
    Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach dieser Nacht jemals wieder lachen würde. »Arroganz ist wohl auch eine Gabe.«
    »Arrogant ist, wer seine Gegner unterschätzt.« Einer der zwei Stöcke wirbelte durch die Luft. Reflexartig fing ich ihn auf, geschickt, wie ich dachte, aber als Amad auf mich zuschnellte und ich seinen Schlag parieren wollte, entwaffnete er mich so beschämend schnell, dass ich empört aufschrie. Zu rühren wagte ich mich nicht, die Spitze seines Stocks wies auf meine Kehle. »Erste Lektion über deine Schwester«, sagte er ernst. »Wenn sie dich wirklich so nahe

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