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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Dolch und ihre Kleidung. Staub hing noch an der Klinge, sie musste es eben erst gefunden haben. Über ihr gähnte ein gezacktes Splitterloch in einem Gemälde aus farbigem Glas, das an ein riesiges rundes Kirchenfenster erinnerte. Der Wind spielte sein Klagelied auf den scharfen Glaskanten dieser Scherbenharfe. Zwischen den Zacken blühte ein noch zartheller Abendhimmel. Schwankend blieb ich stehen. Früher war das Bild eine perfekte Wüstenblume gewesen und gleichzeitig eine Schneeflocke. Sie überlagerten einander, verbanden sich zu einer neuen Struktur. Weiß wie Schnee und … morenoblau ! Meine Knie gaben nach, ich sank auf den Boden.
    »Kallas?« Ich hörte meine Stimme nicht, sie ging im Klagen des Windes unter, aber Kallas hob ruckartig den Kopf. Ihre Augen waren transparenter Smaragd, glänzend von Tränen. Selbst wenn ich noch gewollt hätte, ich konnte sie nicht mehr hassen. Stattdessen wallte ein tiefe Zärtlichkeit für sie auf. Auch wenn wir nicht mehr verbunden waren – in diesem Moment fühlte ich ihr Leid wie meines, ihre Einsamkeit und Verzweiflung. Und auch die Traurigkeit über all das, was ich nun wusste.
    Natürlich verzerrte sich ihr Gesicht bei meinem Anblick vor Hass. Sie sprang auf und packte das gebogene Schwert, beide Hände um den Griff gelegt. »Was?«, schrie sie. »Was willst du noch von mir?«
    Sie hatte sich aus dem Soldatenmantel geschält wie ein Falter aus dem Kokon. Jetzt war sie eine Kriegerin in der eng anliegenden Kleidung, die auch Meon trug. Ihr hüftlanges Haar flatterte im Eiswind. Sie kam auf mich zu, von Kopf bis Fuß eine Kriegerin. Oder eine Henkerin . Fast erwartete ich schon die Wächterschatten zu sehen, aber sie waren nicht hier. Und seltsamerweise hatte ich keine Angst. Nicht einmal dann, als die schwarze Klinge meine Kehle berührte. Auf eine verrückte Weise fühlte es sich sogar richtig an.
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich dachte immer, du seist ein Teil von mir, meine Gabe, meine Schönheit …«
    » Leid ?« Kallas spuckte ein bitteres Lachen aus. »Was weißt du schon davon! Und du wagst es immer noch, mich deine Gabe zu nennen?« Ihr Zorn war wie ein sirrender Schnitt. »Ich gehöre dir ebenso wenig wie das Lächeln einer Fremden! Mein Glanz ist ein Geschenk, für Sekunden oder für Tage, und niemals – niemals! – für einen Menschen allein. Ich habe Mädchen in der Jugend strahlen lassen, und alte Frauen, wenn ihre Gesichter weich und schön wurden vor Güte und Stärke. Ich bin das innere Leuchten der Frauen, wenn sie lieben oder in Leidenschaft glühen – für den Geliebten, für einen Sieg oder einen Augenblick, der ihnen alles bedeutet. Wenn sie tanzen und kämpfen und siegen. Es steht niemandem zu, diesen Glanz das ganze Leben lang zu tragen. Aber ich hätte bei dir bleiben müssen bis an das Ende deines Lebens. Betäubt wie ein Stück Vieh, aus meiner Wirklichkeit gerissen in ein Zwischenreich, das ihr als Kerker für uns erschaffen habt, gefangen in einem Traum, in dem ich mit deiner Stimme lachte und mit deinem Körper tanzte!« Ich zuckte zusammen, als die Klinge sich drehte und mein Kinn nach oben zwang. » Deine Gabe? Ihr seid Sklavenhalter, Lügner und Mörder!«
    Der Wind holte Atem und die Stille war wie eine Drohung. Die Klinge zitterte an meiner Kehle. Ich wagte nicht zu atmen. Vielleicht hätte ich die Waffe jetzt noch beiseiteschlagen können, aber ich war wie erstarrt unter dieser Schuld, so schwer wie Millionen Träume. Und so bizarr es für mich selbst klang – es wäre nicht richtig gewesen. Was auch geschehen würde, das hier betraf nicht mich allein, Canda Moreno. Es ging um viel mehr, um Generationen von Leid und Unterwerfung.
    »Ich wusste es nicht«, sagte ich leise. »Offiziell gab es euch nicht. Nur meine Amme hat mir erzählt, ich hätte Geistergeschwister, und sogar diese Geschichte galt als Aberglaube. Hätte ich es gewusst, dann …«
    »Du lügst!« Ihre Stimme gellte durch den Raum. »Und wenn ich mir eine Schwester aussuchen würde, dann ganz bestimmt nicht dich, Moreno-Brut.«
    »Kallas!« Meons Schritte waren lautlos wie Schnee, der auf den Boden fiel. Er sprang zwischen uns und legte die Hand auf die Klinge. »Sie umzubringen, ist nicht der Weg. Sie hat uns gehen lassen.«
    Wenn Kallas überrascht war, ihn zu sehen, verbarg sie es gut.
    »Bist du immer noch ein Schlafwandler unter ihrem Bann?«, fauchte sie. »Was glaubst du, warum sie so großzügig war? Damit sie über das Onyxwasser gehen kann! Und

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