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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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durch die Flammenwand und landeten hechelnd in unserem Bannkreis. Es stank nach versengtem Fell, aber die Tiere waren unverletzt. Meine Hündin war nicht dabei. Ich brach in Tränen aus. Ein kehliger Schrei ertönte von der anderen Seite der Flammenwand, und noch ein zweiter, tieferer. Oh Sterne am Himmel, wie viele von ihnen sind noch da? Amadar lud durch und schoss. Das Echo hallte in der Wüste, irgendwo in der Ferne stoben Vögel auf. Ich kauerte mich auf den Boden, zitternd, die Arme um die Knie geschlungen. Durch die Flammen hindurch schimmerten die Fratzen zweier Kreaturen. Sie kamen heran, wichen vor dem Feuer zurück, umrundeten es in größerer Entfernung. »Bleib in der Mitte«, flüsterte Amadar. »Kannst du schießen?«
    »Es gehört nicht …«
    »Jetzt sag nicht, das ist nicht deine Gabe! Du hast mit dem Stock gut getroffen, da wirst du es auch schaffen, aus der Nähe zu zielen.«
    Metall wurde in meine zitternden Hände geschoben. Ein Revolver.
    »Entsichern mit dem kleinen Hebel. Und halte sie mit beiden Händen fest, halte deine Arme gespannt, aber streck sie nicht ganz durch, wenn du schießt. Und schieße nur, wenn sie versuchen, das Feuer zu überwinden.« Er ließ sich hinter mir nieder, sodass wir Rücken an Rücken saßen, und obwohl mir bei der Berührung ein kalter Schauer über die Haut rieselte, war ich zum ersten Mal froh über seine Nähe.

Das grünliche Feuer brannte erstaunlich lange, ohne an Kraft zu verlieren. Der Wind war stärker geworden und ließ es tanzen und fauchen. Die Hunde, die anfangs hin und her gelaufen waren, standen still und hechelten. Die Kreaturen umrundeten den Bannkreis, aber sie blieben in sicherer Entfernung. Seit die Nacht angebrochen war, erinnerten die Ledergesichter hinter den züngelnden Flammen noch mehr an Totenschädel. Meine Hände waren fast schon gefühllos, so fest umklammerte ich die Waffe.
    »Wie lange wird das Feuer noch brennen?«, flüsterte ich.
    »Bis die Sonne ganz aufgegangen ist, hoffe ich«, gab Amadar zurück. »Dann werden sie sich zurückziehen. Licht verletzt ihre Haut. Schon das Feuer ist zu hell für sie. Wie konntest du nur dem Hund hinterherlaufen? Selbst wenn man kein Jäger ist, weiß man, dass eine Falle Gefahr bedeutet.«
    Leider hatte er recht. Eine Moreno denkt voraus? Nun, ich hatte Hund und Dolch verloren – und fast mein Leben. Verstohlen wischte ich mir über die Augen. Zum Glück sah Amadar nicht, dass ich immer noch heulte. Eine Moreno weint auch nicht um einen alten, nutzlosen Hund.
    »Deine Rettungsaktion hätte dich beinahe das Leben gekostet!«, murmelte Amadar.
    »Tja, dann treffe ich ja mindestens so kluge Entscheidungen wie du«, gab ich mit kläglichem Trotz zurück. »Wir gehen über das Gräberfeld, weil es angeblich so sicher ist? Und wenn du schon Tians Fährte findest – wieso fällt dir dann nicht auf, dass Kreaturen in der Nähe sind?«
    »Tja, Kreaturen sind wie die Wüste, sie riechen nach Stein und Sand, nicht einmal Hunde können sie wittern. Und diese Gegend meiden sie – aber offenbar wollte jemand, dass sie hier sind, und hat sie von fern angelockt. Jemand, der sich viel Mühe gegeben hat, Verfolger aus dem Weg zu räumen.«
    Immerhin zeigt das, dass Tian noch lebt! Warum sollten seine Entführer uns sonst abhängen wollen?
    »Was machen wir jetzt?«, brachte ich mit erstickter Stimme heraus.
    »Fürs Erste nicht einschlafen«, antwortete Amadar. »Wir wissen nicht, wie viele noch da draußen sind. Also warten wir ab, bis sie sich vor der Sonne verkriechen müssen.«
    Eine Kreatur wagte sich so nahe ans Feuer, dass ich ein Glimmen in den hohlen Augenhöhlen erkennen konnte. Sie starrte mich durch die Flammen an, Geifer tropfte von den Fängen. Noch nie war ich so angesehen worden. Beute. Muskeln, Knochenmark, Haut. Unwillkürlich drückte ich mich fester gegen Amadars Rücken. In meinen Händen zitterte die Waffe. Als ich sie hob und zielte, zog das Ungeheuer sich fauchend zurück.
    Meine erste ruhmreiche Nacht in der Wüste , dachte ich voller Bitterkeit. Meine Ahnen wären stolz auf mich. Es war weinerlich und unangemessen, aber noch nie hatte ich mich so nach einem weichen Bett und Seidenlaken gesehnt, nach den klimatisierten Räumen, die nach Rosen dufteten. Aber noch tausendmal mehr sehnte ich mich nach Geborgenheit, nach Vidas weichen Armem und sogar nach meiner Mutter, die mich wiegte und tröstete, so wie sie es einmal gemacht hatte, als ich noch sehr klein gewesen war und sie einige

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