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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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einen langen Hals und den steil abfallenden Rücken einer Hyäne. Die Beine waren kräftig und krallenbewehrt – und die Hinterläufe gebogen. Als es sich aus der geduckten Haltung des Schüttelns aufrichtete, stockte mir der Atem. Einhundertvierundsechzig Zentimeter Schultermaß, vielleicht sogar einhundertsechsundsechzig!
    Erst dachte ich, die Kreatur würde sich auf die Hündin stürzen, aber dann wandte sie den hässlichen Schädel – und entdeckte mich am Fuß des Geröllhaufens. Sie fauchte, vor Speichel schimmernde Häute dehnten sich zwischen den Kiefern. Vierundsiebzig Zähne , ratterte es in meinem Kopf. Sprungweite sechs Meter … Die Kreatur schnellte los. Es war der Moment, der mich endgültig aus der Zeit katapultierte. Vermutlich schrie ich, denn meine Kehle schmerzte, ganz von selbst schnellte mein Stock herum und krachte seitlich gegen den Schädel. Zähne klackten in der Luft zusammen. Ich rappelte mich auf und floh. Die Landschaft huschte an mir vorbei und trotzdem bewegte ich mich unendlich langsam. Aus dem Augenwinkel sah ich Amadar mit gezücktem Messer auf das Ungeheuer losstürzen. Sand regnete auf mich, dann traf mich ein Stoß von hinten, Stoff riss. Es ruckte, als mir der Schal vom Kopf gerissen wurde. Der Himmel trudelte über mir, als ich mich überschlug und im Sand landete. Amadar war neben mir, in der Dämmerung wirkten er und die Kreatur wie Schattenrisse. Amadar bewegte sich blitzschnell und geschmeidig, zwei Raubtiere, die sich umkreisten, bis die Kreatur zustieß. Ein Sprung und er wich der Bestie aus, das gebogene Messer sirrte durch die Luft und verbiss sich in lederne Haut. Ein Fauchen ging mir durch Mark und Bein und vermischte sich mit dem panischen Jaulen der Hündin. Amadar sprang geschmeidig zurück und entging einer schlagenden Klaue, an der mein Schal wie ein zerfetztes Banner flatterte. Das Wesen warf sich herum. Es duckte sich – und sprang im selben Augenblick, als ein Schuss mein Gehör völlig auslöschte und nur noch ein schrilles Summen in meinem Kopf zurückließ. Wie in einem Stummfilm sah ich, wie sich die Kreatur in der Luft überschlug. Sie starb noch im Sprung, fiel schlenkernd wie eine Lumpenpuppe und schlitterte in einer Sandwolke genau auf mich zu. Ein Arm legte sich um meine Taille und riss mich zur Seite, bevor der Kadaver mich unter sich begraben konnte. Schlagartig waren meine Sinne wieder da und die Zeit begann zu rasen. Meine arme Hündin winselte und zappelte in rasender Angst – und wenige Meter hinter ihr sah ich ein zweites Ledergesicht mit gebleckten Zähnen auftauchen. Die Vernunft befahl mir, den Hund zu opfern und zu fliehen, so schnell ich konnte, und zu hoffen, dass die Kreatur lange genug mit dieser Beute beschäftigt sein würde. Aber mein Herz war anderer Meinung. Ich wand mich aus Amadars Griff und riss den schwarzen Dolch aus der Scheide.
    Vor der Bestie erreichte ich den Dornstrauch, durchtrennte das Seil. Schwer sackte die Hündin in meine Arme. Ich drückte den mageren Körper schützend an mich und schlitterte hangabwärts. Ein Luftzug streifte meine Schläfe, dann holte mich ein Ruck am Kopf von den Beinen. Der Hund glitt mir aus den Armen und überschlug sich. Das war’s , kreischte es in meinem Kopf. Das Biest hat dich an den Haaren gepackt.
    Ein zweiter Schuss zerriss die Luft. Klebriges schwarzes Blut malte eine Fontäne in die Luft. Ein fauchender, schrecklich menschlicher Schmerzensschrei erklang. Meine Kopfhaut brannte so mörderisch, dass vor meinen Augen Lichtblitze tanzten. Aber wieder reagierte mein Körper von selbst, der Dolch fand meinen Zopf, durchtrennte ihn, bevor die angeschossene Kreatur mich mit ihrem letzten Prankenschlag erreichen konnte. Amadars Hunde sprangen über mich hinweg, verbissen sich in die Kreatur und brachten sie endgültig zu Fall. Amadar landete neben mir, packte meine Hand, und ich ließ mich auf die Beine ziehen, rannte, so schnell ich konnte. Er sprintete in Richtung eines flachen Plateaus, einunddreißig Schritte hinter dem Baum. Hinter mir hörte ich Knurren und Jaulen, Schaben und Steinschlag, aber ich wagte mich nicht umzuschauen. Amadar ließ mich los, riss sich das Gepäck vom Rücken, fischte blitzschnell eine Metallflasche heraus und riss den Korken mit den Zähnen heraus. Harzig riechende Flüssigkeit ergoss sich auf den Stein, Amadar zog einen Kreis um uns, dann schnippte ein Funke auf und Flammen loderten um uns hoch. Amadar pfiff – Sekunden später sprangen vier Hunde

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