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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Cutler. Vielleicht haben Sie ihr auch gesagt, daß Sie in Scheidung lebten und mit der Übergabe der Klageschrift rechneten. Ich nehme jedoch eher an, daß Sie ihr überhaupt nichts gesagt haben.
    Na schön, die Falle war gestellt, und Ihr Mann ging Ihnen prompt auf den Leim. Er wandte sich an seinen Anwalt und erklärte ihm die Sachlage. Der Anwalt riet ihm, die Scheidungsklage einzureichen und sich fürs erste mit einer verhältnismäßig harmlosen Begründung zu begnügen. Böswilliges Verlassen oder so was, gerade genug, um den Richter zu überzeugen und Cutler die Zahlung einer Abfindung zu ersparen. Sollten Sie sich jedoch auf die Hinterbeine stellen, dann würde man die Klage einfach erweitern, die Belastungszeugen aufmarschieren lassen und Ihre schmutzige Wäsche an die Öffentlichkeit zerren — ein uralter Trick, der fast immer funktioniert. Denn kein Mensch hat Lust, sich mehr zu blamieren als unbedingt nötig. Na egal, der Anwalt macht sich jedenfalls an die Arbeit und knobelt eine relativ stubenreine Klageschrift aus. Gleichzeitig gibt er Ihnen durch die Blume zu verstehen, was Ihnen blüht, wenn Sie sich gegen die Absichten Ihres Mannes auflehnen.«
    Die bloße Erwähnung dieses juristischen Kniffs versetzte Edna in Rage. Ihre Augen funkelten zornig. »Und Sie finden das fair?«
    »Keine Spur. Es ist eine Gemeinheit. Aber der Trick ist gang und gäbe. Eine Menge Scheidungen werden auf diese Art gedeichselt.«
    »Man lernt eben nie aus. Man hat mich einfach mundtot gemacht -und mir die Möglichkeit genommen, um mein Recht zu kämpfen.«
    »Keinesfalls hätten Sie sich einschüchtern lassen dürfen. Sie hätten gegen die Klage Einspruch erheben müssen.«
    Sie lachte erbittert auf. »Aber wie? Das sagt sich so leicht. Man hatte mich doch verleumdet.«
    »Tja, ich weiß. Aber wir wollen diesen Punkt vorläufig zurückstellen und uns zunächst mit den nachfolgenden Ereignissen beschäftigen. Der Anwalt schickt die Vorladung sowie eine Abschrift der Scheidungsklage nach New Orleans an unseren Freund Goldring. Goldring macht sich auf die Socken, begibt sich ins französische Viertel, poltert die Treppe hinauf, klopft an die Tür, nimmt Roberta unter die Lupe, vergleicht sie in Gedanken mit der Personenbeschreibung, die er bekommen hat, und erklärt im Brustton der Überzeugung: >Sie sind Edna Cutler<. Daraufhin überreicht er ihr die Scheidungspapiere und geht wieder. Seinen Auftraggebern teilt er umgehend mit, daß er die Beklagte in New Orleans in der St. Peter Street aufgesucht und ihr am Soundsovielten die Scheidungspapiere ausgehändigt hat. Dabei waren Sie selbst ganz woanders und lachten sich ins Fäustchen.«
    »Bei Ihnen klingt das wie ein Komplott. In Wirklichkeit habe ich erst vor ganz kurzer Zeit überhaupt etwas von der Scheidung erfahren.«
    Ich sah Roberta an. »Sie kannten ihre Adresse nicht und konnten ihr deshalb die Scheidungspapiere nicht zustellen, wie?«
    Roberta nickte.
    »Das war sehr, sehr schlau. Damit wurde eine nahezu hoffnungslose Niederlage in einen hundertprozentigen Sieg verwandelt. Die Scheidung ging ohne Pannen über die Bühne, und Marco Cutler triumphierte. Er hielt sich für rechtskräftig geschieden, und sobald er das vorläufige Urteil in der Tasche hatte, fuhr er nach Mexiko und heiratete wieder. Sie warteten inzwischen geduldig auf Ihre Chance. Ihr Mann war ohnehin geliefert, und Sie wollten nicht in den Verdacht der bewußten Irreführung geraten. Gut. Dann fand sich eines Tages der harmlose Vorwand, nach dem Sie so lange gesucht hatten. Einer Ihrer Freunde reiste nach New Orleans, und Sie gaben ihm einen Einführungsbrief an Roberta mit. Auf diese Art erfuhr Roberta Ihren derzeitigen Aufenthaltsort. Sie teilte Ihnen umgehend mit, daß sie in Ihrem Namen wichtige Papiere entgegengenommen habe und sich dem Überbringer gegenüber verabredungsgemäß als Edna Cutler ausgegeben hätte. Sie ließen sich die Papiere sofort schicken, und konnten nun beschwören, daß Sie von der Scheidungsklage keine Ahnung gehabt hatten. Sie hatten für Ihre Behauptung, daß Sie sich bis zu diesem schicksalsträchtigen Augenblick für die rechtmäßige Ehefrau Ihres Gatten gehalten hatten, sogar eine Zeugin, nämlich Roberta Fenn.
    Sie schrieben Ihrem Mann einen empörten Brief, was ihm eigentlich einfiele, Sie so schmachvoll zu behandeln; Sie hätten sich zwar im beiderseitigen Einverständnis getrennt, aber er wüßte ganz gut, daß Sie einer Scheidung niemals zugestimmt hätten; im

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