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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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schnell, schnell! - und werfen Sie alle Zigarettenstummel zum Fenster ‘raus. Tun Sie so, als hätten Sie gerade den Morgenrock übergezogen, wenn Sie die Tür aufmachen.«
    Edna tastete stumm nach dem Knopf für den Summer.
    »Ja, aber ...? Wer ist denn unten?« wollte Roberta wissen.
    Edna wandte ihr das vor Schreck verzerrte Gesicht zu. Sie bewegte die zitternden Lippen, brachte jedoch keinen Ton hervor.
    »Die Polizei, wer sonst«, antwortete ich, packte Roberta am Arm und sauste mit ihr auf den Korridor hinaus.

16

    Etwa sieben Meter von Ednas Wohnungstür entfernt machte der Korridor eine Biegung. Ich zerrte Roberta hinter mir her um die Ecke.
    »Aber was ...?« rief sie erregt. »Warum ...?«
    »Still«, flüsterte ich. Von der Treppe her waren Schritte zu hören. »Wenn’s nur einer ist, warten wir hier. Sind’s zwei, dann hauen wir ab.«
    Es waren zwei Männer. Ihre Schritte dröhnten durch den Korridor und machten vor Ednas Wohnung halt. Verstohlen blickte ich um die Ecke und sah zwei breite Rücken und einen Schimmer von Ednas bleichem Gesicht. Dann drängten sich die beiden Hünen in die Wohnung, und die Tür fiel hinter ihnen zu. Ich wartete noch einen Moment lang, wandte mich zu Roberta um und nickte ihr zu. Sie ging hinter mir her.
    Auf dem Treppenabsatz fragte sie: »Warum hätten wir gewartet, wenn es nur einer gewesen wäre?«
    »Polizisten jagen für gewöhnlich zu zweit. Manchmal bleibt der eine unten im Wagen sitzen. Da diesmal beide ‘raufgekommen sind, ist die Luft rein. Hoffen wir’s wenigstens.«
    Wir liefen die Treppe hinunter. Ich hielt Roberta die Tür auf und spähte auf die Straße. Vor dem Haus stand ein Streifenwagen. Er war leer.
    »Alles okay. Los, gehen wir.«
    Ich nahm ihren Arm, damit sie mir nicht davonrannte. »Nicht so schnell. Es beißt Sie ja niemand.«
    »Doch. Ich hab’ das Gefühl, daß mir jemand dicht auf den Fersen ist. Am liebsten würde ich die Beine in die Hand nehmen und losrasen.«
    »Das wäre das Verkehrteste, was Sie tun könnten. Machen Sie ein unbefangenes Gesicht. Lachen Sie mich an. So ist’s recht. Langsam gehen. Ja, sehen Sie mal da, was für ein scheußlicher Deckel.« Ich blieb vor einem Schaufenster stehen und zeigte auf einen Damenhut. Der letzte Schrei war anscheinend noch nicht bis nach Shreveport gedrungen. Roberta lachte nervös auf. Ich lotste sie um die nächste Ecke.
    »Kennt Sie hier jemand?« erkundigte ich mich.
    »Nein.«
    »Gut, dann gehen wir in irgendein Lokal und essen was. Oder haben Sie schon zu Abend gegessen?«
    »Nein, wir waren gerade beim Umziehen, als Sie kamen.«
    Wir schlenderten die Straße entlang und hielten Ausschau nach einem Restaurant. Roberta versuchte ein paar Fragen anzubringen, aber ich sagte ihr, damit sollte sie bis nachher warten. Schließlich entdeckten wir ein recht gemütliches Lokal. Wir wählten einen Tisch in einer Nische, möglichst weit von der Tür entfernt. Der Kellner brachte uns die Speisekarte, und ich bestellte zwei Cocktails.
    Sobald der Kellner außer Hörweite war, sagte ich: »Sprechen Sie leise. Wieviel wußten Sie von Ednas kleinem Plan?«
    »Nichts«, erwiderte sie. »Es spielte sich alles genauso ab, wie Sie es dargestellt haben, nur, daß ich von der Scheidung und der Übergabe der Papiere keine Ahnung hatte.«
    »Warum war Nostrander so versessen darauf, Sie wiederzufinden?«
    »Er hatte sich in mich verliebt und führte sich auf wie ein Verrückter. Das war furchtbar lästig, kann ich Ihnen sagen.«
    »Nur, weil ein Mann, den Sie nicht mochten, Sie mit seinen Anträgen verfolgte, zogen Sie aus der Wohnung aus? Ist das nicht ein bißchen übertrieben? Außerdem veränderten Sie ja auch Ihre gesamte Lebenshaltung. Sie wollen mir doch nicht einreden, daß Sie das alles nur taten, um Nostrander abzuschütteln.«
    »Nun — nein, nicht ausschließlich aus diesem Grunde. Sehen Sie, ich hatte das Faulenzerleben, das ich da führte, allmählich satt. Ich brauchte nicht zu arbeiten. Solange ich das Apartment bewohnte und mich als Edna Cutler ausgab, bekam ich alles bezahlt. Ich stand immer erst gegen elf oder zwölf Uhr auf, ging frühstücken, machte einen Spaziergang, kaufte mir einige Illustrierte, hockte den Nachmittag über zu Hause, las oder döste vor mich hin, ging abends wieder essen, badete, warf mich in Schale und ging aus. Entweder war ich mit jemandem verabredet, oder ich zog einfach allein los. New Orleans ist in dieser Beziehung einmalig. Man setzt sich in irgendeine Bar, und

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