Der dunkle Punkt
richtige Wort.« Sie verschränkte die Hände über den Knien und dachte nach. »Sie benehmen sich ganz anders als andere Männer. Wissen Sie, Donald, ich mag Sie schrecklich gern. Sie sind einfach fabelhaft.«
»Ach wo, das bilden Sie sich nur ein.«
»Nein, wirklich, Donald. Mir gegenüber haben Sie sich jedenfalls fabelhaft benommen. Meine Erfahrungen mit Männern waren bisher nicht gerade erfreulich. Der Grund, warum ich zum erstenmal untertauchte, war... Ach, ich mag gar nicht darüber sprechen. Es war ein scheußliches Erlebnis. Ich verlor jedes Vertrauen zu den Menschen und ...« Eine kräftige Faust hämmerte gegen die Tür und zerrte an der Klinke.
Roberta zuckte erschrocken zusammen. »Die Polizei?« flüsterte sie.
Schweigend zeigte ich in Richtung auf ihr Zimmer. Sie erhob sich mit einer graziösen, schwerelosen Bewegung, faßte mich am Kinn, zog meinen Kopf zurück und küßte mich. »Falls das die Polizei ist: Danke schön und auf Wiedersehen.« An der Verbindungstür drehte sie sich noch einmal um. Ihr Gesicht war bleich, aber ihr Blick verriet keine Furcht. »Alles Gute, Donald, und viel Glück.« Sie schlüpfte hinaus und zog die Tür zu.
Wieder polterte es an der Tür zum Korridor, und dann ertönte eine altvertraute, anheimelnde Stimme: »Mach auf, Donald! Ich weiß sowieso, daß du da bist!«
Ich riß die Tür auf, und Bertha fegte wie eine Furie ins Zimmer. »Was, zum Kuckuck, ist eigentlich in dich gefahren, du Mondkalb! Du mußt ja völlig übergeschnappt sein!«
»Freut mich, dich zu sehen, Bertha. Nimm Platz. Du hast wohl inzwischen die Zeitungsberichte gelesen. Es muß dich eine hübsche Stange Geld gekostet haben, mich hier aufzuspüren.«
Sie war zu geladen, um sich zu setzen. Ihre kleinen, gierigen grauen Augen funkelten kriegerisch. »Du bist mir ein schöner Partner! Verschwindest einfach von der Bildfläche, ohne einem Menschen was davon zu sagen! Hale hat von New Orleans aus angerufen. Er ist wütend. Kein Wunder. Er glaubt natürlich, du hättest ihn ‘reingelegt. Mit der Prämie ist es Essig. Außerdem will er uns wegen Vertragsbruchs verklagen!«
»Zigarette?«
Sie schnappte nach Luft und preßte die Lippen fest aufeinander. Ich zündete mir eine Zigarette an.
»Aber was reg’ ich mich eigentlich auf! Ich bin selbst schuld dran, daß ich einen Idioten wie dich zum Partner gemacht habe! Ich hab’ dich aus der Gosse aufgelesen, eingekleidet und mit Essen vollgestopft; ich hab’ dir einen Job gegeben, als niemand sonst dich haben wollte, und das ist nun der Dank dafür. Nach meiner Meinung fragst du wohl überhaupt nicht mehr. Es wird schließlich noch so weit mit uns kommen, daß ich für dich arbeite!«
»Warum setzt du dich nicht? Allem Anschein nach hast du ja die Absicht, noch für eine Weile hierzubleiben.«
»Allerdings! Ich rühr’ mich nicht von der Stelle, bis du die Sache aufgeklärt hast. Wenn’s sein muß, leg’ ich dir Handschellen an, damit du mir nicht wieder auskneifst. Ruf jetzt sofort Mr. Hale in New Orleans an und sag ihm, daß du eben erst angekommen bist und keine Zeit hattest, vor dem Abflug mit ihm zu sprechen. Du hast die Detektei in Verruf gebracht. Bring das jetzt nur wieder in Ordnung.«
Ich streckte mich auf meinem Bett lang aus und zog einen Aschenbecher zu mir heran. Offenbar hatte Bertha keine Ahnung, daß Roberta Fenn nebenan wohnte.
»Hast du mich verstanden?« fauchte sie.
»Ja.«
»Wirst du ihn anrufen?«
»Nein.«
Wütend ging sie zum Telefon, riß den Hörer von der Gabel und zischte: »Mr. Lam möchte mit Mr. Emory G. Hale in New Orleans sprechen. Mr. Hale wohnt im Hotel >Monteleone<. Die Nummer weiß ich nicht... Wie?... ja, ich bin... Ja, das ist Mr. Lams Zimmer. Das Gespräch ist für ihn... Natürlich ist er hier.« Sie umklammerte den Hörer so fest, daß sich die Haut über den Knöcheln spannte. »Ganz recht. Moment mal.« Sie wandte sich zu mir um. »Du sollst den Anruf bestätigen.«
Ich rührte mich nicht. Sie schob den Apparat zu mir herüber. »Los! Sprichst du nun mit der blöden Ziege oder nicht?«
»Ich denke nicht dran.«
Voller Zorn knallte sie den Hörer auf die Gabel und fuhr mit einem Satz auf mich los. »Ich könnte dich in der Luft zerreißen! Der Schlag soll mich treffen, wenn ich mir deine Unverschämtheiten noch länger gefallen lasse! Von allen unausstehlichen, rücksichtslosen, infamen Halunken bist du der schlimmste...« Ihre Stimme steigerte sich zu einem Kreischen. Dann ging ihr die Puste
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