Der dunkle Punkt
Moneten blöd sein, aber so vertrottelt bin ich nun doch nicht.«
»Wenigstens ein Lichtblick«, sagte sie kurz. »Weiter.«
»Er verdrehte Marilyn Winton eifrigst den Kopf und kam schließlich auf die Mordnacht zu sprechen und ob sie sich in der Zeit nicht getäuscht hätte. Sie bestritt das sehr energisch und sagte, auf ihrer Armbanduhr wäre es genau zwei Minuten nach halb drei gewesen. Hale betrachtete die Uhr, brach in einen Sturm der Bewunderung aus und wollte sie sich unbedingt näher besehen. Er trank gerade ein Coca-Cola mit Gin.«
Bertha schüttelte sich. »Scheußliches Gesöff. Und dann?«
»Es war ziemlich dunkel im Raum, weil gerade eine Vorführung lief. Hale trank einen Schluck, klemmte das Glas unter dem Tisch zwischen die Knie, drehte die Uhr zwischen den Fingern und ließ sie dann für ein paar Sekunden unter dem Tisch verschwinden. Danach schneuzte er sich einige Male heftig die Nase, fuchtelte mit seinem Taschentuch in der Gegend herum, wobei die Uhr wie durch Zufall ins Schnupftuch geriet, und stellte das Glas wieder auf den Tisch. Als es hell wurde, gab er Marilyn die Uhr zurück. Marilyn legte sie wieder um, tauchte eine Serviette in ein Glas mit Wasser und wischte ihr Handgelenk und das Uhrenarmband ab.«
»Laß mich mit diesen Albernheiten zufrieden«, fauchte Bertha ungeduldig. »Sie sind doch völlig unwesentlich. Was kümmert’s mich schon, wie oft er an einem Abend die Nase geputzt hat! Solange er unser Honorar pünktlich blecht, kann er sich von mir aus seinen verdammten Riechkolben putzen, soviel er will!«
»Gewiß. Hales Nase ist mir auch schnuppe. Mich interessiert bei alledem nur, daß das Mädel die Uhr mit der Serviette abwischte. Die Uhr war nämlich klebrig.«
»Wieso?«
»Wenn du eine Armbanduhr in ein Glas mit Gin und Cola tauchst, muß sie danach klebrig sein. Coca-Cola enthält Zucker, weißt du.«
»Warum, zum Henker, sollte jemand auf die Kateridee verfallen, eine Uhr mit Gin und Coca-Cola zu taufen?« erkundigte sich Bertha erbost.
»Stell dir vor, die Eigentümerin der Uhr wird beim Kreuzverhör über die genaue Tatzeit vernommen. Dann macht es sich nicht gut, wenn sie zugeben muß, daß sie die Uhr ein paar Tage nach der Tat zur Reparatur bringen mußte, weil sie nicht in Ordnung war.«
Bertha blinzelte heftig, als wäre ein sehr greller Blitzstrahl vor ihr niedergefahren. »Mich laust der Affe!«
Schweigend wartete ich, bis sie diese Neuigkeit verdaut hatte.
Nach einer Weile fragte sie: »Bist du sicher, Donald, daß er die Uhr in das Glas getaucht hat?«
»Ich hab’s nicht gesehen, wenn du das meinst, aber alles weist darauf hin. Es sind zwar nur Indizien, aber mir genügen sie.«
»Ja. Ich möchte nur wissen, was er in Robertas Wohnung zu suchen hatte.«
»Dafür gibt’s zwei Gründe.«
»Roberta Fenn ist der eine, wie?«
»Richtig. Der andere ist Paul Nostrander, der tote Anwalt.«
»Wie? Hängt der etwa auch in der Sache drin, die wir bearbeiten?«
Ich nickte. »Er spielt sogar eine wesentliche Rolle. Damit kommen wir zu unserem Freund Marco Cutler. Du warst dabei, als er sich in bewegten Worten über seine Eheprobleme ausließ. Er wollte seine Frau loswerden und hatte vorsorglich eine Menge Beweise gegen sie zusammengetragen, ziemlich übles Zeug, das verdammt viel Staub aufgewirbelt hätte. Edna Cutler verduftete nach New Orleans und knobelte gemeinsam mit Nostrander einen raffinierten Plan aus. Sie hatte Roberta aufgegabelt und überredete sie, eine Zeitlang ihre Rolle zu übernehmen. So kam es, daß Goldring die Scheidungspapiere der falschen Edna Cutler überreichte.
Marco Cutler wurde dann geschieden. Gleich nach dem Prozeß flitzte er nach Mexiko und heiratete wieder. Seine jetzige Frau ist wahrscheinlich reich und für krumme Sachen nicht zu haben. Vielleicht erwartet sie auch ein Baby. Als Edna aus der Versenkung auftauchte und ihm kaltlächelnd erklärte, sie hätte von der Scheidung keine Ahnung gehabt, war er wie vom Donner gerührt. Er wagte seiner zweiten Frau nichts zu sagen, und Edna hat nun gewonnenes Spiel, es sei denn, er kann ihr nachweisen, daß es sich um eine abgekartete Sache handelte.«
»Kann er das?«
»Er wird’s wenigstens versuchen.«
»Wie?«
»Indem er ein paar Spürhunde auf ihre Fährte setzt.«
»Privatdetektive?«
»Ja — uns. Die Detektei Cool & Lam.«
Bertha schnappte nach Luft. »Ich werd’ verrückt«, flüsterte sie konsterniert.
»Sind dir die Zusammenhänge jetzt klar?« fragte ich
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