Der dunkle Punkt
aus.
»So setz dich doch endlich mal hin, Bertha.«
Sie betrachtete mich einen Moment lang und sagte dann unvermittelt: »Hör zu, Donald, Liebling. Sei vernünftig. Bertha war vielleicht ein bißchen zu heftig, aber sie hat sich deinetwegen gräßliche Sorgen gemacht. Bertha dachte, dir wäre was passiert. Sie sah dich schon als Leiche mit einer Kugel im Rücken.«
»Tut mir leid.«
Wieder brauste sie auf. »Leid tut dir das! Aber es fiel dir natürlich nicht ein, mich anzurufen oder mir wenigstens ein Telegramm zu schicken! Erzähl mir nicht, daß es dort, wo du warst, kein Telefon gab! Du... Also, Donald, du weißt doch, daß Bertha solche Aufregungen nicht vertragen kann. Ich war halb tot vor Angst.«
»Setz dich auf diesen Sessel da und entspanne dich ein bißchen. Dann werden sich deine angegriffenen Nerven bald beruhigt haben.«
Ohne Widerspruch ließ sie sich in dem Sessel nieder.
»Nimm dir eine Zigarette.«
Sie holte ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Handtasche, zündete sich eine an und machte ein paar tiefe Züge. Nach zwei Minuten fragte sie mit verhältnismäßig ruhiger Stimme: »Warum bist du nicht in New Orleans geblieben?«
»Weil ich beim jetzigen Stand der Dinge eine eingehende Besprechung für angebracht hielt.«
»Worüber?«
»Das sag’ ich dir, sobald du dich völlig beruhigt hast.«
» Sag’s mir lieber gleich, Donald.«
»Nein. Erst muß ich sehen, daß du deine Zigarette wirklich genießt Dann können wir reden.«
Sie lehnte sich seufzend zurück. Ihre Augen funkelten ärgerlich, aber sie verkniff sich jede zornige Bemerkung. Fast zehn Minuten lang sagte sie keinen Ton, und ich auch nicht. Dann zündete sie sich ihre zweite Zigarette an, machte einen langen Zug, blies den Rauch behaglich gegen die Decke und murmelte: »Also, Liebling, jetzt können wir reden.«
»Was hast du über den Mord an Craig herausgefunden?«
»Donald, weshalb interessierst du dich eigentlich für diese ollen Kamellen?«
»Weil ich glaube, daß die Ereignisse in New Orleans irgendwas damit zu tun haben.«
»Na, bis jetzt hab’ ich noch nicht viel darüber ergattern können. Du mußt bis morgen warten. Ich hab’ ein paar Leute beauftragt, mir das Material zu beschaffen.«
»Gut. Und wie steht’s mit Zeitungsausschnitten?«
»Darum hat sich Elsie gekümmert. Donald, du mußt dich sofort an die Arbeit machen und das Mädel aufstöbern.«
»Welches Mädel?«
»Roberta Fenn natürlich.«
»Einmal hab’ ich sie ja bereits herbeigeschafft.«
»Eben. Dann finde sie auch ein zweites Mal.« Bertha unterdrückte einen erneuten Anfall von schlechter Laune.
»Das ist meine geringste Sorge. Hale macht mir viel mehr Kopfzerbrechen.«
»Wieso?«
»Ich werde das Gefühl nicht los, daß der Kerl uns für dumm verkaufen will.«
»Also, jetzt hör mir mal gut zu, Donald Lam. Von mir aus kann uns der Bursche auch für dumm verkaufen, solange er mit den Moneten nicht kleinlich ist. Wenn ein Klient bei mir aufkreuzt, weil er jemanden ausfindig machen will, dann pfeif’ ich auf seine Beweggründe. Hauptsache, er zahlt. Wir sind schließlich kein Weltverbesserungsverein, sondern eine Detektei. Du mußt endlich mal lernen, geschäftsmäßig zu denken.«
»Ja, das predigst du mir andauernd.«
»Oh, ich weiß genau, daß dir meine nüchterne Auffassung gegen den Strich geht. Du spielst lieber den kühnen Ritter, der unglücklichen jungen Mädchen aus der Patsche hilft. Natürlich vergaffen sie sich dann in dich, und du ...«
»Gut, ich bin also ein kühner Ritter, aber deshalb mach’ ich mir trotzdem Sorgen wegen Hale.«
»Ich auch. Ich fürchte, er wird uns die Erfolgsprämie nicht zahlen.«
»Hast du keine schriftliche Vereinbarung mit ihm getroffen?«
»Doch — aber er ist ja ein aalglatter Bursche. Er bringt es womöglich fertig, sich da irgendwie herauszuwinden.« Sie betrachtete mich forschend. »Was hast du denn sonst noch an ihm auszusetzen?«
»Eine ganze Menge. Aber beginnen wir von vorn. Hale kam aus New York nach Los Angeles und gab uns den Auftrag, in New Orleans ein Mädchen ausfindig zu machen. Es war lächerlich einfach, sie aufzustöbern. Ich fand sie praktisch auf Anhieb.«
»Möglich, aber Hale konnte das schließlich nicht wissen.«
»Blech. Natürlich wußte er es. Er kannte ihre Wohnung, ihre Arbeitsstätte, alles. Er hätte jeden Moment seine Hand auf sie legen können. Drei Wochen vorher, kurz ehe er dich in Los Angeles aufsuchte, unternahm er mit Roberta einen Bummel durchs
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