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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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noch immer«, stellte er fest. Seine Stimme klang barsch vor Sorge, aber es schwang auch etwas darin mit, das nicht so leicht zu benennen war.
    Als die Magd wenig später den Wein und eine Schüssel mit Wasser brachte, wies er sie an, beides neben ihn zu stellen, und schickte das Mädchen anschließend mit einem gemurmelten Dank aus dem Zimmer. Dann hielt er Emmalyn den Becher an die Lippen und forderte sie auf zu trinken. Der Wein wärmte und beruhigte sie fast sofort, fast ebenso sehr wie Cabals unermüdliche Fürsorge.
    Im flackernden Schein der Kerze beobachtete Emmalyn ihn. Sie staunte über das Mitgefühl, das sie auf seinem Gesicht sah, über die zärtliche Sorge, die in jeder seiner Berührungen und Gesten zu erkennen war. Er tauchte ein Stück Leinen in das warme Wasser, wrang es aus und legte es behutsam auf ihre Stirn. Emmalyn betrachtete sein Gesicht, sah das Mitgefühl in seinen Augen und die Sanftheit, die die harte Linie seines Mundes milderte.
    Seine Hände waren von dem Kampf mit den Räubern schmutzig; sein Gesicht war voller Blut, Schweiß und Dreck. Hätte sie es nicht mit eigenen Augen gesehen, es wäre ihr schwergefallen zu glauben, dass er mit solch rascher Gewalt zu handeln fähig war. Mit kalter Entschlossenheit war er gegen die Männer vorgegangen, fast unbeteiligt. Vier Männer hatten durch seine Klinge den Tod gefunden, und er hatte mit kaum einem Kratzer dagestanden und keine Regung über sein Handeln gezeigt. Die Gequältheit, die sie in der Scheune in seinen Augen gesehen hatte, lag auch jetzt noch in seinem Blick, doch sie schien in dem Maße zu schwinden, je länger er an ihrer Seite war.
    Emmalyn schaute zu ihm auf – zu diesem Mann, in den sie sich erstaunlicherweise verliebt hatte – und wünschte sich so sehr, ihn zu verstehen. Dass er ein Leben voller Gewalt geführt hatte, hätte sie abstoßen müssen, und in einem geringen Maße war es auch so. Aber stärker als jede Furcht oder Abscheu, die sie für das empfand, was er in seiner Vergangenheit getan haben mochte, war für Emmalyn der Wunsch, ihn besser kennenzulernen. Sie musste wissen, was er fühlte, wo er gewesen war. Zögernd fragte sie: »Habt Ihr … viele Menschen getötet?«
    Zuerst antwortete er nicht, betupfte nur weiter schweigend die Hautabschürfungen an ihren Handgelenken. Als er ihren Blick dann erwiderte, schien es fast, als müsste er sich dazu zwingen. »Mehr, als dass ich mich an alle erinnern könnte.«
    »Und es macht Euch nicht zu schaffen?«
    Er atmete scharf aus; es klang nicht wie ein Seufzer, eher wie ein bitteres Lachen. »Doch, das hat es – vor langer Zeit. Ich habe zu viel Tod und Töten gesehen, um noch darüber nachzudenken.« Sein Gesichtsausdruck wurde steinern. »Was mir zu schaffen macht, ist, dass Ihr es mitansehen musstet. Ich wünschte, ich könnte es aus Eurer Erinnerung löschen.«
    Ihr Herz zog sich aus Zuneigung zu ihm zusammen, und Emmalyn versuchte, einen leichten Ton anzuschlagen. Sie hoffte, ihm etwas von der Düsternis nehmen zu können, die sie in ihm sah. »Haltet Ihr es jetzt für Eure Pflicht, mich vor jeder unangenehmen Situation des Lebens zu beschützen, Mylord?«
    »Es gibt Zeiten, Mylady, da möchte ich nichts anderes mehr auf dieser Welt tun als genau das.«
    Die Intensität seiner Stimme und seines Blickes drückte ihr fast die Luft ab. Emmalyn sah ihn unverwandt an und war unfähig, etwas zu sagen oder den Blick abzuwenden. Sie wagte nicht, Mutmaßungen darüber anzustellen, was er mit diesen Worten gemeint haben könnte. Sie wagte nicht zu hoffen, dass sie in der kurzen Zeit, die sie sich kannten, vielleicht angefangen haben könnte, ihm etwas zu bedeuten. Sie öffnete den Mund und war kurz davor, ihm die Größe ihrer eigenen verwirrenden, ständig stärker werdenden Gefühle zu gestehen, als schwere Schritte auf dem Gang zu hören waren, die rasch näher kamen.
    Die Tür aus Eichenholz schwang weit auf, als Bertie hereinstürmte – hektisch und ganz offensichtlich ohne einen Gedanken daran verschwendet zu haben, erst anzuklopfen und sich anzukündigen. »Mylady! Oh mein liebes, liebes Kind! Ich habe gerade gehört, was im Dorf geschehen ist! Ich habe nicht einmal gewusst, dass Ihr auf dem Fest gewesen seid! Geht es Euch gut? Seid Ihr verletzt worden? Kann ich etwas für Euch tun? … « Die panikerfüllte Stimme der Amme erstarb zu einem Nichts, als ihr Blick an Cabal hängen blieb, der auf Emmalyns Bettkante saß.
    »Es ist in Ordnung, Bertie. Mir geht es

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