Der dunkle Ritter (German Edition)
großen Freude begann Minerva zu pressen, als die nächste Kontraktion einsetzte. Thomas rief, dass das Fohlen schon zu sehen sei, und Emmalyn schickte ein Dankgebet gen Himmel. Als sie die Augen öffnete, sah sie, dass Cabal sie beobachtete, und gänzlich gefangen von diesem Augenblick, erwiderte sie sein Lächeln.
Der Schein der blakenden Kerzenflamme stellte seltsame Dinge mit Cabals intensivem Blick an. Es konnte das Verlangen nicht verbergen, das noch in jenen faszinierenden silbernen Tiefen glühte, aber die Reflexion des weichen Lichts schien auch die seltsame Illusion zu erzeugen, dass sich in diesen Tiefen noch mehr als Verlangen verbarg. Doch Emmalyn wagte nicht sich zu fragen, was es sein könnte, und wandte den Blick ab. Dann lenkte Thomas’ Stimme ihre Aufmerksamkeit wieder auf Minerva.
»Die Vorderbeine und der Kopf des Fohlens sind durch, Mylady.«
Erfahren und mit größter Sorgfalt schnitt er die Membran auf, die den Kopf des Neugeborenen umhüllte, damit es atmen konnte. Über alle Maßen erleichtert, flüsterte Emmalyn der Stute sanfte Lobesworte zu, während sie ihr Kopf und Mähne streichelte. Gerade noch drei weitere Wellen von Kontraktionen folgten und dann war das Fohlen auf der Welt.
Gesund und kräftig, war Minervas schwarzes Hengstfüllen eine fantastische Mischung der Eigenschaften seiner Eltern: die stolzen Züge und die Haltung seines königlichen Vaters, und die sanften Augen und die helle Blesse, die ihn als Abkömmling seiner Mutter auswies.
»Ist er nicht das Schönste, was ihr je gesehen habt?«, hauchte Emmalyn in purem Entzücken, die fast zu Tränen gerührt war, während Thomas das Füllen mit einem Stück Stoff trockenrieb.
Erst kurz in seiner seltsamen neuen Welt, begann das Füllen bereits, seine wackeligen Beine auszuprobieren: zuerst die Vorderläufe, dann einige erfolglose Versuche, die Hinterläufe hochzustemmen. Der kleine Hengst zitterte und schwankte und brach einige Male zusammen, aber schließlich und mit einem Aufbieten von Entschlossenheit, die ihn in seiner verheißungsvollen Zukunft gewiss auszeichnen würde, stand er auf seinen Beinen.
Emmalyn versuchte nicht, ihr entzücktes Kichern zurückzuhalten. Selbst Cabal, der vor der Box stand und lächelte, schien von der großen Entschlossenheit des Füllens berührt zu sein. Die ehrfürchtigen Worte, die er flüsterte, sprachen Bände von der Wirkung, die dieses Geschehnis auf ihn hatte; genau genommen, dachte Emmalyn, sprachen sie für sie alle.
Einige wunderbare Minuten lang schien die Zeit stillzustehen, und der Stall pulsierte von dem Wunder eines kostbaren neuen Lebens. Der sanfte Schein der Kerzen, der süße erdige Geruch nach Stroh und Leinenstoff und Geburt, die heiseren Laute des neugierigen Füllens und sein keuchendes Atmen, während es sich an seine neue Welt gewöhnte – Emmalyn hatte noch nie etwas so Bemerkenswertes erlebt, etwas so unglaublich Ehrfurchtgebietendes. Sie hätte die ganze Nacht aufbleiben können, festgewurzelt an diesem Ort, wäre Cabals leise Warnung nicht gewesen.
»Es ist noch nicht vorüber«, sagte er, und seine Stimme klang tief vor Besorgnis. »Seht Euch die Stute an.«
Minerva lag noch immer auf der Seite, sie keuchte leise und ihre Augen glänzten feucht. Die Wölbung ihres Leibes war zwar geringer geworden, wies aber noch einen seltsamen Umfang auf, der nichts Gutes ahnen ließ. Sie stöhnte leise und schloss die Augen, als ein tiefes Zittern ihren erschöpften, schweißbedeckten Körper durchlief.
»Himmel hilf!«, keuchte Emmalyn. »Was ist mit ihr?«
»Sie bekommt noch ein zweites Fohlen«, sagte Cabal, dessen Stimme grimmig klang, während er die Box betrat.
»Zwillinge?«, fragte Emmalyn in höchstem Erstaunen. »Davon habe ich noch nie etwas gehört!«
»Es ist selten, aber es kommt vor«, erklärte Cabal.
Er kniete sich neben Minerva und legte ihr die Hand auf den Bauch, während Thomas von dort herbeieilte, wo er das Füllen versorgt hatte. Eine Kontraktion packte die Stute, aber sie reagierte kaum auf den Schmerz, außer dass sie den Kopf hob und ihn mit einem Stöhnen wieder zurückfallen ließ. Cabal sah Emmalyn an, sein Blick war ernst.
»Das Tier ist zu müde, um weiterzumachen«, sagte der Stallmeister und bestätigte damit Emmalyns schlimmste Befürchtung. »Wir werden uns vermutlich zwischen Minerva und ihrem zweiten Fohlen entscheiden müssen, Mylady.«
»Nein!« Emmalyn beugte sich vor und schlang die Arme um den starken Nacken ihrer
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