Der dunkle Ritter (German Edition)
zurückkam. Sie sah ihn fragend an.
»Wer seid Ihr, Mylord?« Der Blick aus ihren grünen Augen war prüfend. »Wer seid Ihr wirklich, Cabal?«
Jetzt war es an ihm, erstaunt zu sein. Aber er beherrschte sich und setzte eine Miene lässiger Amüsiertheit auf, während er näher kam und sich hinunterbeugte, um eine kleine Blüte von einem blühenden Zweig über ihrem Kopf zu pflücken. »Ihr wisst, wer ich bin, Mylady. Ich habe es Euch gesagt. Ich bin ein einfacher Ritter, der im Dienst des Königs steht.«
»Ich weiß, was Ihr mir gesagt habt, Mylord, aber da ich Euch nun an diesen vergangenen wenigen Tagen erlebt habe, glaube ich das nicht ganz. Und ich denke, Ihr seid alles andere als einfach.«
Sein leises Lachen klang gezwungen, selbst in seinen Ohren. »Bitte, schaut nicht zu genau hin, Madam. Euch könnte nicht gefallen, was Ihr seht.« Er beugte sich vor und steckte ihr die winzige Blüte hinter das Ohr, dann setzte er sich neben sie auf die Decke und stützte die Ellbogen auf die angewinkelten Knie.
»Wollt Ihr, dass ich Euch sage, was ich sehe?«, fragte sie leise.
Das war das Allerletzte, was er wollte, aber aus irgendeinem Grund, den er nicht verstand, war er nicht in der Lage, ihr das zu sagen. Stumm und mit dem Gefühl, am Rande eines Abgrunds zu balancieren, der ihn ganz und gar verschlingen wollte, wandte Cabal sich ihr zu und erwiderte ihren arglosen Blick. Er blickte sie unverwandt an, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sie die Tiefen seiner Finsternis sehen zu lassen, und sie für immer vor der schrecklichen Wahrheit zu beschützen.
Unverwandt lächelte sie ihn an. »Ich sehe einen Mann voller Ehrgefühl«, sagte sie und erschreckte Cabal durch ihre Ernsthaftigkeit. »Ich sehe einen Mann, der die Welt glauben machen will, dass er mitleidlos und kalt ist, der aber stattdessen tief empfindet. Ihr sagt mir, dass Ihr nur ein einfacher Ritter seid, Mylord, aber ich sehe einen edlen, ein wenig komplizierten Mann. Ich sehe einen Mann, der so viel zu geben hat. Ihr könntet alles sein, was Ihr sein wolltet, Cabal.«
Es hatte eine Zeit gegeben, die nicht allzu lange zurücklag, da hätte Cabal verächtlich geschnaubt, hätte er solch hochtrabenden Unsinn gehört, der seinem fragwürdigen Charakter zuteil wurde. Seltsamerweise empfand er diesen Gedanken jetzt überhaupt nicht als amüsant. Viel eher machte er ihn betroffen und zutiefst traurig. Und pathetisch, wenn er eingestand, wie sehr er glauben wollte, dass er je mehr sein könnte als das, was er war. Dass er jemals die Art Mann sein könnte, die Emmalyn nach nur wenigen Tagen in ihm zu sehen glaubte.
Cabal konnte nicht anders, als die Hand auszustrecken und ihre Wange zu streicheln. Er zog eine Braue hoch und bemühte sich, seine Stimme gleichmütig, fast ein wenig amüsiert klingen zu lassen. »Ihr denkt, Ihr habt mich ganz und gar durchschaut, nicht wahr, Mylady?«
»Nein«, erwiderte sie mit einem Lächeln. »Es gibt vieles an Euch, das mir ein Rätsel bleibt. Dieser Ring, zum Beispiel.« Ehe ihm klar wurde, was sie tat, hatte Emmalyn ihren Finger unter das Lederband um seinen Hals geschoben und den Ring daran aus dem Ausschnitt seiner Tunika gezogen. »Ist dieser Ring die Trophäe für eine Liebesromanze oder für ein gebrochenes Herz, Mylord?«, fragte sie neckend.
Sie zuckte zusammen, als er ihr den Ring aus der Hand riss. »Er gehörte meiner Mutter«, erwiderte er barsch. »Sie ist tot.«
»E-es tut mir leid«, stammelte Emmalyn und zog sich von ihm zurück. »Das wusste ich nicht. Ich wollte nicht neugierig sein.«
Er schüttelte den Kopf und blickte auf den verfluchten Ring mit dem schwarzen Stein. Sein humorloses Lachen blieb ihm im Halse stecken. Als er sprach, klang seine Stimme scharf und schneidend. »Ihr habt nicht die leiseste Ahnung, wer ich bin, Emmalyn.«
Er stand auf und entfernte sich einige Schritte von ihr. Ihre Freundlichkeit erstickte ihn plötzlich, und das Bedürfnis nach Distanz war übermächtig. Erst als Cabal hinter sich ihre leisen Schritte im Gras hörte, bemerkte er, dass sie ihm gefolgt war. »Dann sagt mir, wer Ihr seid. Bitte, ich würde es gern wissen.«
Diese mutige kleine Bitte erschreckte ihn. Er wandte den Kopf und sah sie an. Er war wütend auf sie, weil sie die Gefahr nicht spürte, die in ihm lauerte, weil sie keine Angst hatte, das Ungeheuer in ihm zu sehen. »Seid Ihr sicher, Mylady, dass Ihr das wirklich wissen wollt?«
Sie schluckte hart, vielleicht ahnte sie doch die Drohung in
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