Der dunkle Ritter (German Edition)
auch.
Als Cabal hörte, dass auf dem Turm die Wachablösung stattfand, beschloss er, dass ein wenig frische Luft und eine Erinnerung an seine Pflichten gegenüber dem König und Fallonmour genau das Richtige sein würden, um einen klaren Kopf zu bekommen. Er betrat den Turm und stieg die erste Wendeltreppe hinauf, dann weiter über die Holzleiter auf das Dach des Turmes. Die fünf Männer, die Wache standen, wünschten ihm einen guten Abend, als er auftauchte; Sir Miles nickte grüßend und ging ihm entgegen.
»Wie weit ist der Schmied denn heute mit seiner Aufgabe gekommen, Lanzen und Pfeile anzufertigen?«, fragte Cabal, während er mit dem grauhaarigen Ritter zur Brustwehr ging, um einen Blick über die dunklen Hügel und Ebenen zu werfen. »Ich hoffe, er kommt gut damit voran.«
»Der Schmied hat gemeldet, dass dreißig Lanzen fertig sind und dass er morgen früh mit den Pfeilen beginnt«, antwortete Miles. »Wir müssten genug haben, um den bereits vorhandenen Waffenvorrat ausreichend ergänzen zu können. Außerdem haben wir noch die Waffen, die wir heute Nachmittag im Lager der Räuber erbeutet haben.«
»Ausgezeichnet. Unsere zukünftigen Soldaten aus dem Dorf werden diese Waffen brauchen.« Er informierte Sir Miles, dass sie beim ersten Tageslicht mit der Ausbildung eines Großteils dieser Soldaten beginnen würden. Als Erstes sollte mit den Armbrüsten geübt werden. »Die Lanzen werden auch zum Einsatz kommen«, fügte er hinzu, »aber ich vermute, wir werden eher Pfeilschützen brauchen, wenn Hugh zu Besuch kommt. Sie werden unsere einzige Hoffnung sein, sollte der Disput zu einer bewaffneten Auseinandersetzung führen.«
»Und Ihr nehmt an, dass es dazu kommen wird?«
Cabal sah den alten Captain an, der besorgt die Stirn runzelte. »Ich glaube, das wird davon abhängen, was Hugh sieht, wenn er herkommt … oder, besser gesagt, was er zu sehen glaubt.«
14
Cabal war beunruhigt, aber nicht allzu überrascht, als er und die zwei Ritter, die er als seine Begleiter bestimmt hatte, früh am nächsten Morgen in den Stall kamen, um ihre Pferde zu satteln, und dort auf Lady Emmalyn trafen. Was ihn jedoch überraschte, war, dass die Lady sie wohl auf der Suche nach dem Jungen begleiten wollte; ihr grauer Zelter stand fertig gesattelt im Stall.
»Guten Morgen, Mylady«, murmelte Cabal und ging an ihr vorbei, um sich um sein Ross zu kümmern.
Sie erwiderte seinen Gruß und den der anderen Männer, dann folgte sie Cabal und sah zu, wie er den Rappen sattelte. »Ich bin schon seit Stunden auf«, sagte sie fröhlich. »Ich konnte kaum abwarten, dass es hell wurde, damit ich aufstehen konnte, um nach Minerva und ihren Kleinen zu sehen.« Als er absichtlich nicht nach den Tieren fragte, sagte sie: »Es geht ihnen gut. Wollt Ihr sie noch sehen, ehe wir aufbrechen?«
»Wir, Mylady?«, fragte er, obwohl es kaum nötig war, Unwissenheit über ihre Absichten vorzutäuschen.
»Ja, wir. Ich bete, dass Ihr Eure Meinung nicht geändert habt, nach dem Jungen zu suchen.«
»Ich habe meine Meinung nicht geändert, aber ich sagte nicht, dass ich Euch mitnehmen würde«, erklärte er ihr, während er den Sattelgurt festzurrte. Er richtete sich auf und sah sie an. »Und ich werde Euch auch nicht mitnehmen.«
»Aber ich will mit«, protestierte sie, wobei sie darauf achtete, dass die anderen nichts von ihrem Streit mitbekamen. »Ich denke, ich sollte dabei sein, wenn Ihr das Kind findet.«
Cabal schüttelte den Kopf. »Die Männer und ich können diese Aufgabe sehr gut allein bewältigen. Ihr würdet nur im Weg sein.«
Falls ihr Gesichtsausdruck irgendein Hinweis war, dann hatte er sich mit dieser Bemerkung weder einen Gefallen getan noch Boden gutgemacht. Da lag jetzt ein eigensinniger Zug um ihr Kinn, der zuvor nicht da gewesen war; Cabal versuchte angestrengt, nicht davon fasziniert zu sein.
»Der Junge vertraut mir«, beharrte sie. »Glaubt Ihr ernstlich, er würde bereit sein, zu irgendeinem von euch zu kommen – besonders, wenn er Zeuge der gestrigen Zerstörungsaktion gewesen ist?« Ihr Kinn reckte sich noch höher. »Ich werde Euch begleiten.«
»Ich würde besser vorankommen, wenn ich mir nicht die ganze Zeit Sorgen machen müsste, ob Ihr in Sicherheit seid und wo Ihr Euch gerade aufhaltet.«
Sie schien das als eine weitere Herausforderung zu verstehen, denn sie fixierte ihn mit unbeugsamem Blick. »Ich bin nicht gänzlich wehrlos, Mylord, noch bin ich so unvorsichtig, mich kopflos in Gefahr zu begeben.
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