Der dunkle Ritter (German Edition)
seiner Stimme. Aber ihr unerschrockener Blick irrte nicht ab.
»Wo möchtet Ihr, dass ich beginne?«, fragte er harsch. »Vielleicht mit einem Bericht über meine Geburt als Bastard? Wollt Ihr hören, dass meine Mutter in eines der Gemächer des königlichen Palastes befohlen und dort im Dunkeln von einem hochwohlgeborenen Lord vergewaltigt wurde, der ihr seinen Bastard in den Leib pflanzte und sich nicht einmal die Mühe machte, ihr seinen Namen zu sagen? Wollt Ihr hören, dass er mit einem Lachen antwortete, als sie ihm sagte, dass sein Samen aufgegangen war? Dass er ihr sagte, sie solle seinen Welpen Cabal nennen, wäre er erst auf der Welt?«
Er riss sich von Emmalyns unverwandtem Blick los, weil er das Mitgefühl nicht ertragen konnte, das er in ihren Augen sah. »Vielleicht wollt Ihr hören, wie er sie dann damit beleidigte, dass er sie mit diesem Ring bezahlte – ein Andenken, das sie ihm in den adligen Rachen hätte stopfen sollen, das sie aber stattdessen wie einen Schatz hütete, weil es das Einzige von Wert war, das sie jemals besessen hatte. Vielleicht würdet Ihr aber auch lieber hören, wie meine Mutter einige Jahre später, als ich vierzehn war, durch die Hand eines betrunkenen Lords starb, der meinte, sie sei von zu niederem Rang, um solch eine exotische Spielerei zu besitzen.«
Cabal erkannte jetzt kaum seine eigene Stimme wieder, sie klang so hölzern, so brüchig. Kalte Klauen der Erinnerung zerrten ihn zurück durch die Zeit, rissen ihn zurück in die Nacht, als ein Junge sich für immer in der Finsternis verlor und ein seelenloser Zerstörer namens Blackheart an seiner Statt geboren wurde. »Soll ich euch sagen, wie ich mich mitten in der Nacht in das Zimmer jenes Mannes geschlichen und ihm die Kehle durchgeschnitten habe, um den Ring zurückzustehlen, Mylady?«
Emmalyn keuchte und zuckte voller Entsetzen vor ihm zurück, genau wie er es beabsichtigt hatte. Aber warum bewirkte dieser Triumph, dass er sich innerlich so krank fühlte? Er verdrängte den Gedanken und sprach weiter, ehe ihn seine Entschlossenheit verließ.
»Sicherlich habt Ihr noch nicht genug gehört«, sagte er herausfordernd. »Denn ich habe Euch noch nicht erzählt, dass der König mich nach jener Nacht in seine Garnison aufgenommen hat, wo ich das Kriegshandwerk und das Töten lernte. Ihr habt noch nicht gehört, dass ich mich während meiner Ausbildung selbst übertraf. Wie bestrebt ich war, mich im Kampf zu beweisen. Wie schnell man begann, mich wegen meiner todbringenden Fähigkeiten zu fürchten und zu verabscheuen. Soll ich eine Wette wagen, wie viele Menschen ich im Dienste der Krone umgebracht habe, Emmalyn?«
»Hört auf«, flüsterte sie rau. Der Atem stockte ihr in der Kehle.
»Vielleicht würdet Ihr aber lieber von den vielen Dörfern hören, die ich für Gott und Vaterland ausgelöscht habe«, sagte er und übersah ihre Bestürzung. »Vielleicht sollte ich Euch erzählen, dass das Blut knöcheltief in den Straßen stand und die Luft schwer war vom Rauch und von den Schreien der Toten und der Sterbenden, wenn ich mein Werk vollbracht hatte und davonging. Vielleicht hättet Ihr dann eine genauere Vorstellung davon, wer – und was – ich bin.«
Sie sah ihn an, als hätte er sie körperlich gezüchtigt, und wich bis auf Armeslänge vor ihm zurück. »Bitte, Mylord … hört auf.«
»Glaubt Ihr noch immer, etwas Nobles in mir zu sehen, Emmalyn? Glaubt Ihr wirklich, ich könnte mehr sein, als ich bin?« Er schüttelte den Kopf, lachte auf voll Selbstspott. »Es gibt nichts Geheimnisvolles an mir oder dem, was ich tue. Ich bin Soldat, Mylady. Ein Zerstörer. Ich will nichts anderes sein. Ich wüsste nicht, wie. Macht Euch nichts vor, indem Ihr denkt, Ihr würdet mehr in mir sehen.«
Er hatte sie erschreckt; er sah es an den feinen Fältchen um ihren Mund, an dem leichten Beben ihres Kinns. Sie hätte sich abgewandt und wäre im nächsten Augenblick davongelaufen, vielleicht für immer vor ihm geflohen, aber der donnernde Hufschlag herannahender Pferde und die gedämpften Protestschreie eines Kindes zogen ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich. Emmalyn wandte sich um.
Die beiden Ritter Fallonmours kamen auf die kleine Lichtung geritten. Einer von ihnen hielt die kämpfende schmutzige Beute vor sich im Sattel, die sie hatten finden und herbeibringen sollen. Lady Emmalyn lief den Reitern entgegen. »Seid vorsichtig mit ihm«, befahl sie. »Er ist nur ein hilfloser kleiner Junge.«
»Ich bin nicht hilflos!«, schrie
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