Der dunkle Ritter (German Edition)
alle. Vielleicht habe ich deshalb versucht, das Leben hier für jeden von ihnen besser zu machen, weil ich meine Tochter nicht beschützen konnte«, sagte sie und erkannte zum ersten Mal diesen Zusammenhang.
»Und jetzt auch für den Jungen aus dem Obstgarten?«
»Er ist nur ein Kind, Mylord. Ein Kind, das Liebe und Fürsorge braucht. Es bricht mir das Herz zu denken, er könnte verletzt werden und ich hätte ihm helfen können. Wenn ich ihn doch nur an einen sicheren Ort bringen könnte.«
Selbst in der Dunkelheit konnte sie den Zweifel in Cabals Augen erkennen. Aber er widersprach ihr nicht. »Wenn es Euch recht ist, werde ich morgen früh losreiten und nach ihm suchen.«
Emmalyn lächelte ihn liebevoll an, ihre Traurigkeit wurde von der Wärme ihrer Dankbarkeit gegenüber Cabal fast verdrängt. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und klammerte sich in einer impulsiven, von Herzen kommenden Umarmung an ihn. »Danke«, sagte sie und hauchte einen raschen Kuss auf die weiche Haut unter seinem Ohr.
Als sie ihn losließ und sich zurückziehen wollte, schlang Cabal die Arme um ihren Rücken. So hielt er sie und schaute in ihr emporgewandtes Gesicht, als würde er mit sich zu Rate gehen, ob er sie küssen sollte oder nicht. Als würde er die Absicht abwägen, dort weiterzumachen, wo sie in der Rüstkammer aufgehört hatten. Aber er lächelte nur und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn.
»Es war ein langer Abend«, sagte er zu ihr, während seine Umarmung sich lockerte. »Vielleicht sollte ich euch jetzt Gute Nacht sagen.«
»Ja«, sagte sie leise und trat aus dem Kreis seiner Arme hinaus, auch wenn sie nur allzu gern dort geblieben wäre, zufrieden damit, dass er sie im Licht des blassen Mondes für den Rest der Nacht so halten würde. »Dann bis morgen, Mylord.« Sie wandte sich ab und verließ den Hof, bevor Cabal bemerken konnte, wie sehr sie sich danach sehnte zu bleiben.
Cabal sah ihr nach, als sie davonging, und ihn erfüllte eine Mischung aus Erleichterung und Beunruhigung. Erleichterung, weil er wusste, dass er nur durch Emmalyns Gehen davon abgehalten worden war, sie in seine Arme zu reißen und sie in sein Zimmer zu tragen, wo er sie bis zum Morgen geliebt hätte, langsam und süß. Und Beunruhigung darüber, weil er es sich so brennend wünschte.
Er versuchte nicht, sich vorzumachen, dass er nicht die kurze und allzu angenehme Fantasie gehabt hatte, ihr ein Kind zu schenken, als er die Sehnsucht und die Verzweiflung über den Verlust ihres Kindes in ihrer Stimme gehört hatte. Aber er würde niemals einen Bastard zeugen. Selbst wenn er es nicht schaffte, sich auch nur einen Rest von Ehrgefühl während seiner Zeit auf dieser Erde zu bewahren – hier gab es etwas, bei dem er entschlossen war, nicht zu versagen.
In Wahrheit ärgerte es ihn zu wissen, wie sehr es ihn danach verlangte, bei ihr zu sein, wie sehr er sich nach ihr sehnte. Es erfüllte ihn mit Angst zu wissen, wie viel sie ihm nach einer Handvoll Tagen bereits bedeutete. Wie stark würden seine Gefühle erst sein, wenn der König ihn schließlich aus seiner Pflicht für Fallonmour entließ? Herrgott, was, wenn Richard nie mehr zurückkehrte?
Cabal musste sich zusammennehmen, um sich nicht den Gedanken einer ungewollten, jedoch verräterischen Hoffnung hinzugeben, dass die Umstände ihn für immer an Fallonmour binden könnten.
Wenn er klug wäre, würde er stattdessen auf die sofortige Freilassung des Königs hoffen, er würde um den Befehl beten, der ihn zurück auf das Schlachtfeld schicken würde. Zurück zu den Dingen, die er kannte. Dorthin zurück, wohin er gehörte. Bevor es zu spät wäre.
Bevor Emmalyn und ihre Leute ihm noch mehr bedeuteten.
Schon jetzt fand er sich in das Leben in Fallonmour auf eine Art eingebunden, die er kaum begreifen konnte, ganz zu schweigen davon, sie sich leisten zu können. Von seinem ausgeprägten Interesse an der schönen Witwe einmal abgesehen, kümmerte er sich um zahlreiche Angelegenheiten, die ihn im Grunde nichts angingen: sein Bemühen, Pete und Lucinda zusammenzubringen, seine Hilfe dabei, einem Fohlen auf die Welt zu helfen, das vielleicht besser gestorben wäre, und jetzt sein Versprechen an Emmalyn, nach dem kleinen Diebesjungen zu suchen und ihn in die Burg zu bringen.
Jeder, der Cabal noch vor wenigen Monaten gekannt hatte – jeder, der ihn unter seinem wohlverdienten nom de guerre gekannt hatte – würde glauben, er sei verrückt geworden. Und vielleicht war er es ja
Weitere Kostenlose Bücher