Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
Vom Netzwerk:
aufgelöst hatte, schaute Wat hoch und runzelte die Stirn; er schien enttäuscht zu sein. »Glaubt Ihr, dass da ein Löwe war, Sir Cabal? War er echt?«
    »Glaubst du, dass er echt war?«
    Wat blickte auf den geschnitzten Löwen in seiner Hand, drehte ihn hin und her und fuhr mit der Fingerspitze über die geschnitzte Mähne. »Aye«, sagte er nach einigem Überlegen. »Ich glaube, dass er echt war, und ich glaube auch, dass er ein Zauberlöwe war.«
    Cabal zerzauste dem Jungen das Haar. »Dann, so denke ich, ist das allein das, was zählt.«
    Grinsend und voller Bewunderung nickte Wat. Einige der Jungen aus dem Dorf riefen jetzt nach ihm und forderten ihn auf, mit ihnen mitzukommen. Er sprang auf und rannte ihnen nach, ließ Cabal und Emmalyn fast allein am Feuer zurück. Nur eine Handvoll Nachzügler war noch geblieben, und die schienen mehr an einem Nachschlag Essen als an Cabal und der kleinen, in einen Mantel gehüllten Gestalt neben ihm interessiert zu sein.
    »Ich glaube auch, dass der Löwe echt war«, sagte Emmalyn leise. Seine Geschichte hatte sie berührt, und sie wünschte den Abgrund des Schweigens zu überbrücken, der seit einigen Tagen zwischen ihnen klaffte. »Ich glaube, er war echt, aber ich glaube nicht, dass das Tier verzaubert war. Ich glaube, Ihr wart der Zauberer, der seine Flucht möglich gemacht hat, Mylord.«
    Cabal zog seine dunklen Augenbrauen zusammen, als er sich zu ihr vorbeugte und eindringlich unter ihre Kapuze spähte. »Emmalyn?«, flüsterte er dann heiser, aber sie hörte die Überraschung in seiner warmen Stimme. »Herrgott, Frau, sitzt Ihr schon die ganze Zeit hier? Wo ist Eure Eskorte?«
    Emmalyn zuckte die Schultern und freute sich gegen alle Vernunft darüber, dass er wieder mit ihr sprach, wenn auch nur, um sie zu schelten. »Ich brauche keine Eskorte«, erklärte sie ihm. »Mit diesem Umhang erkennt mich niemand; soweit es die Leute hier betrifft, bin ich nur eine von ihnen. Wie jede andere Frau, die heute Abend hier ist.«
    Er fluchte leise. »Genau das ist meine Sorge. Ist es Eurer Aufmerksamkeit entgangen, dass sich im Wald und in den dunklen Ecken die Pärchen herumdrücken? Was sollte irgendeinen von diesen betrunkenen Bauernburschen davon abhalten, Euch für ein williges Bauernmädchen zu halten und sich Euch zu schnappen, um seinen Spaß mit Euch zu haben?« Ärgerlich schüttelte er den Kopf. »Ihr solltet nicht allein hier draußen sein.«
    »Ich bin ja nicht mehr allein«, entgegnete sie und lächelte zaghaft.
    Ein paar Männer schafften ein weiteres Fass Wein heran, sie rollten es an Emmalyn und Cabal vorbei, um das leere zu ersetzen. Als die größer werdende Menge um sie herum nach mehr Wein zu drängeln begann, nahm Cabal Emmalyn bei der Hand und führte sie von dem lauten betrunkenen Gedränge fort. Ein wenig abseits der anderen blieben sie in der Nähe des Freudenfeuers stehen, um das ein paar Dorfbewohner ausgelassen herumtanzten.
    Eingehüllt in Musik, Lachen und den warmen Schein des Feuers, sah Emmalyn Cabal an. »Warum habt Ihr die Leute glauben lassen, dass Eure Geschichte über den Löwen nur ein Scherz war, Mylord? Warum habt Ihr ihnen nicht gesagt, dass Ihr es gewesen seid, der den Löwen verschont und ihm seine Freiheit zurückgegeben hat?«
    »Ihr scheint sehr sicher zu sein, dass es so gewesen ist«, erwiderte er fast spöttisch.
    »Ich bin mir sicher. Ihr wart es, der ihn befreit hat.«
    Er sah sie lange an, gab es weder zu, noch leugnete er es, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Tänzern zu. Auch Emmalyn schaute zum Feuer hin, und ihr Blick fiel sofort auf Pete, den Pflücker des Dorfes, der dort Arm in Arm mit der hübschen Lucy stand, der unverheirateten Tochter des Vogtes, und fröhlich lachte. Die beiden waren offensichtlich sehr voneinander angetan, und ihre Herzen waren so gewiss miteinander verwoben wie ihre Blicke. Dort steht noch ein Beispiel für Cabals mitfühlende Art, dachte Emmalyn liebevoll. Pete und Lucy zusammengebracht zu haben war eine weitere Freundlichkeit, für die der dunkle Ritter keinen Dank annehmen würde.
    Je länger sie ihn kannte, umso mehr kam ihr Cabal wie zwei ganz verschiedene Menschen vor: Es gab den harten Krieger mit dem kühlen Verstand und dem eisernen Willen zur Pflichterfüllung, und andererseits war da der rätselhafte, zurückhaltende Mann. Der Mann, den er vor jedem versteckt hielt und dessen Existenz vor ihr zu leugnen er sich so sehr bemühte … sie sogar vor sich selbst leugnete.

Weitere Kostenlose Bücher