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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dem Neuen Pfad gespendet hatte. Nachdem er sich jedoch vergewissert hatte, dass ihm niemand folgte, tätigte er einen Telefonanruf und traf sich dann in einem McDonald’s mit Donna Hawthorne.
    Sie saßen zusammen draußen, auf dem Holztisch zwischen ihnen standen Coke und Hamburger.
    »Haben wir es wirklich geschafft, ihn einzuschleusen?«, fragte Donna.
    »Ja«, erwiderte Westaway. Und dachte: Der Typ ist völlig ausgebrannt. Ich frage mich, ob uns das weiterbringt, ob wir damit wirklich einen entscheidenden Erfolg verbucht haben. Und doch musste alles so ablaufen, wie es abgelaufen ist.
    »Sie haben noch keinen Verdacht geschöpft?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sich eigentlich ganz sicher, dass sie das Zeug anbauen?«
    »Nein. Aber das zählt nicht. Die da oben glauben es.« Die, die uns bezahlen, dachte er.
    »Was bedeutet der Name?«
    »Mors ontologica. Tod der Seele. Der Identität. Des innersten Wesens.«
    »Wird er denn dazu fähig sein, zu handeln?«
    Mit schwermütigem Blick betrachtete Westaway die Autos und die Menschen, die vorbeiströmten, während er zugleich mit seinem Essen herumspielte.
    »Sie wissen es nicht…«
    »Man kann es nie mit Sicherheit wissen – bis der entscheidende Augenblick da ist. Eine vage Erinnerung. Ein paar durchgeschmorte Gehirnzellen, die noch ein bisschen flackern. Wie ein Reflex. Wir können nur hoffen. Erinnern Sie sich, was Paulus in der Bibel sagte: Glaube, Hoffnung und Selbstaufgabe bis zum letzten Cent.« Er betrachtete das hübsche, dunkelhaarige Mädchen, das ihm gegenübersaß, und ihr intelligentes Gesicht verriet ihm, warum Bob Arctor… Nein, dachte er, ich darf von ihm immer nur als Bruce denken. Andernfalls gebe ich zu, dass ich zu viel weiß – Dinge, die ich nicht wissen sollte, nicht wissen kann. Etwa, warum Bruce so viel von ihr hielt. Damals jedenfalls, als er noch fähig war, zu denken.
    »Er ist sehr gründlich auf seine Aufgabe vorbereitet worden«, sagte Donna in einem, wie es ihm vorkam, ungewöhnlich traurigen Tonfall. Gleichzeitig huschte ein Ausdruck von Hoffnungslosigkeit über ihr Gesicht und entstellte es. »Ein so hoher Preis«, murmelte sie dann, halb zu sich selbst, und nippte an ihrer Coke.
    Er dachte: Aber es gibt keinen anderen Weg. Anders kann man nicht hineinkommen. Ich kann nicht hineinkommen. Das steht jetzt endgültig fest, wenn man daran denkt, wie lange ich es versucht habe. Sie werden nur eine ausgebrannte Hülle wie Bruce hineinlassen. Jemanden, der harmlos ist. Er würde so sein müssen wie – ja genau so, wie er jetzt ist. Sonst würden sie das Risiko nicht eingehen. Das ist ihr Grundsatz.
    »Die Regierung verlangt viel«, sagte Donna dann.
    »Das Leben verlangt viel.«
    Sie hob ihren Blick und starrte ihn mit mühsam unterdrückter Wut an. »In diesem Fall doch wohl die Regierung. Und sie verlangt es von Ihnen, von mir, von… Von dem, was einmal mein Freund war.«
    »Er ist immer noch Ihr Freund.«
    »Ja, das, was von ihm übrig geblieben ist.«
    Doch das, was von ihm übrig geblieben ist, dachte Mike Westaway, sucht immer noch nach dir. Auf seine Weise jedenfalls… Auch er fühlte sich niedergeschlagen, aber der Tag war schön, die Menschen und die Autos ringsum erfreuten ihn und die Luft roch gut. Und endlich bestand auch wieder Aussicht auf Erfolg – das beflügelte ihn am meisten. Sie waren so weit gekommen, jetzt würden sie den Rest des Weges auch noch schaffen.
    Donna sagte: »Ich glaube, es gibt nichts, was schrecklicher ist, als jemanden – ein lebendes Geschöpf – zu opfern, ohne dass dieses Geschöpf jemals erfährt, was mit ihm geschieht. Wenn er es nur wüsste! Wenn er es nur verstehen würde, sich freiwillig zur Verfügung stellen würde. Aber…« Sie hob resignierend die Hände. »Er weiß es nicht, hat es nie gewusst. Er hat sich nicht freiwillig…«
    »Natürlich hat er das. Es gehört zu seinem Job.«
    »Aber es ist ihm nie zu Bewusstsein gekommen – und auch jetzt ist es ihm noch nicht bewusst, weil er überhaupt kein aktives Bewusstsein mehr hat. Sie wissen das genauso gut wie ich. Und er wird nie wieder in seinem Leben, nie wieder, ein aktives Bewusstsein haben. Nur noch Reflexe. Und das war kein Betriebsunfall – es sollte passieren. Darum lastet ein schlechtes… Karma auf uns. Ich spüre es in meinem Rücken. Wie ein Leichnam. Ich trage einen Leichnam mit mir herum, Bob Arctors Leichnam. Auch wenn er klinisch gesehen noch lebt.« Ihre Stimme war laut geworden und Mike bedeutete ihr, sich zu

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