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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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und dann ihr Becken kreisen ließ. Ihr Pelz schien ihnen geradezu zuzuwinken.
    »Hat sich was mit spitze«, sagte Freck. »Ich hab 'ne Menge Probleme, die außer mir niemand hat.«
    Mit schwermütiger Stimme erwiderte Barris: »Du wirst nicht glauben, wie viele Leute die gleichen Probleme haben wie du. Und es werden mit jedem Tag mehr. Die Welt ist krank und es wird immer schlimmer mit ihr.« Die Bilder in der Denkblase über seinem Kopf wurden ebenfalls immer schlimmer.
    »Möchtet ihr nicht vielleicht ein Dessert bestellen?«, fragte Beth und lächelte auf die beiden hinab.
    »Was gibt’s denn?«, erkundigte sich Freck misstrauisch.
    »Wir haben frischen Pflaumenkuchen und frische Pfirsichtörtchen. Die machen wir hier selbst.«
    »Nein, wir möchten keinen Nachtisch.« Die Kellnerin ging wieder und Freck wandte sich an Barris: »Das ist was für alte Omas, diese Obstkuchen.«
    Barris sagte: »Der Gedanke, dich freiwillig zur Entziehung zu melden, macht dich wohl nervös. Du hast eine panische Angst davor. Aber das ist die Einflüsterung der Droge, die dich vom Neuen Pfad fern halten will, dich daran hindern will, dich von ihr zu lösen. Weißt du, alle Symptome haben eine Bedeutung, ganz gleich, ob sie positiv oder negativ sind.«
    »Echt wahr?«, murmelte Freck.
    »Ja, die negativen Symptome manifestieren sich als blanke Gier, die gezielt vom gesamten Körper erzeugt wird, um den Besitzer dieses Körpers – in diesem Falle also dich – dazu zu zwingen…«
    »Wenn du zum Neuen Pfad kommst, schneiden sie dir als Erstes den Pimmel ab. Eine pädagogische Maßnahme, zur Einstimmung auf dein zukünftiges Leben. Und in dem Stil machen sie auch weiter.«
    »Ja, als Nächstes kommt die Galle dran.«
    »Wieso das denn? Was macht so eine Galle eigentlich?«
    »Hilft dir dabei, dein Essen zu verdauen.«
    »Und wie?«
    »Indem sie die Zellulose daraus entfernt.«
    »Aha, und danach kriegt man vermutlich…«
    »Genau, nur noch Nahrungsmittel ohne Zellulosegehalt. Keine Blätter, kein Häcksel mehr.«
    »Und wie lange kann man auf die Art am Leben bleiben?«
    »Das kommt auf deine körperliche Konstitution an.«
    »Wie viele Gallen hat der Durchschnittsmensch?« Freck wusste, dass der Mensch für gewöhnlich zwei Nieren hatte.
    »Scheint vom Alter abzuhängen. Ich vermute, dass ihre Anzahl mit der Zeit zunimmt.«
    »Wieso?« In Freck keimte ein Verdacht.
    »Tja, je älter die meisten Menschen werden, desto verbitterter werden sie auch. Wenn einer erst mal achtzig ist…«
    »Du willst mich wohl verarschen?«
    Barris lachte. Freck hatte dieses Lachen schon immer seltsam gefunden. Ein unwirkliches Lachen, dachte er, so, als ob etwas zerbricht.
    »Wieso hast du dich eigentlich so plötzlich entschlossen«, sagte Barris unvermittelt, »dich freiwillig in einem Drogenrehabilitationszentrum behandeln zu lassen?«
    »Jerry Fabin«, erwiderte Freck.
    Barris winkte ab. »Jerry war ein besonderer Fall. Ich hab einmal beobachtet, wie er herumtorkelte und dann hinfiel und sich von oben bis unten voll schiss. Er wusste nicht mehr, wo er war, und er wollte, dass ich herausfinde, welches Gift er erwischt hatte, höchstwahrscheinlich Thaliumsulfat – das wird in Insektiziden verwendet und bei der Rattenbekämpfung. Muss ein Racheakt gewesen sein, jemand wollte ihm offenbar was heimzahlen. Ich kenne mindestens zehn verschiedene Toxide und Gifte, die diese Wirkung…«
    »Es gibt noch einen anderen Grund«, unterbrach ihn Freck. »Mein Vorrat geht schon wieder zur Neige und ich halt’s nicht mehr aus, ewig auf dem letzten Loch zu pfeifen und nicht zu wissen, wie ich jemals wieder neuen Stoff in die Finger kriegen soll. Verdammte Scheiße.«
    »Tja, wer kann schon sicher sein, den nächsten Sonnenaufgang zu erleben?«
    »Verflucht – ich bin so abgebrannt, dass es praktisch nur noch eine Sache von Tagen ist. Und außerdem… ich glaube, dass ich beklaut werde. Ich kann die Dinger doch nicht soooo schnell nehmen – irgendein Scheißer muss sich hinter meinem Rücken von meinem Zeug bedienen.«
    »Wie viele Tabletten pfeifst du eigentlich jetzt jeden Tag ein?«
    »Schwer zu sagen. Aber jedenfalls nicht soooo viele.«
    »Du weißt, dass sich ein Gewöhnungseffekt einstellt – und man immer mehr braucht.«
    »Klar, aber doch nicht in einem solchen Ausmaß. Ich ertrage das nicht mehr, dieses ewige auf dem Trockenen Sitzen. Andererseits…« Freck überlegte einen Augenblick lang. »Ich glaube, ich hab da 'ne neue Quelle. Diese Braut, Donna.

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