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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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könnten!
    Er eilte – an der Kassiererin vorbei – Barris nach, der im Gehen den Schlüssel für seinen Karmann-Ghia aus der Tasche seines modischen Anzugs zog.
     
    Sie stellten den Wagen auf dem Parkplatz des 24-Stunden-Supermarktes ab, stiegen aus und gingen hinein. Wie immer stand ein großer, schweigsamer Bulle an der vorderen Theke und tat so, als sei er in die Lektüre eines Sportmagazins vertieft, aber Charles Freck wusste, dass der Bulle in Wirklichkeit alle Eintretenden genau musterte, checkte, ob sie vielleicht vorhatten, den Laden zu überfallen.
    »Was willst du hier eigentlich kaufen?«, fragte er Barris, der scheinbar ziellos durch die Korridore schlenderte.
    »Eine Sprühdose«, sagte Barris. »Solarcaine.«
    »Ein Sonnenschutzspray?« Freck konnte nicht glauben, dass diese ganzen Ereignisse Realität waren. Aber andererseits – was wusste er schon? Wer konnte sich da sicher sein?
    Sie kauften die Dose Solarcaine, schlängelten sich an dem Bullen vorbei und gingen zurück zum Wagen. Barris steuerte den Karmann rasch vom Parkplatz und dann die Straße hinunter. Er fuhr fast pausenlos Vollgas, ohne sich um die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu kümmern, bis er den Wagen schließlich auf der Auffahrt vor Bob Arctors Haus ausrollen ließ, wo zahllose alte Zeitungen, die nie jemand gelesen hatte, im hohen Gras des Vorgartens herumlagen.
    Als sie ausstiegen, nahm Barris einige Gegenstände, von denen Kabel herabbaumelten, vom Rücksitz – Voltmeter, andere elektronische Prüfgeräte, dazu einen Lötkolben, wie Freck erkannte. »Wofür brauchst du denn das?«, erkundigte er sich.
    »Ich muss einen langwierigen und mühseligen Job erledigen«, erwiderte Barris, während er die verschiedenen Gerätschaften und das Solarcaine den Weg hinauf zur Eingangstür trug. Dort gab er Freck den Türschlüssel. »Und vermutlich werde ich dafür nicht mal bezahlt. Wie das eben so üblich ist.«
    Freck schloss die Tür auf und sie betraten das Haus. Zwei Katzen und ein Hund stürmten auf sie zu, begrüßten sie mit hoffnungsvollem Miauen und Bellen. Freck und Barris schoben sie behutsam mit ihren Stiefeln beiseite.
    Im hintersten Winkel der Essnische hatte Barris sich im Laufe der Zeit ein irres Laboratorium zusammengebaut, das hauptsächlich aus Flaschen und allem möglichen anderen Kram bestand, der ohne jede erkennbare Ordnung herumlag, lauter auf den ersten Blick wertlos wirkende Objekte, die Barris aus den verschiedensten Quellen zusammengeklaubt hatte. Freck wusste (denn er hatte sich das oft genug anhören müssen), dass Barris keinen Wert darauf legte, alles möglichst effektiv durchzuorganisieren, sondern vielmehr auf Spontaneität und Kreativität setzte. Du solltest jederzeit in der Lage sein, dein Ziel mit dem ersten Ding zu erreichen, das dir in die Hand kommt, predigte Barris immer. Ein Reißnagel, eine Büroklammer, ein Stück eines Apparats, dessen andere Teile kaputt oder verloren gegangen waren… Freck kam es so vor, als ob sich hier eine Ratte häuslich eingerichtet hatte und nun dabei war, mit Materialien, wie Ratten sie eben schätzen, Experimente durchzuführen.
    Der erste Schritt in Barris’ Arbeitsplan sah vor, den Inhalt der Sprühdose in einen Plastikbeutel zu spritzen, bis die Dose leer oder zumindestens das Treibgas erschöpft war.
    »Das ist alles so unwirklich«, murmelte Freck. »Super unwirklich.«
    »Die Hersteller«, sagte Barris fröhlich, während er arbeitete, »haben das Kokain absichtlich mit dem Öl gemischt, damit es nicht extrahiert werden kann. Aber meine Kenntnisse in Chemie sind so weit vorangeschritten, dass ich genau weiß, wie man das Coke vom Öl separiert.« Er kippte wie wild Salz in die klebrige, schleimige Masse im Innern des Beutels und goss anschließend alles in ein Glasgefäß. »Ich lasse es gefrieren – dadurch steigen die Kokain-Kristalle nach oben, weil sie leichter als Luft sind… ich meine, leichter als das Öl. Den abschließenden Arbeitsschritt behalte ich natürlich für mich, aber ich kann dir verraten, dass es sich dabei um einen methodologisch hochkomplizierten Filtrierungsprozess handelt.« Er öffnete das Eisfach und stellte das Gefäß vorsichtig hinein.
    »Und wie lange muss es da drin bleiben?«, fragte Freck.
    »Eine halbe Stunde.« Barris holte eine selbst gedrehte Zigarette heraus, zündete sie an und schlenderte dann zu der Ansammlung elektronischer Messgeräte. Gedankenversunken blieb er davor stehen und rieb sich sein bärtiges

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