Der dunkle Schirm
wie eine Bande von Speed-Freaks«, sagte Barris, »könnte ich endlich meine Berechnungen abschließen und euch sagen, wie viel dieser Wagen hier mit einem Rochester-Vergaser bringen würde, natürlich unter Berücksichtigung seines Gewichts und der notwendigen Modifikationen der Einspritzdüsen.« Er war jetzt echt sauer. »ALSO HALTET ENDLICH DAS MAUL!«
Luckman schlug das Buch auf, das er die ganze Zeit über unter dem Arm getragen hatte. Sein mächtiger Brustkorb schwoll an. »Höre, Barris, ich werde dir nun aus dieser Schrift lesen.« Er begann, ungewöhnlich flüssig eine Textstelle aus dem Buch vorzulesen. »Der, der die Gabe hat, Christus als wirklicher zu erkennen als jede andere Wirklichkeit…«
»Wie?«, fragte Barris.
Luckman las unbeirrt weiter. »… als jede andere Wirklichkeit auf der Welt – Christus, der überall gegenwärtig ist und allerorten immer größer wird, Christus, die finale Bestimmung und das plasmatische Prinzip des Universums…«
»Was ist das?«, unterbrach ihn Arctor.
»Chardin, Teilhard de Chardin.«
»Meine Fresse.«
»… jener Mensch lebt wahrlich in einem Kosmos, in dem die mannigfaltigen Phantome der Welt ihn nicht bedrängen können und der doch zugleich die aktivste Werkstatt der universellen Erfüllung ist.« Luckman klappte das Buch wieder zu.
Freck, der dank seiner raschen Auffassungsgabe sofort begriff, dass es gleich Zoff geben würde, schob sich zwischen Barris und Luckman. »Nur die Ruhe, Jungs.«
»Aus dem Weg, Freck«, sagte Luckman und holte weit mit dem rechten Arm aus, um Barris einen Schwinger zu verpassen. »Na, komm schon, Barris. Ich hab’s nicht gern, wenn jemand mich in so’m Ton anmacht. Dafür kriegst du jetzt eine verpasst, dass dir die Eier aus dem Sack fliegen.«
Mit einem angsterfüllten Aufschrei ließ Barris Filzstifte und Notizblock fallen und stürzte Hals über Kopf in Richtung Haus davon. Und während er wegrannte, rief er über die Schulter: »Ich glaub, das Telefon hat gerade geklingelt. Bestimmt die Werkstatt, wegen des Vergasers.«
Sie sahen ihm nach, wie er in der Tür verschwand.
»Ich wollte ihn doch nur ein bisschen auf den Arm nehmen«, sagte Luckman dann und rieb sich die Unterlippe.
»Und wenn er jetzt seinen Revolver und den Schalldämpfer holt?«, herrschte Freck ihn an. Er bewegte sich auf seinen Wagen zu, um sich dahinter in Deckung werfen zu können, falls Barris zurückkam und das Feuer auf sie eröffnete.
»Machen wir weiter«, sagte Arctor zu Luckman. Die beiden wandten sich wieder der Reparatur des Vergasers zu, während sich Freck weiter ängstlich bei seinem Wagen herumdrückte und sich fragte, warum er bloß auf die Idee gekommen war, heute hier vorbeizuschauen. Von der lockeren Atmosphäre, die hier sonst herrschte, war nichts, aber auch gar nichts zu spüren. Schon von Anfang an hatte er beim Herumalbern den hässlichen Unterton bemerkt. Was war hier eigentlich los? In düsterer Stimmung stieg er in seinen Wagen, um den Motor anzulassen.
Wird hier auch alles den Bach runtergehen?, fragte er sich, so wie in Jerry Fabins Haus. Früher ging’s da ja auch immer ganz locker zu. Alle waren gut drauf und törnten sich an, während sie auf Acid-Rock, besonders auf die Stones, abfuhren. Donna saß da, in Lederjacken und Stiefeln, und füllte Kapseln; Luckman drehte Joints und erzählte von dem Seminar über Doperauchen und Jointdrehen, das er an der Universität von Kalifornien abzuhalten gedachte, und von dem absolut perfekten Joint, den er eines Tages drehen würde und den man zusammen mit all den anderen Reliquien, die für das amerikanische Nationalbewusstsein von so großer Wichtigkeit waren, unter Glas – in einer mit Helium gefüllten Vitrine – in der Constitution Hall ausstellen würde. Wenn ich zurückblicke, dachte Freck, nur bis zu dem Tag, als Jim Barris und ich im Fiddler’s saßen… sogar da war noch alles besser. Jerry war der Anfang – und jetzt geht genau dasselbe hier los. Wie können Tage, Ereignisse, Augenblicke, die so gut waren, bloß so schnell hässlich werden – und das ohne jeden Grund, ohne jeden wirklichen Grund? Einfach nur – ein Wandel. Und nichts, was ihn verursacht.
»Ich verzieh mich«, rief er Luckman und Arctor zu und ließ den Motor im Leerlauf aufheulen.
»Hey, Mann, bleib doch noch«, sagte Luckman mit einem warmen Lächeln. »Wir brauchen dich. Du bist unser Bruder.«
»Ach Scheiße, ich hab keine Lust mehr.«
Barris erschien wieder in der Haustür – einen
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