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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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aggressiv.
    Die Holos, überlegte Arctor, werden endlos solches Zeug aufzeichnen. Keine toten Bänder – sondern völlig ausgeflippte Bänder.
    Und plötzlich kam ihm der Gedanke, dass zumindest für ihn – für wen? – für Fred – nicht das wichtig war, was sich abspielte, während Robert Arctor vor den Holo-Kameras saß, sondern das, was geschah, während er nicht da war und andere Personen sich im Bereich der Aufzeichnungsgeräte aufhielten. Und deshalb, dachte er, sollte ich jetzt wie geplant einen Abgang machen, sollte diese Jungs hier allein lassen und andere Leute, die ich kenne, zu ihnen rüberschicken.
    Aber halt, mal angenommen, ich sehe Donna hier drinnen, wenn ich die Bänder abspiele – Donna, die mit einem Löffel oder einem Messer ein Fenster öffnet, hereinschlüpft und mein Eigentum zerstört oder stiehlt. Eine andere Donna: die Braut, die sie in Wirklichkeit ist, die sie jedenfalls immer dann ist, wenn ich sie nicht sehen kann. Diese philosophische ›Wenn ein Baum im Wald umfällt‹-Nummer. Wie ist Donna, wenn keiner in der Nähe ist und sie beobachtet?
    Verwandelt sich dieser sanfte, liebenswerte Mensch, dieses super-gutherzige Mädchen dann schlagartig in eine verschlagene, heimtückische Göre? Werde ich eine Veränderung erleben, die mir den Verstand raubt? Bei Donna oder bei Luckman, bei irgendjemandem, für den ich etwas empfinde? Nimm nur deine Katze oder deinen Hund – was tun die, wenn du aus dem Haus bist? Die Katze schnappt sich womöglich einen Kissenbezug und stopft deine ganzen Wertgegenstände hinein, die elektrische Uhr, den elektrischen Radiowecker, den Rasierapparat, alles, was sie nur einsacken kann, bevor du zurückkommst. Während du weg bist, ist sie wie verwandelt, eine ganz andere Katze, die dich beklaut und alles zur Pfandleihe bringt und deine Joints raucht und an der Decke entlangspaziert und Ferngespräche mit irgendwelchen Typen führt… und Gott weiß was noch. Ein Albtraum, eine verkehrte Welt hinter dem Spiegel, eine Stadt des Schreckens, in der unsägliche Geschöpfe herumkriechen, Donna auf allen vieren, die aus den Futternäpfen der Haustiere frisst… wilde psychedelische Trips jeder Art, unauslotbar, abscheulich.
    Ebenso gut könnte auch Bob Arctor mitten in der Nacht aus tiefem Schlaf erwachen und auf solche Trips gehen. Vielleicht hat er dann sexuelle Beziehungen mit der Wand. Oder mysteriöse Freaks tauchen auf, die er nie zuvor gesehen hat, ein ganzer Haufen davon, und sie alle haben eine besondere Art von Köpfen, die sich um 360 Grad drehen, wie die von Eulen. Und die Überwachungsmikrophone werden die abstrusen Pläne aufzeichnen, die er gemeinsam mit ihnen ausheckt und die vorsehen, das Männerklo an der Tankstelle um die Ecke in die Luft zu jagen, indem man die Toilette mit Plastiksprengstoff füllt – aus Gott weiß was für hirnverbrannten Gründen auch immer. Vielleicht passiert ja diese Art von Zeug jede Nacht, während er zu schlafen glaubt, und am Tag ist seine Erinnerung dann gelöscht.
    Bob Arctor wird vielleicht mehr über sich selbst erfahren, als er zu erfahren bereit ist, mehr jedenfalls als über Donna mit ihrer Lederjacke und über Luckman mit seinen modischen Klamotten und sogar über Barris – vielleicht geht Jim Barris ja einfach nur schlafen, wenn keiner in der Nähe ist, und schläft so lange, bis die anderen wieder auftauchen.
    Aber das bezweifelte er. Da war es schon wahrscheinlicher, dass Barris unter dem ganzen Müll in seinem Zimmer – das wie alle anderen Räume des Hauses nun rund um die Uhr überwacht wurde – einen geheimen Sender hervorzauberte und ein kryptisches Signal an jene Bande von kryptischen Arschlöchern sendete, mit denen er laufend aus irgendeinem Grund konspirierte, wie Leute wie er oder sie es eben zu tun pflegten. Vielleicht, wer weiß, bildeten sie ja eine andere Abteilung der Behörde.
    Andererseits würden Hank und die Jungs in der Zentrale nicht allzu glücklich sein, wenn Arctor jetzt, da die Kameras unter hohem Kostenaufwand montiert worden waren, sein Haus verließ und nie wieder gesehen ward, nie auf einem der Bänder auftauchte. Er konnte daher nicht einfach verschwinden, um seine eigenen Überwachungspläne zu verfolgen. Schließlich waren sie die Geldgeber dieses Projekts.
    In dem Drehbuch, das hier verfilmt wurde, musste er der Hauptdarsteller, der Star sein. Arctor – actor – Schauspieler, dachte er. Bob, der Schauspieler, der gejagt wird – er, der Staatsfeind Nummer eins.
    Es

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