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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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da etwas war, das ihn beobachtete – die auf ihn gerichteten Holo-Kameras. Von dem Moment an, da er über seine eigene Türschwelle trat. Er war allein – keiner außer ihm im Haus. Falsch! Keiner außer ihm und den unsichtbaren Kameras, die ihn beobachteten und alles aufnahmen. Alles, was er tat. Alles, was er sagte.
    Unwillkürlich musste er an jene Kritzeleien denken, die man manchmal auf öffentlichen Pissoirs sah: LÄCHLE! DU WIRST FÜR ›VORSICHT KAMERA‹ GEFILMT! Und das, dachte er, sobald ich das Haus betrete. Gespenstisch. Er mochte das nicht. Er fühlte sich gehemmt. Dieses Gefühl war vom ersten Tag an immer stärker geworden, dem Hundescheiße-Tag, wie er ihn nannte, eine Bezeichnung, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Und mit jedem darauf folgenden Tag war das Bewusstsein um die Anwesenheit der Kameras gewachsen.
    »Niemand da, nehme ich an«, sagte er wie üblich mit lauter Stimme und war sich dabei im Klaren, dass die mit den Kameras gekoppelten Mikrophone diese Worte aufnahmen. Doch er musste auf der Hut sein – er durfte ja die Position der Kameras nicht kennen. Wie ein Schauspieler vor einer Filmkamera, dachte er. Du musst spielen, als würde sie, die Kamera, gar nicht existieren, sonst schmeißt du die Szene.
    Und bei dieser Scheiße hier gibt es keine Möglichkeit zu wiederholen.
    Stattdessen muss man damit rechnen, gelöscht zu werden. Ich meine, ich muss damit rechnen. Nicht die Leute hinter den Kameras, sondern ich.
    Was ich tun sollte, um aus alldem herauszukommen, ist, das Haus zu verkaufen – es ist ja ohnehin am Ende. Aber… ich liebe dieses Haus. Punkt!
    Es ist mein Haus.
    Niemand kann mich hier rausbringen.
    Aus welchen Gründen auch immer sie das tun würden oder gerne täten.
    Immer vorausgesetzt, dass es da überhaupt ein ›sie‹ gibt.
    Vielleicht existieren ›sie‹, die mich beobachten, ja nur in meiner Einbildung. Paranoia. Oder besser: Nicht ›sie‹, sondern ›es‹. Das entpersonalisierte ›es‹.
    Was immer es ist, das mich beobachtet – ein Mensch ist es nicht. Jedenfalls nicht nach meinen Maßstäben. Es ist nichts, was ich als Menschen erkennen könnte.
    So albern das alles auch ist – so beängstigend ist es zugleich. Etwas geht hier vor, etwas wird mir angetan, von irgendeinem Ding, hier in meinem Haus. Direkt vor meinen Augen.
    Und vor den Augen von etwas anderem. Das, im Gegensatz zu meiner kleinen, dunkeläugigen Donna, niemals blinzelt. Was sieht eine Kamera eigentlich?, fragte er sich. Ich meine, was sieht sie wirklich? Sieht sie in den Kopf hinein? Oder in das Herz? Sieht eine starr montierte Infrarot-Kamera, wie man sie früher verwendete, oder eine 3-D-Abtastkamera, wie man sie heute verwendet, in mich – in uns – hinein und ist das Bild, das auf den Schirmen erscheint, klar oder verschwommen? Ich hoffe, dass das Bild auf den Schirmen klar ist, weil ich seit geraumer Zeit nicht mehr in mich selbst hineinsehen kann. Ich sehe nur Matsch. Matsch draußen, Matsch drinnen. Um unser aller willen hoffe ich, dass die Kameras es besser können. Denn wenn die Kameras nur dunkle Bilder liefern, so dunkle wie die, die ich selber sehe, dann sind wir alle verdammt, wieder verdammt, wie wir es ja seit jeher gewesen sind, und dann werden wir am Ende sterben, ohne etwas zu wissen, und selbst das bisschen, das wir wissen, jenes winzige Bruchstück der Wahrheit, werden wir noch falsch ausgelegt haben.
    Wahllos nahm er ein Buch aus dem Regal im Wohnzimmer – es war, wie er feststellte, ›Das große illustrierte Buch der körperlichen Liebe‹. Als er es aufschlug, entdeckte er das Bild eines Mannes, der mit seligem Lächeln an der rechten Titte einer vor Lust keuchenden Braut knabberte, und er sagte laut, ganz so, als lese er etwas aus dem Buch vor, als zitiere er die Worte eines berühmten, altehrwürdigen Philosophen, der er nicht war: »Jeder Mensch sieht nur einen winzigen Teil der einen, alles umfassenden Wahrheit, und sehr oft, ja sogar nahezu…
     
    Weh! steck ich in dem Kerker noch?
    Verfluchtes dumpfes Mauerloch,
    Wo selbst das liebe Himmelslicht
    Trüb durch gemalte Scheiben bricht!
    Beschränkt von diesem Bücherhauf,
    Den Würmer nagen, Staub bedeckt,
    Den bis ans hohe…
     
    … immer, bringt er sich sogar noch selbst um jenes kleine, kostbare Bruchstück. Ein Teil von ihm wendet sich gegen ihn und handelt wie eine andere Person, besiegt ihn von innen heraus. Ein Mensch innerhalb eines Menschen. Und damit letztlich gar kein Mensch.«
    Mit

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