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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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auch bei Holo-Bändern möglich war. Sicherlich eine
    schwierige Aufgabe, aber …
    Wenn unsere Abtastkameras nur in Intervallen arbei-
    ten würden, dachte er, hätten wir jetzt eine Sequenz, die zeigt, wie Arctor mit einem Mädchen im Bett liegt, das er vielleicht nie ins Bett gekriegt hat und auch nie ins Bett kriegen wird. Aber auf dem Band ist genau das zu sehen.
    300
    Oder handelt es sich vielleicht nur um einen elektronischen Bildfehler oder Bildzusammenbruch? überlegte er.
    Was man bei Tonbändern Durchmagnetisierung nennt.
    Eine Art elektronische Durchmagnetisierung von einem Abschnitt des Bandes auf einen anderen. Wenn die Bild-impulse bei der Aufnahme zu hoch verstärkt waren und zwei Bandsektionen zu lange in Berührung miteinander kamen, dann mochten die Impulse sozusagen abfärben.
    Himmel, dachte er. Das Bild Donnas stammt aus einer vorangegangenen oder einer nachfolgenden Szene, vielleicht aus der im Wohnzimmer.
    Wenn ich bloß mehr über die technische Seite des
    Überwachungsvorganges wüßte, dachte er. Ich verschaf-fe mir lieber mehr Hintergrundinformationen darüber, bevor ich die Sache an die große Glocke hänge. Manchmal gibt es ja auch beim Rundfunk Wellensalat; ein Sender überlagert einen – Überlagerungseffekte, entschied er. Zufällige Überlagerungseffekte.
    Wie die Geisterbilder auf einem Fernsehbildschirm.
    Technisch bedingt, eine Fehlfunktion. Störimpulse eines anderen Senders. Wieder ließ er das Band vorwärts laufen. Der Schirm zeigte jetzt wieder nur Connie und wür-de auch weiterhin nur Connie zeigen. Und dann … wieder sah Fred, wie Donnas Gesicht sich in das Bild stahl, und diesmal wachte der schlafende Mann neben ihr im Bett – Bob Arctor – nach einem Augenblick auf und setzte sich mit einem Ruck hin, tastete dann nach der Lampe auf dem Nachttisch; die Lampe fiel zu Boden, und Arctor saß da und starrte unverwandt auf das schlafende Mädchen, auf die schlafende Donna.
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    Als Connies Gesicht ganz allmählich wieder Donnas
    Gesicht verdrängte, entspannte sich Arctor, und schließ-
    lich sank er wieder zurück und schlief weiter. Aber sein Schlaf war nicht mehr so ruhig wie zuvor.
    Tja, das erledigt wohl die Theorie mit den technisch bedingten Fehlfunktionen, dachte Fred. Hat sich was mit elektronischem Abfärben oder Überlagerungseffekten.
    Arctor hat es auch gesehen. Ist aufgewacht, hat es gesehen, hingestarrt und dann aufgegeben.
    Heiliger Himmel, dachte Fred und desaktivierte die
    ganze Anlage vor ihm vollständig. »Schätze, ich hab’
    genug für heute«, erklärte er und erhob sich zittrig auf die Füße. »Mir reicht’s.«
    »Wohl ein bißchen abartigen Sex gesehen, was?« frag-te ein Jedermann-Anzug. »Na, du wirst dich schon an diesen Job gewöhnen.«
    »Ich werde mich nie an diesen Job gewöhnen«, sagte
    Fred. »Darauf kannst du wetten.«
    302

XI
    Da jetzt nicht mehr nur sein Cephskop, sondern sein Wagen reif für eine Reparatur war, fuhr er am nächsten Morgen mit dem Taxi bei der Schlosserei Englesohn vor, vierzig Dollar in bar in der Tasche und eine gute Dosis Besorgnis im Herzen.
    Der Laden hatte eine altertümliche, hölzerne Ausstrah-lung; zwar war das Ladenschild eher modern gehalten, aber in den Schaufenstern lagen seltsame messingne
    Zierstücke von einer Art aus, wie man sie bei einer Schlosserei eben erwarten konnte: irre zierliche Briefkä-
    sten, ausgeflippte Türknäufe, die so geformt waren, daß sie menschlichen Köpfen ähnelten, große Attrappen
    schwarzer, eiserner Schlüssel. Er trat ein. Halbdunkel umgab ihn. Wie in der Bude eines Dopers, dachte er und genoß die Ironie.
    An einem Ladentisch, der von zwei großen Maschinen
    zum Fräsen und Polieren von Schlüsselbärten und Tausenden von unfertigen, von Gestellen herabbaumelnden Schlüsseln überragt wurde, begrüßte ihn eine ältliche, mollige Dame. »Guten Morgen, Sir. Sie wünschen?«
    Arctor sagte: »Ich bin hier …

    Ihr Instrumente freilich spottet mein,
    Mit Rad und Kämmen, Walz’ und Bügel:
    Ich stand am Tor, ihr solltet Schlüssel sein;
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    Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel*

    … um einen von mir ausgestellten Scheck auszulösen, den die Bank retourniert hat. Er ist über zwanzig Dollar, glaube ich.«
    »Oh.« Die Dame holte liebenswürdig einen mit einem
    Deckel verschlossenen Karteikasten aus Metall unter der Theke hervor, suchte nach dem dazugehörigen Schlüssel und entdeckte dann, daß der Karteikasten gar nicht abgeschlossen war. Sie

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