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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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wohl, es wieder zu wenden? Es wieder umzukehren, so daß es wieder so ist, wie es eigentlich sein sollte?
    Den Bruchteil einer Sekunde.
    Jetzt begreife ich, dachte er, was jene Bibelstelle bedeutet: Durch ein dunkles Glas. Aber trotzdem ist mein perzeptives System so im Arsch wie eh und je. Wie sie es mir erklärt haben. Ich begreife, aber ich bin hilflos –
    kann mir nicht selber helfen.
    Da ich beide Formen auf einmal sehe, dachte er, die, die der Norm entspricht, und die, die ihr nicht entspricht, bin ich vielleicht der erste Mensch in der Geschichte, für den beides völlig gleichwertig ist und der so einen flüchtigen Blick von dem erhascht, wie es sein wird, wenn alles richtig ist. Obwohl ich auch das andere wahrnehme, das Gewöhnliche. Und was davon ist was?
    Was ist verkehrt, und was nicht?
    Wann sehe ich eine Fotografie, wann ein Spiegelbild?
    Und wie hoch ist wohl mein Krankengeld oder mein Ruhestandsgehalt oder meine Invalidenrente, während die mich trockenlegen? fragte er sich, und schon jetzt spürte 368
    er ein ungeheures Entsetzen, eine alles durchdringende Furcht und Kälte. Wie kalt ist es in diesem unterirdischen Gewölbe! Das ist natürlich, es ist ja tief.* Und ich muß von dem Dreck loskommen. Auf Entzug gehen. Ich habe gesehen, wie andere Leute das durchgemacht haben. Herr im Himmel, dachte er und schloß die Augen.
    »Es mag wie Metaphysik klingen«, sagte einer von ihnen gerade, »aber die Leute bei den Mathematikern sagen, daß wir so dicht vor der Grenze einer neuen Kosmo-logie stehen könnten, daß –«
    Der andere sagte erregt: »Die Unendlichkeit der Zeit, die als Ewigkeit ausgedrückt wird – als eine Schleife. Genau wie eine Endlosschleife auf einer Tonbandcassette!«

    *

    Er mußte noch eine Stunde rumbringen, bis er wieder in Hanks Büro erwartet wurde, um sich Barris’ Beweise
    anzuhören und sie zu überprüfen.
    Die Cafeteria des Gebäudes zog ihn irgendwie an, und so ging er in diese Richtung, Teil eines ununterbrochenen Stromes von Menschen in Uniform und Menschen in Jedermann-Anzügen und Menschen in Schlips und Kragen.
    In der Zwischenzeit wurden die Befunde der Psycho-
    logen vermutlich gerade zu Hank hochgebracht. Sie würden dort vorliegen, wenn er hinkam.
    Wenigstens gibt mir diese Frist Zeit zum Nachdenken, überlegte er, als er in die Cafeteria schlenderte und sich

    * Anm. d. Übers.: Deutsch im Original.
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    in die Schlange der Wartenden einreihte. Zeit. Angenommen, dachte er, die Zeit ist rund, wie die Erde. Du segelst nach Westen, um Indien zu erreichen. Alle lachen dich aus, aber am Ende liegt Indien da vor dir, nicht hinter dir. In der Zeit – vielleicht liegt die Kreuzigung vor uns, während wir dahinsegeln und glauben, sie liege hinter uns im Osten. Vor ihm eine Sekretärin. Enger blauer Sweater, kein BH, fast kein Rock. Es war ein angenehmes Gefühl, sie mit Blicken auszuziehen; er starrte und starrte, und schließlich bemerkte sie ihn und rückte unbehaglich mit ihrem Tablett ein paar Schritte weiter vor.
    Die Menschwerdung und die Wiederkunft Christi –
    ein und dasselbe Ereignis, dachte er; Zeit eine Endlosschleife auf einer Tonbandcassette. Kein Wunder, daß sie sich so sicher waren, daß es geschehen würde. Er würde zurückkommen.
    Er betrachtete das Hinterteil der Sekretärin, aber dann fiel ihm ein daß sie ihn ihrerseits unmöglich so erkennen konnte, wie er sie erkannte, denn in seinem Anzug hatte er kein Gesicht und keinen Arsch. Aber sie spürt, daß ich sie im Visier habe, entschied er. Jede Puppe mit solchen Beinen würde das sehr deutlich spüren – bei jedem Mann.
    Weißt du, dachte er, in diesem Jedermann-Anzug
    könnte ich ihr eins über den Kopf geben und sie bis in alle Ewigkeit bumsen, und wer würde je erfahren, wer es getan hat? Wie könnte sie mich überhaupt identifizieren?
    Was für Verbrechen man in diesen Anzügen begehen
    könnte! philosophierte er. Aber nicht nur richtige Verbrechen, sondern auch läßlichere Sünden – Sachen eben, die man sonst nie tat; immer tun wollte, aber nie tat.
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    »Miß« sagte er zu dem Mädchen mit dem engen blau-
    en Sweater, »Sie haben aber verdammt hübsche Beine.
    Aber ich vermute, das wissen Sie längst, oder Sie würden nicht so einen Mikrorock wie den da tragen.«
    Das Mädchen schnappte nach Luft. »Eh«, sagte sie.
    »Oh, jetzt weiß ich, wer Sie sind.«
    »Wirklich?« sagte er überrascht.
    »Pete Wickam«, sagte das Mädchen.
    »Was?« sagte er.
    »Sind Sie nicht Pete Wickam?

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