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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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kaufte, war es genau derselbe, den sie einem schon beim letzten Mal verkauft hatten und beim Mal davor 54
    und immer so weiter, bis zurück in jene Zeit, bevor man geboren worden war. Und um das Maß voll zu machen,
    behaupteten böse Zungen auch noch, daß er aus Trut-
    hahnmägen bestand. Was natürlich nur eine ganz üble Lüge sein konnte.
    Wenn man den Reklameschildern glauben schenken
    wollte, dann hatten sie denselben Original-Hamburger mittlerweile fünfzig Milliarden Mal verkauft. Vielleicht sogar immer an denselben Kunden? Das Leben in Anaheim, Kalifornien, war ein einziger, verselbständigter Werbespot, der endlos wiederholt wurde. Nichts änderte sich; alles breitete sich nur weiter und weiter in Form von Neonschleim aus. Das, was diese Stadt in immer größeren Mengen überschwemmte, schien schon vor langer
    Zeit unabänderlich festgelegt worden zu sein; es war, als ob sich die automatische Fabrik, die diese Objekte aus-spuckte, nicht mehr abschalten ließe, nachdem man einmal auf den Startknopf gedrückt hatte. Der .Aus-Schalter war blockiert. Wie aus dem Land Plastik wurde, dachte Arctor und erinnerte sich an das alte Märchen »Wie aus dem Meer Salz wurde«. Eines Tages, dachte er, wird es gesetzlich vorgeschrieben sein, daß wir alle den McDonalds-Hamburger sowohl kaufen als auch wieder verkaufen müssen; wir werden ihn in alle Ewigkeit von unseren Wohnzimmern aus hin und her verkaufen. Auf diese
    Weise werden wir nicht einmal mehr nach draußen gehen müssen!
    Arctor schaute auf die Uhr. Halb drei: Zeit, sich ans Telefon zu hängen und sich um Nachschub zu kümmern.
    Donna hatte ihm gesagt, daß er über sie einen guten Deal 55
    machen könne – schätzungsweise tausend Tabletten mit Substanz T, verschnitten mit Meth.
    Sobald er den Stoff hatte, würde er ihn natürlich an das Amt für Drogenmißbrauch des County weiterleiten, damit die Tabletten analysiert und dann vernichtet werden konnten – oder was immer sie damit vorhaben mochten. Sie vielleicht selber einpfeifen, wie das jedenfalls ein Gerücht behauptete. Oder sie wieder verkaufen. Aber Arctor kaufte nicht von Donna, um sie wegen Dealens hochgehen zu lassen; er hatte schon viele Male bei ihr Stoff gekauft und sie nie festgenommen. Darum ging es ihm gar nicht. Warum sollte man auch einen Gelegenheits-Dealer hopsnehmen, eine Puppe, die es cool und in fand, mit Drogen zu handeln? Die Hälfte aller Rauschgift-Agenten im Orange County wußten, daß Donna deal-te, und kannten sie vom Sehen. Donna dealte manchmal auf dem Parkplatz des 7-11-Ladens, direkt vor der auto-matischen Holo-Kamera, die die Polizei dort installiert hatte, und sie war bisher immer damit durchgekommen.
    Irgendwie konnte Donna nie auf die Schnauze fliegen, ganz egal, was sie tat und wer auch immer sie dabei beobachten mochte.
    Arctors sämtliche Drogenkäufe bei Donna dienten
    letztlich alle nur einem übergeordneten Ziel: nämlich dem, über Donna die Spur zu dem Nachschublieferanten aufzunehmen, von dem sie ihren Stoff bezog. Eben darum nahmen die Mengen, die er von ihr kaufte, immer
    mehr zu. Anfangs hatte er sie nur mal beschwatzt – wenn das das richtige Wort dafür war –, ihm mit zehn Tabletten auszuhelfen. Nur ein persönlicher Gefallen, so von 56
    Freund zu Freund … Später dann hatte er, sozusagen als Wiedergutmachung, ein Päckchen mit hundert Tabletten gekauft, und schließlich sogar gleich drei Päckchen auf einmal. Jetzt konnte er, wenn er Glück hatte, tausend Tabletten auf einen Schlag herausholen, was zehn Päckchen entsprach. Und bald würde er dazu übergehen, regelmä-
    ßig in solchen Mengen zu kaufen, daß Donna finanziell nicht mehr mithalten konnte; sie würde ihrem Nachschublieferanten nicht mehr so viel Geld vorschießen können, daß dieser sich noch auf das Geschäft einzulas-sen wagte. Deshalb würde sie in der Klemme sitzen, statt einen großen Profit zu machen. Natürlich würden sie feil-schen; Donna würde darauf bestehen, daß Arctor wenigstens einen Teil des Geldes im voraus bezahlte; er aber würde ablehnen. Sie wiederum würde die Summe allein aus ihren Mitteln nicht aufbringen können, und die Zeit würde knapp werden – selbst bei einem so kleinen Deal würde das große Zittern beginnen. Alle Beteiligten würden ungeduldig werden; Donnas Nachschublieferant –
    wer immer das auch sein mochte – würde wie auf heißen Kohlen sitzen, seine Ware nicht loswerden können und langsam ausflippen, weil Donna nichts von sich hören ließ.

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