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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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alle gesehen haben.
    Er sah nämlich zwei gesonderte Verbindungslinien
    zwischen dem rückwärtigen und dem vorderen Zahnrad-
    system, das heißt, er konnte simultan zwei voneinander verschiedene Verbindungslinien wahrnehmen, die von
    den beiden vorderen Zahnrädern der Reihe nach zu jedem der fünf hinteren verliefen. Sie hingegen haben nur 209
    eine Verbindung zu allen rückwärtigen Zahnrädern gesehen.«
    »Aber das würde dann sechs Gänge machen«, sagte
    Fred. »Zwei Zahnräder vorne, aber eine Verbindung.«
    »Was wiederum ein Fall von inakkurater Wahrneh-
    mung ist. Keiner hat dem schwarzen Jungen das beigebracht; wenn man ihm in der Schule überhaupt was bei-gebracht hat, dann höchstens, durch Nachdenken – also durch eine Aktivität auf der kognitiven Ebene – herauszufinden, was es mit diesen beiden Verbindungslinien auf sich haben könnte. Sie hingegen haben eine davon einfach vollständig übersehen. Sie alle! Obwohl Sie vorne zwei Zahnräder gezählt haben, haben Sie sie auf der perzeptiven Ebene doch als gleichartig aufgefaßt.«
    »Beim nächsten Mal werd’ ich’s besser machen«, sag-
    te Fred.
    »Bei welchem nächsten Mal? Wenn Sie wieder ein
    geklautes Zehn-Gang-Rad kaufen? Oder wenn Sie den
    ganzen perzeptiven Input, der täglich so anfällt, in Ihrem Gehirn verarbeiten?«
    Fred schwieg.
    »Lassen Sie uns mit dem Test fortfahren«, sagte der sitzende Assistent. »Was sehen Sie in diesem Bild hier, Fred?«
    »Plastik-Hundescheiße«, sagte Fred. »Wie die, die hier im Raum Los Angeles verkauft wird. Kann ich jetzt gehen?« Das alles kam ihm wie eine Neuauflage der An-
    sprache vor dem Lions-Club vor.
    Aber zu seiner Überraschung lachten die beiden Assistenten.
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    »Wissen Sie, Fred«, sagte der, der ihm gegenübersaß,
    »Sie nehmen’s wenigstens noch mit Humor, und wenn
    Sie den auch in Zukunft behalten, dann werden Sie’s vielleicht machen.«
    »Machen?« wiederholte Fred wie ein Echo. »Was machen? Meinen Weg machen? Eine Puppe anmachen?
    Meine Fehler wiedergutmachen? Mir in die Hose ma-
    chen? Geld machen? Boden gutmachen? Noch mehr von
    diesem Scheiß hier durchmachen? Definieren Sie die Be-deutungsebene des von Ihnen verwendeten Begriffs. Das lateinische Wort für ›machen‹ ist facere, was mich immer an hickere erinnert, und das ist lateinisch für ›fik-ken‹, und das wiederum bringt mich darauf, daß in der Hinsicht …

    Das Gehirn der höheren Tiere und somit auch das
    menschliche Gehirn ist ein Doppelorgan, das sich aus einer rechten und einer linken Hemisphäre zusammen-setzt, die durch einen Isthmus aus Nervengewebe, den man ›Corpus Callosum‹ nennt, miteinander verbunden
    sind. Vor rund fünfzehn Jahren machten Ronald E.
    Myers und R.W. Sperry, die seinerzeit an der Universität von Chicago arbeiteten, eine überraschende Entdeckung: Wenn diese Verbindung zwischen den bei-
    den Hälften des Cerebrums durchtrennt wird, so funktionieren beide Hemisphären unabhängig voneinander, als sei jede davon ein vollständiges Gehirn.

    … in letzter Zeit nicht sehr viel gelaufen ist, scheiß’ was drauf, Plastikscheiße oder richtige Scheiße oder was für 211
    Shit auch immer. Wenn ihr Jungs so ‘ne Art Psychologen seid und ihr euch laufend meine endlosen Rapporte bei Hank angehört habt, dann sagt mir doch mal eins: Wie deichsle ich die Sache mit Donna? Wie komme ich an sie ran? Ich meine, wie macht man das? Bei so einer süßen, einzigartigen, spröden kleinen Puppe wie der?«
    »Jedes Mädchen ist anders«, sagte der sitzende Assistent.
    »Ich meine, auf anständige Weise«, sagte Fred. »Nicht auf die Tour, sie mit Pillen und Fusel vollzupumpen und ihr dann einen reinzuschieben, während sie auf dem Fuß-
    boden vom Wohnzimmer liegt.«
    »Kaufen Sie ihr Blumen«, sagte der stehende Assi-
    stent.
    »Wie bitte?« sagte Fred, und seine durch den Schirm des Jedermann-Anzugs gefilterten Augen öffneten sich weit.
    »Zu dieser Jahreszeit können Sie überall kleine Frühlingsblumen kriegen. In den Blumenabteilungen von
    Penney’s oder K Mart zum Beispiel. Oder eine Azalee.«
    »Blumen«, murmelte Fred. »Meinen Sie Plastikblu-
    men? Richtige Blumen, vermute ich.«
    »Die aus Plastik bringen’s nicht«, sagte der sitzende Assistent. »Die sehen aus, als wären sie … na, nachgemacht halt. Irgendwie nachgemacht.«
    »Darf ich jetzt gehen?« fragte Fred.
    Die beiden Assistenten wechselten einen Blick und
    nickten dann. »Wir werden Sie zu einem späteren Zeitpunkt weiter

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