Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
er begann zu weinen. Und in diesem Zustand fuhr er weiter in Richtung Heimat.

    *

    Als Robert Arctor zusammen mit seinen Freunden im
    Wohnzimmer saß und zu einer Entscheidung darüber zu 228
    gelangen versuchte, ob er nun den Vergaser überholen lassen oder sich nicht doch vielleicht einen neuen Vergaser oder sogar einen modifizierten Vergaser – plus einem neuen Verteiler – anschaffen sollte, spürte er die schwei-gende, nie aussetzende Überwachung durch die Holo-
    Kameras, ihre elektronische Allgegenwart. Es war ein beruhigendes Gefühl.
    »Du machst so ‘n gutgelaunten Eindruck«, sagte
    Luckman. »Wenn ich hundert Eier rausschieben müßte, wär’ ich nicht so guter Laune.«
    »Ich hab’ gerade beschlossen, so lange rumzuziehen, bis ich auf einen Olds wie meinen stoße«, erklärte Arctor. »Und dann montiere ich denen ihren Vergaser raus und bezahle gar nichts. So machen’s doch alle, die wir kennen.«
    »Besonders Donna«, sagte Barris beipflichtend. »Es
    wäre mir lieber gewesen, wenn sie nicht ins Haus gekommen wäre, während wir neulich weg waren. Donna
    stiehlt alles, was sie wegtragen kann, und wenn sie’s nicht alleine wegtragen kann, dann ruft sie eben ihre Bande von Klaubrüdern an, und die kreuzen auf und tragen’s für sie weg.«
    »Ich will euch mal eine Geschichte erzählen, die ich über Donna gehört habe«, sagte Luckman. »Also: Irgendwann hat Donna mal ‘n Vierteldollar in einen dieser Briefmarkenautomaten reingesteckt – ihr wißt schon, so einen mit Rollenmarken drin –, und die Maschine ist ausgeflippt und hat gar nicht mehr damit aufgehört, Briefmarken rauszukurbein. Nach ‘ner Zeit hatte sie schon einen ganzen Einkaufskorb voll. Aber der Automat 229
    hat immer noch mehr von dem Zeug ausgespuckt. Am Ende hatte sie so ungefähr – sie und ihre Klaubrüder haben sie gezählt – gut achtzehntausend 15-Cent-Marken.
    Tja, das war ja schon mal ‘ne heiße Sache – nur: Was sollte Donna Hawthorne damit machen? Schließlich hat sie noch nie in ihrem ganzen Leben einen Brief geschrieben, außer damals, als sie ihre Rechtsanwalt damit beauftragt hat, einen Typen zu belangen, der sie bei einem Deal gelinkt hatte.«
    »Das hat Donna gemacht?« sagte Arctor. »Sie hat wirklich einen Rechtsanwalt eingeschaltet, als sie bei einer illegalen Transaktion betrogen worden ist? Wie geht denn das?«
    »Vielleicht hat sie einfach behauptet, der Macker wür-de ihr Flöhe schulden.«
    »Stell dir bloß mal vor, du würdest nach einem Deal von einem Rechtsanwalt einen bitterbösen Mahnbrief
    kriegen«, sagte Arctor. »Nach dem Motto: ›Entweder Sie zahlen, oder wir gehen vor Gericht!‹« Wie schon so oft konnte er auch jetzt wieder nur über Donna staunen.
    »Jedenfalls«, fuhr Luckman fort, »stand sie also nun mit einem Einkaufskorb da, der randvoll mit 15-Cent-Marken war – achtzehntausend mindestens. Was zum
    Teufel fängt man damit an? Schließlich kann man sie nicht ans Postamt zurückverkaufen. Und wenn die Leute von der Post aufkreuzten, um den Automaten zu warten, würden sie feststellen, daß er ausgeflippt war, und wenn dann jemand mit lauter 15-Cent-Marken an einem Schalter auftauchte, besonders mit ‘ner Rolle davon – Scheiße, die würden doch sofort kapiert haben, woher der Wind 230
    weht; wahrscheinlich würden sie sogar schon auf Donna gewartet haben, stimmt’s? Also legte sie sich einen anderen Plan zurecht – natürlich erst, nachdem sie die Brief-markenrolle in ihren MG geladen hatte und weggefahren war –, und dann rief sie ein paar von ihren Klaubrüdern an, mit denen sie immer zusammenarbeitet, und befahl ihnen, zu ihr rüberzukommen und einen Preßlufthammer mitzubringen, so ein Spezialmodell, wassergekühlt und mit Flüssigkeits-Schalldämpfung, ein richtig irres Ding, das sie – so wahr mir Gott helfe! – auch geklaut hatten.
    Mitten in der Nacht gruben sie dann den einbetonierten Briefmarkenautomaten aus und schafften ihn in ihre Bu-de, auf der Ladefläche eines Ford Ranchero. Der vielleicht auch geklaut war. Und das alles wegen der Briefmarken.«
    »Willst du damit sagen, daß sie die Briefmarken verkauft haben?« fragte Arctor verblüfft. »Aus dem Automaten? Marke für Marke?«
    »Nach dem, was ich gehört habe, legten sie jedenfalls die Rolle wieder ein und stellten die Automaten wieder auf, an einer belebten Kreuzung, wo eine Menge Leute vorbeikommen, aber natürlich ein wenig versteckt, so daß er nicht zufällig von einem Postauto aus gesichtet

Weitere Kostenlose Bücher