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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Ich hab’s vergessen.«
    »Um die ganzen Federn und was es da sonst so an un-
    wichtigen Teilchen gibt zu erneuern«, sagte Arctor.
    »Damit er nicht wieder über den Jordan geht und wir 222
    beinahe mit ihm. Der Mechaniker von der Union-
    Tankstelle hat uns das geraten.«
    »Wenn ihr Bastarde nicht so dumm rumlabern würdet
    wie eine Bande von Speed-Freaks«, sagte Barris, »könnte ich endlich meine Berechnungen abschließen und euch sagen, wieviel dieser Wagen hier mit einem Rochester-Vergaser bringen würde, natürlich unter Berücksichtigung seines Gewichts und der notwendigen Modifikationen der Einspritzdüsen.« Er war jetzt echt sauer. »Also HALTET ENDLICH DAS MAUL!«
    Luckman schlug das Buch auf, das er die ganze Zeit
    über unter dem Arm getragen hatte. Er plusterte sich so auf, daß es aussah, als sei er viel größer als gewöhnlich.
    Sein mächtiger Brustkorb schwoll an. Sein Bizeps ebenfall. »Höre, Barris, ich werde dir nun aus dieser Schrift lesen. « Er fing an, ungewöhnlich flüssig eine Textstelle aus dem Buch vorzulesen. »›Der, der die Gabe hat, Christus als wirklicher zu erkennen als jede andere Wirklichkeit …‹«
    »Was?« sagte Barris.
    Luckman las unbeirrt weiter. »›… als jede andere
    Wirklichkeit auf der Welt – Christus, der überall gegenwärtig ist und allerorten immer größer wird, Christus, die finale Bestimmung und das plasmatische Prinzip des Universum –‹«
    »Was ist das?« sagte Arctor.
    »Chardin, Teilhard de Chardin.«
    »Mein Gott, Luckman«, sagte Arctor.
    »›… jener Mensch lebt wahrlich in einem Kosmos, wo
    die mannigfaltigen Phantome der Welt ihn nicht bedrän-223
    gen können und die doch zugleich die aktivste Werkstatt der universellen Erfüllung ist.‹« Luckman klappte das Buch wieder zu.
    Charles Freck, der dank seiner raschen Auffassungs-
    gabe sofort begriff, daß es jetzt gleich Zoff geben würde, schob sich zwischen Barris und Luckman. »Macht doch mal halblang, Jungs.«
    »Aus dem Weg, Freck«, sagt Luckman und holte weit
    mit dem rechten Arm aus, um Barris mit einem von unten hochgezogenen Schwinger kräftig eins zu verpassen.
    »Na, komm schon, Barris. Ich hab’s nicht gern, wenn jemand mich in so ‘m Ton anmacht. Dafür kriegst du
    jetzt eine getafelt, daß dir die Eier aus dem Sack fliegen.«
    Mit einem flehentlichen, angsterfüllten Aufblöken ließ Barris Filzstift und Notizblock fallen und stürzte Hals über Kopf in Richtung der offenstehenden Haustür davon. Während er wegrannte, rief er über die Schulter zu-rück: »Ich glaub’, das Telefon hat gerade geklingelt. Bestimmt die Werkstatt wegen des Vergasers.«
    Sie sahen ihm nach, wie er in der Tür verschwand.
    »Ich wollte ihn nur ein bißchen auf den Arm nehmen«, sagte Luckman, seine Unterlippe reibend.
    »Und wenn er jetzt seinen Revolver und den Schall-
    dämpfer holt?« sagte Freck, dessen Nerven zum Zerrei-
    ßen gespannt waren. Schrittchenweise bewegte er sich auf seinen Wagen zu, um sich blitzschnell dahinter in Deckung werfen zu können, falls Barris zurückkam und das Feuer auf sie eröffnete.
    »Machen wir weiter«, sagte Arctor zu Luckman. Die
    beiden wandten sich wieder der Reparatur des Vergasers 224
    zu, während Freck sich ängstlich bei seinem eigenen Wagen herumdrückte und sich fragte, warum er bloß auf die Idee gekommen war, heute hier reinzuschauen. Von der lockeren Atmosphäre, die sonst hier herrschte, war nichts, aber auch rein gar nichts zu spüren. Schon von Anfang an hatte er die häßlichen Untertöne beim Herum-albern bemerkt. Was, zum Teufel, ist eigentlich nicht in Ordnung? fragte er sich und stieg in düsterer Stimmung wieder in seinen Wagen, um den Motor anzulassen.
    Wird sich hier auch alles zum Schlimmeren wenden,
    fragte er sich, so wie in Jerry Fabins Haus während der letzten Wochen mit ihm? Früher ging’s da ja auch immer ganz locker zu, dachte er. Alle machten sich einen Lenz und törnten sich an, während sie auf Acid-Rock, besonders auf den Stones, abfuhren. Donna saß da, in Lederjäckchen und Stiefeln, und füllte Kapseln; Luckman
    drehte Joints und erzählte dabei von dem Seminar über Doperauchen und Jointdrehen, das er an der UCLA* ab-zuhalten gedachte, und von dem absolut perfekten Joint, den er eines Tages plötzlich drehen würde und den man als Teil der amerikanischen Geschichte zusammen mit all den anderen Reliquien, die für das amerikanische Natio-nalbewußtsein von so großer Wichtigkeit waren, unter Glas – in einer

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