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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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von dem frischen, sauberen Wasser herunter. »Ich weiß, was du tun würdest, wenn ich tot umfiele – du würdest meinen Stash klauen. Du würdest sogar meine Taschen nach Stoff filzen.«
    »Wirklich faszinierend«, sagte Barris, »diese Be-
    schränkungen der menschlichen Anatomie. Ich meine,
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    daß Nahrung und Luft sich einen gemeinsamen Durch-
    gang teilen müssen. So daß jederzeit die Gefahr besteht, daß –«
    Wortlos bedeutete Luckman ihm, sich doch einen run-
    terzuholen.

    *

    Das Kreischen von Bremsen. Eine Hupe. Bob Arctor
    blickte hastig auf, spähte hinaus in den nächtlichen Verkehr. Am Bordstein ein Sportwagen mit laufendem Mo-
    tor; am Steuer ein Mädchen, das ihm zuwinkte.
    Donna.
    »Mein Gott«, sagte er wieder. Mit einem langen
    Schritt war er am Randstein.
    Während sie die Tür ihres MGs öffnete, sagte Donna:
    »Hab’ ich dich etwa erschreckt? Ich war auf dem Weg zu deiner Bude und bin erst glatt an dir vorbeigefahren, bis ich plötzlich gecheckt hab’, daß du das warst, der da ent-langtrabte. Darum hab’ ich umgedreht und bin zurückgekommen. Steig ein.«
    Schweigend stieg er ein und schloß die Wagentür.
    »Warum bist du um diese Zeit hier draußen unter-
    wegs?« sagte Donna. »Wegen deines Wagens? Ist er
    immer noch nicht wieder in Ordnung?«
    »Ich hab’ grad’ eine total ausgeflippte Sache erlebt«, sagte Bob Arctor. »Nicht auf’m Trip, sondern …« Er
    schauderte.
    Donna sagte: »Ich hab’ dein Zeug.«
    »Was?« sagte er.
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    »Tausend Tabletten Tod.«
    »Tod?« echote er.
    »Yeah, hochgradigen Tod. Ich fahr’ besser los.« Sie schaltete in den niedrigsten Fahrbereich, fuhr los und fädelte sich in den Verkehr ein; fast augenblicklich hatte sie den Wagen bis über die zulässige Höchstgeschwindigkeit hochgejagt. Donna fuhr immer zu schnell und zu dicht auf, aber zugleich auch sehr gekonnt.
    »Dieser Scheißkerl Barris!« sagte er. »Weißt du, wie er arbeitet? Wenn er jemanden um die Ecke bringen will, tötet er ihn nicht etwa eigenhändig; er wartet nur ganz einfach, bis eine Situation eintritt, in der der Betreffende von selbst stirbt. Und Barris sitzt ganz ruhig dabei, während der andere stirbt. Er richtet es sogar gezielt so ein, daß sie sterben und er sich raushalten kann. Aber ich bin mir nicht sicher, wie er das macht. Jedenfalls arrangiert er alles so, daß sie abkratzen können, einfach abkratzen.«
    Dann verfiel er in tiefes Schweigen und brütete vor sich hin. »Beispielsweise«, sagte er, »würde Barris nie selbst eine Ladung Plastiksprengstoff an die Zündung deines Wagens anschließen. Statt dessen würde er –«
    »Hast du das Geld?« sagte Donna. »Für den Stoff? Er ist wirklich primo, und ich brauche das Geld sofort. Ich muß es noch heute abend haben, weil ich mir ‘n paar andere Sachen besorgen muß.«
    »Sicher.« Er hatte das Geld in seiner Brieftasche.
    »Ich mag Barris nicht«, sagte Donna, während sie den Wagen durch den Verkehr lenkte, »und trauen tue ich ihm auch nicht.
    Weißt du, er ist verrückt. Und wenn du mit ihm rum-
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    hängst, dann wirst du auch verrückt. Und wenn du nicht mit ihm rumhängst, dann bist du okay. Im Moment bist du auch wieder verrückt.«
    »Echt?« sagte er erschrocken.
    »Ja«, sagte Donna ruhig.
    »Hm«, sagte er. »Himmel.« Er wußte nicht, was er
    darauf antworten sollte. Besonders, weil Donna sich nie irrte.
    »Hey«, sagte Donna voller Begeisterung, »könnten
    wir nicht mal zusammen zu einem Rockkonzert gehen?
    Nächste Woche im Anaheim Stadium ? Ja?«
    »Klar doch«, sagte er mechanisch. Und dann kapierte er erst, was Donna da eigentlich gesagt hatte – sie hatte ihn gefragt, ob er mit ihr ausgehen sollte.
    »Alll riiiight!« sagte er überglücklich; neue Lebens-kraft durchpulste ihn. Einmal mehr hatte ihn die kleine, dunkelhaarige Puppe, die er so sehr liebte, wieder auf die Erde zurückgeholt. »Wann denn?«
    »Sonntag nachmittag. Ich werd’ was von dem dunk-
    len, öligen Hasch mitnehmen und mir richtig einen rein-knallen. Das wird schon keiner merken, weil bestimmt Tausende von Freaks da sein werden.« Sie blickte ihn kritisch an. »Aber du mußt dir was Duftes anziehen, nicht diese gammeligen Klamotten, in denen du manchmal rumläufst. Ich meine –« ihre Stimme wurde weich.
    »Ich möchte, daß du scharf aussiehst, weil ich dich ganz schön scharf finde. «
    »Okay«, sagte er entzückt.
    »Wir fahren jetzt in meine Bude«, sagte Donna, als sie in ihrem kleinen Wagen durch die Nacht

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